Theater Konstanz: Nervöses Schaffen hinter den „Lametta“-Kulissen
„Die für den heutigen Freitag, 12. Oktober, in der Hofhalde 1 angekündigte Vorstellung von LAMETTA muss leider ausfallen. Die Vorstellung am Samstag, 13. Oktober, um 20 Uhr, ebenfalls in der Hofhalde 1, findet wie vorgesehen statt.“ Mit dieser dürren Meldung reagiert die Leitung des Konstanzer Stadttheaters auf das Dilemma um das Stück „Lametta“ (seemoz berichtete), das mit einem neuen Regisseur wohl auch eine neue Interpretation bekommen soll
Hinter den Kulissen jedoch wird eifrig gewerkelt. Der neu beauftragte Regisseur Carl-Hermann Risse aus Berlin ist schon seit letzten Dienstag dabei, „das Stück im Rahmen der Inszenierung gemeinsam mit dem Ensemble zu überprüfen.“ Man darf vermuten, dass fleißig geprobt wird, dass am heutigen Freitag so etwas wie eine neuerliche Generalprobe ansteht und am morgigen Samstag dann so etwas wie eine neuerliche Premiere ins Haus steht.
Hinter den Kulissen wird allerdings auch eifrig gemailt. Es geht um Richtigstellungen, die nicht veröffentlicht werden sollen, und es geht wohl auch um juristische Fragen zwischen Gießen und Konstanz, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sein sollen. Christian Lugerth zumindest, der nicht weiter beschäftigte Regisseur aus Gießen, verweigert neuerdings gegenüber seemoz (nach dem Motto: Ohne meinen Anwalt sag‘ ich gar nichts) weitere Aussagen. Und die Verantwortlichen in Konstanz verteidigen sich gegenüber seemoz gegen Vorwürfe, die so nicht erhoben wurden.
Zur Klarstellung und Erinnerung: Am 6. Oktober fand die in den Medien weitgehend freundlich besprochene Theaterpremiere des Stücks „Lametta“ statt; einen Tag später wird dem bis dahin verantwortlichen Regisseur Christian Lugerth mitgeteilt, dass man auf seine weitere Mitarbeit verzichten und stattdessen ein auswärtiger Regisseur – eben Carl-Hermann Risse aus Berlin – eine Überarbeitung versuchen werde. Die ist offensichtlich in vollem Gange, wie die aktuelle Absage der nächsten „Lametta“-Aufführung zeigt.
Eine solche Suspendierung eines Regisseurs nach der Premiere ist zwar nicht einmalig, aber doch ungewöhnlich. Arbeitsrechtlich strittig ist in diesem besonderen Fall allerdings, ob der Werkvertrag mit Lugerth mit der Premiere beendet ist – eine Frage, um die sich die Juristen streiten sollen. Nicht strittig ist offensichtlich, dass der suspendierte Regisseur sein Honorar ohne Abschlag erhalten hat. Und ebenso wenig strittig ist, dass die Theaterleitung am Wochenende der Entscheidung das Gespräch mit Lugerth auch per sms gesucht hat. Nichts anderes hat seemoz berichtet.
Angesprochen auf die Frage eines möglichen Defizits, erklärte er, „das Theater Konstanz ist stabil, ökonomisch und kulturpolitisch. Wir werden dieses Jahr nach der aktuellen Hochrechnung um eine Summe von ca. 0,5% des Gesamtbudgets überziehen, das macht rund 40.000 Euro. Wenn sich die Einnahmen zum Jahresende gut entwickeln, kann sich diese Summe noch verringern.“ Da das Theater budgetiert ist, wird jeder Überschuss oder Fehlbetrag in das kommende Jahr übertragen. In diesem Jahr war die Belastung besonders hoch. Trotz der fünfmonatigen, sanierungsbedingten Schließung des Stadttheaters – der größten Spielstätte – erhielt das Theater Konstanz keinerlei Extramittel. Ausgewichen wurde unter anderem auf den Münsterplatz, wo die Konstanzer Freilichtspiele mit dem „Glöckner von Notre Dame“ ein großer Erfolg waren, mit erheblichen Einnahmen, die aber die Kosten der Infrastruktur für Freilichtbühne und Elektronik nicht ganz ausgleichen konnten.
Gleichzeitig wies Nix darauf hin, dass er bedaure, dass die neue grüne Landesregierung, die jetzt immerhin den Bereich Wissenschaft und Kultur verantworte, keinerlei Verteilungsveränderung in der Theaterlandschaft vornehme. Die kleinen Theater in Baden-Württemberg haben wieder einmal das Nachsehen, betonte Nix. Er stellt heraus, dass insbesondere das Theater Konstanz eine unterdurchschnittliche Landesförderung von nur 31% erhalte.
Wundern darf man sich allerdings über die Informationspolitik des Theaters. Sowohl Intendant Christoph Nix als auch Oberspielleiter Mario Portmann versuchen, Informationen gerade zu rücken, ohne offizielle Stellungnahmen abzugeben. Da fällt es dann schwer, die ganze Wahrheit zu ergründen. Zumal auch die Gegenseite in Gießen jegliche weitere Information unter dem Deckel hält. Fest steht allein – der Konflikt ist noch nicht ausgetragen. Und nicht die Juristen haben das letzte Wort…
Autor: hpk
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