Synagogenbau: Die Hängepartie geht weiter
Die Debatte um den Bau einer Synagoge in der Sigismundstraße will kein Ende nehmen. Mehrmals schon hatte es in den zurückliegenden Jahren den Anschein, dass das geplante Bauvorhaben nun endlich in die Gänge kommt. Immer wieder aber stockte das Unternehmen, und das für die Synagoge vorgesehene Grundstück verkam zum innerstädtischen Müllplatz. Jetzt gibt es einen erneuten Anlauf. Skepsis ist allerdings weiterhin angebracht
Bei einer Gemeinderatssitzung im vergangenen Frühjahr war eigentlich fast alles in trockenen Tüchern und es sah in der Tat so aus, als ob mit dem Baubeginn in Bälde zu rechnen sei. Doch dann kam – wieder mal – alles anders. Es gab interne Verwerfungen bei der IRG (Israelitische Religionsgemeinschaft) Baden, die als Bauherrin auftritt, und die unter anderem dazu führten, dass das Bauvorhaben ab Juli – wieder mal – auf die lange Bank geschoben wurde. Seit fast zehn Jahren beschäftigt der Synagogenbau die Stadtverwaltung, diverse Planer und Architekten, zuständige Gremien und bisweilen auch mehrere Anwälte.
Im Hintergrund wurde und wird vehement und oft auch erbittert gestritten. Auf der einen Seite macht der traditionalistische Flügel um die Familie Nissenbaum, vereint in der IKG (Israelitische Kultusgemeinde Konstanz), seine religiösen Ansprüche geltend. Ihr gegenüber steht die eher weltoffene und liberale JGK (Jüdische Gemeinde Konstanz). Letztere möchten beispielsweise zu Recht nicht einsehen, dass jüdische Frauen beim Gebet in der Synagoge auf eine Empore oder hinter einen Vorhang verbannt werden sollten. Kurz und schlecht: Das Tischtuch zwischen den verfeindeten Parteien war schnell zerschnitten. Die IRG verhandelte ergebnislos und ordnete in ihrer Not eine Zwangsfusion der beiden Gruppen an. Das verbesserte die Stimmung keineswegs, im Gegenteil. Die JGK, meist Frauen, zog sich erstmal zurück und ihr Versammlungsraum an der Oberen Laube wurde von der IKG übernommen.
Am 11. Oktober versammelten sich rund 100 jüdische BürgerInnen, meist Mitglieder der IKG, die eine Resolution mit der Aussage verfassten, dass man auch weiterhin gewillt sei, „alsbald mit dem Bau der Synagoge“ zu beginnen. Die IRG wurde beauftragt, Verhandlungen mit der Stadt Konstanz aufzunehmen, „damit die Übertragung des Grundstücks in der Sigismundstr. 8 ….erfolgen kann“. Desweiteren wurde verabschiedet, „dass die zu errichtende Synagoge allen Glaubensrichtungen des Judentums offensteht und allen Zugang zu ermöglichen ist“. Dazu sei eine „rechtlich bindende Vereinbarung zu entwerfen, die diesen Zugang sicher stellt“.
Der Hintergrund dieser Zusicherung: Das jüdische Schiedsgericht hatte Ende Oktober entschieden, dass die Zwangsfusionierung zwischen IKG und JGK nichtig sei. Die IRG drängt nun und bittet Oberbürgermeister Uli Burchardt, die notarielle Übertragung des Grundstücks schnell zu veranlassen. Burchardt begrüßt zwar das Projekt, „das allen jüdischen Gemeinschaften und religiösen Richtungen offen stehen“ solle, ist aber auch vorsichtig geworden und stellt Bedingungen. Unter anderem forderte er die IRG am 21.11 auf, „einen verbindlichen Zeitplan für die weiteren Schritte bis zur endgültigen Fertigstellung der Synagoge mit Gemeindezentrum“ vorzulegen. Außerdem möchte er „aufgrund der eingetretenen Verzögerungen“ konkret wissen, ob sich die Finanzierung geändert habe und weist auch darauf hin, dass vor dem beabsichtigten Baubeginn mit dem Denkmalamt geklärt werden müsse, wie es um die Durchführung der archäologischen Grabungen (unter Berücksichtigung des Zeitplans und der Kostenaufteilung) bestellt sei. Erst dann wolle man von städtischer Seite aus die Eigentumsübertragung in die Wege leiten.
Kaum eine Woche später kam eine Antwort, die wiederum die Befürchtung einer weiteren Bauverschleppung hoch kommen lässt. Man sei zwar „bemüht“, den von Burchardt „genannten Voraussetzungen für die Eigentumsübertragungen nachzukommen“ – diese aber „werden jedoch mit einer weiteren zeitlichen Verzögerung verbunden sein“. Da es ja nun wieder zwei jüdische Gemeinden in Konstanz gäbe und man auch der liberalen JGK „die Abhaltung von Gottesdiensten in der zu errichtenden Synagoge ermöglichen“ wolle, müssten die „bereits genehmigten Baupläne“ überarbeitet werden. Klartext: Das kann alles – wieder mal – sehr lange dauern. Dazu kommt erschwerend hinzu: Aufgrund ihrer zum Teil völlig konträren Religionsauffassung mag man sich nur schwer vorstellen, dass die beiden Gruppierungen friedlich unter einem Dach zusammen leben.
Die Linke Liste Konstanz (LLK) hat bereits im August angeregt, das umstrittene Bauvorhaben aufzugeben und das Grundstück – das der Stadt gehört – für sozialen Wohnungsbau zu nutzen.
Autor: H.Reile