Traum einer Bodensee-S-Bahn darf weiter geträumt werden
Fairer Kompromiss? Neue Chance? Oder doch nur ein Abriss auf Raten? Die Zukunft des Inselbahnhofs in Lindau bleibt auch nach einem neuen Vorschlag von Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil ungewiss. Vor übertriebenem Optimismus, wie jüngst vom Verein „Initiative Bodensee-S-Bahn“ verbreitet, jedenfalls warnt Charly Schweizer, Sprecher der Aktionsgemeinschaft Inselbahnhof Lindau: „Der Traum einer Bodensee-S-Bahn ist in weiter Ferne“
Fest steht: Die Bahn verzichtet auf einen Abriss des Inselbahnhofs, Verkehrsminister Zeil aus München will einen Inselbahnhof für den Regionalverkehr sowie einen neuen Bahnhof im Stadtteil Reutin für den Fernverkehr und der Gemeinderat Lindau muss noch über die Zuschüsse entscheiden – die Schätzungen zu den Baukosten schwanken bis zu 20 Millionen Euro. Klar ist damit auch: Ein elektrifizierter Lindauer Inselbahnhof wäre ein wichtiger Baustein für einen attraktiveren, öffentlichen Verkehr in der Bodenseeregion. An diesem Kopfbahnhof mitten in der Altstadt könnten Fahrgäste gleichzeitig zwischen vier Regionalzügen, vier Bodensee-Schiffen, den Stadt- und Regionalbussen umsteigen.
Und die „Initiative Bodensee-S-Bahn“, ein Bündnis von Bahnfreunden aus Oberschwaben, der Bodensee-Region und aus der Schweiz, sieht sich ihrem Ziel einer Regionalbahn rund um den Bodensee ein ganzes Stück näher. Nur: Noch ist die Elektrifizierung der Südbahnstrecke zwischen Ulm, Biberach, Ravensburg, Friedrichshafen und Lindau finanziell nicht abgesichert. „Und noch“, so Charly Schweizer, „fehlt auch jede Finanzierungszusage für eine Bodensee-S-Bahn aus dem Verkehrsministerium in München“.
Hintergrund des Konflikts: Die Landesregierungen in München und Stuttgart finanzieren zu großen Teilen durch ihre Zuschüsse die Regionalbahnen beider Länder – bei den Fernbahnen aber hat zumeist die Deutsche Bahn das Sagen. Eine Trennung beider Steckensysteme macht Sinn zumindest für Lindau. Jetzt muss nur noch der Lindauer Stadtrat mitspielen – eine positive Entscheidung scheint sicher -, dann ist der Inselbahnhof in Lindau gerettet. Vorerst.
Denn auch hier schläft der Fehlerteufel im Detail, hier im Fahrplan. Sollte die Zwei-Bahnhöfe-Lösung realisiert werden, bräuchten Fernreisende, die in Reutin landen, bis zu 30 Minuten Wartezeit, um den Regionalzug auf die Lindauer Insel zu erreichen. „Zu viel Verzögerung“, schwant Schweizer, der dann auch befürchtet, dass diese Verbindung von den Reisenden auf Dauer nicht angenommen wird. Mehr noch: Er fürchtet, dass eine derart kundenunfreundliche Anbindung schließlich doch zur Aufgabe des Inselbahnhofs führen könnte. Ein Abriss dann in zehn Jahren vielleicht – ein Tod auf Raten also.
Dennoch können sich Bahnfreunde am Bodensee derzeit über einen Zwischenerfolg freuen: Der Inselbahnhof in Lindau bleibt – Zustimmung des Gemeinderats Lindau vorausgesetzt – zunächst erhalten, eine Elektrifizierung der Südbahn scheint möglich, und der Traum einer Bodensee-S-Bahn darf weiter geträumt werden.
Autor: hpk
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