Trotz Corona: AntifaschistInnen wollen am 8. Mai die Befreiung feiern
Zum 75. Mal jährt sich am kommenden Freitag der Tag der Befreiung vom Hitler-Faschismus. Ein wichtiges Datum, das in diesem Jahr seuchenbedingt nicht die gebührende Aufmerksamkeit erfährt, obschon es eingedenk rechter Formierung allen Grund dafür gibt. In Radolfzell immerhin wollen AntifaschistInnen und Linke trotz Corona-Auflagen am 8. Mai vor dem Soldatendenkmal auf dem Luisenplatz wieder Flagge gegen Rechts zeigen.
„Entnazifizierung – Raus zum 8. Mai“ – unter diesem Motto ruft das Feministische Antifaschistische Kollektiv (FAK) zu einer „kleinen antifaschistischen Kundgebung“ am Befreiungstag auf, bei der mit Reden, Texttafeln und Infomaterial für „mehr Geschichtsaufarbeitung und gegen Nazis“ Position bezogen werden soll.
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Mit der an die Stadt Radolfzell gerichteten Aufforderung, die Geschichte aufzuarbeiten, spielen die Veranstalterinnen auf das NS-Soldatendenkmal und die Gedenktafel an, auf der immer noch nationalsozialistische Täter als Opfer aufgeführt werden. Eigentlich sei der 8. Mai als der Tag der Kapitulation des deutschen Reichs und damit des offiziellen Endes der nationalsozialistischen Diktatur „ein Grund zu feiern“, äußerte sich eine der Veranstalterinnen gegenüber seemoz. „Das können wir aber nicht, solange noch immer den Mördern von unschuldigen Jüdinnen und Juden, Sinti, Roma, Jenischer, körperlich oder geistig beeinträchtigter Menschen, sowie politischen Gegner*innen gedacht wird“.
Seit langem fordern antifaschistische Gruppen und linke Organisationen von der Stadt, die eigene Geschichte aufzuarbeiten und dem Täter-Gedenken ein Ende zu setzen. Sie verweisen darauf, dass die fragwürdige Vergangenheitsbewältigung der Stadtoffiziellen immer wieder Nazi-Gruppen, etwa die in der Region aktive Kleinpartei „Der III. Weg“, ermunterte, zu den NS-Relikten zu pilgern. Die FAK-Vertreterin: „Unsere Forderungen: Nicht mehr länger Wegschauen, Nazi-Denkmäler abreißen, und den wirklich Opfern des Dritten Reichs angemessen gedenken. Wir gehen erst, wenn der Antisemitismus, der Rassismus, die Glorifizierung von Nazis und das Heucheln der Stadt ein Ende hat! Dabei hielten uns weder die Gerichtsprozesse, die wir gegen die Stadt wegen ihren rechtswidrigen Handlungen gewannen, noch eine Corona-Krise auf!“
Das Virus hätte den Veranstalterinnen wirklich fast einen Strich durch Rechnung gemacht. Die Stadtverwaltung hatte nämlich die schon im vergangenen Jahr angemeldete Kundgebung unter Verweis auf die coronabedingten Einschränkungen der Versammlungsfreiheit nachträglich verboten. Erst nach den einschlägigen Gerichtsurteilen zur Verfassungswidrigkeit genereller Versammlungsverbote lenkte die Behörde ein. Unter strengen Auflagen kann jetzt demonstriert werden. So dürfen sich am 8.5. für maximal eine Stunde nicht mehr als 29 TeilnehmerInnen versammeln, die Mindestabstände von 1,5 Metern einhalten müssen. Der Versammlungsleitung gibt die Stadt zudem auf, Hygienemittel bereitzustellen und alle Teilnehmenden namentlich zu erfassen, „zum Zweck einer eventuell erforderlichen Kontaktpersonennachverfolgung“.
Unterstützung erfährt dieses begrüßenswerte Vorhaben des feministisch-antifaschistischen Kollektivs übrigens durch weitere Gruppierungen des linken Lagers, darunter das OAT, die VVN-BdA, die Linksjugend, das Rojava-Bündnis, auch die Konstanzer Seebrücke und die Singener Teestube sind dabei. Gut so, denn die rechte Infektionsgefahr macht Abwehrmaßnahmen dringend erforderlich.
jüg (Foto: FAK)