Über Formulierungskünstler, edle Spender, Hobbyhistoriker und wahre Oberzentren
Die seemoz-Gurke des Monats Juni geht an eine tiefschwarze Socke. Gratulation. Das Stadttheater Konstanz hat ab sofort eine neue Pressesprecherin und Qlt-Chef Toni Rössler wird darüber nicht glücklich sein. Konstanz würde auch ohne Flugplatz Oberzentrum bleiben. seemoz hat einen Gönner, der unsere leere Kasse füllt und eine Konstanzer Stadträtin rückte mit bundesweitem Erfolg einem schleimigen Salatfresser auf die Pelle.
Die anhaltende Flughafendiskussion treibt die Verwaltung gehörig um. Eine bange Frage geisterte durch die Stadt: Darf sich Konstanz weiterhin Oberzentrum nennen, auch wenn der Flughafen dicht gemacht wird? Das wollte Pappelbürgermeister Langensteiner-Schönborn wissen und bat das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur um Antwort. Die liegt nun auf dem Schreibtisch des Bürgermeisters und sorgte wohl für seine Erleichterung. Der Landesentwicklungsplan führe in seiner Begründung einen Verkehrslandeplatz bzw. internationalen Verkehrsflughafen „lediglich als ein beispielhaftes Ausstattungsmerkmal eines Oberzentrums an“. Und weiter: „Die Stadt Konstanz weist in diesem Zusammenhang eine Reihe typischer oberzentraler Einrichtungen auf, so dass die bestehende Einstufung der Stadt Konstanz als Oberzentrum nicht vom Verkehrslandeplatz abhängig ist“. Feuer frei also für eine nächste Attacke gegen alles Fliegzeug vor den Toren der Stadt?
Das Stadttheater Konstanz hat ab 1. Juli eine neue Pressesprecherin und der Qlt-Verlag geht somit seiner besten und professionellsten Kraft verlustig. Denn Chefredakteurin Dani Behnke (s. Foto) verlässt nach rund 25 Jahren ihren Qlt-Schreibtisch und bezieht den frei gewordenen beim Theater. Für Qlt sicher ein herber Verlust, der wohl kaum zu kompensieren ist. Dani Behnke ist in der Stadt und auch im Landkreis bestens vernetzt, hat eine gute Schreibe und ein Gespür für interessante Themen. Außerdem wies sie im Qlt immer wieder sehr wohlwollend auf seemoz hin. Auf diese solidarische Werbung, ist zu befürchten, werden wir von nun an weitgehend verzichten müssen. Wie auch immer: Wir wünschen der Dani viel Glück und Erfolg an ihrem neuen Arbeitsplatz. Möge ihre moderate und kooperative Art dazu beitragen, dass Friede herrscht in den Gemäuern des ältesten Theaters zwischen Flensburg und Konstanz.
Geil – seemoz begrüßt freudig erregt einen neuen Großsponsoren, der nach anfänglichem Zögern seinen Geldbeutel ganz weit geöffnet hat. Es dauerte allerdings fast vier Monate, bis Michael Maugé, Interimsgeschäftsführer des Bodenseeforums, die entsprechende Summe auftreiben konnte. Bereits im Februar hat er in einem Kommentar unsere LeserInnen wissen lassen, dass er bereit wäre, uns finanziell unter die Arme zu greifen, auf dass es journalistisch aufwärts ginge mit uns. Die Verhandlungen mit seiner Bank zogen sich quälend lange hin und es stand oft Spitz auf Knopf. Jetzt aber ist alles in Butter und Maugé überwies uns Mitte Juni, kein Witz – fünf Euro. Da es finanziell eher schlecht steht um das Bodenseeforum, überweisen wir dieser Tage sieben Euro zurück, damit der arme Teufel nicht alsbald völlig mittellos vor einer katholischen Suppenküche rumlungern muss. Dennoch herzlichen Dank für Ihren guten Willen, Herr Maugé und weiterhin ein glückliches Händchen beim Versuch, ihrem Tun am Seerhein so etwas wie Sinn zu verleihen.
Das Junge Forum Konstanz (JFK), im Konstanzer Gemeinderat mit vier RätInnen vertreten, ist bitter enttäuscht. Ihrer Absicht, die Sperrzeiten für Kneipen zu verkürzen, wurde eine herbe Abfuhr erteilt. „Die nächste Wahl kommt bestimmt“, erklärte JFK-Rat Matthias Schäfer trotzig dem gelangweilten Gremium. Innerhalb seiner Truppe rätselt man seit Donnerstag, warum ihr revolutionäres Begehren zum Wohle der Bürgerschaft so schnöde abgekanzelt wurde. Vielleicht hat es ja mit einem Schreiben der JFK-Fraktionsassistentin Sophie Arzt zu tun, die der Öffentlichkeit die Vorteile der Sperrzeitverkürzung schmackhaft machen wollte und dabei einen wunderbaren Satz formuliert hat. Man sollte ihn zweimal lesen, es lohnt sich. Frau Arzt schrieb: „Wir gehen davon aus, dass mit mehr Zeit, die Leute sich zeitlich etwas ausbreiten in ihren Heimkehrzeiten, und somit der nächtliche Lärm abflacht“. Bitte mehr davon. Wie man bundesweit von sich reden macht, beweist eher JFK-Rätin Dr. Prof. h.c. Christine Fincke. Ihre bundesweit lancierte Petition: „Immer mehr deutsche Kleingärtner sind traumatisiert – Sofortiges Einwanderungsverbot für die spanische Nacktschnecke“ hat sogar Spiegel online verwurstet. Respekt, Frau Doktor. Weiter so, da ist noch viel Luft nach oben.
Das Beste wie immer zum Schluss. Die seemoz-Gurke des Monats Juni geht an Roger Tscheulin, von dem es heißt, er sei der Fraktionsvorsitzende der CDU. Überzeugend belegen kann er das nicht, aber egal. Tscheulin, der seine Redebeiträge in der Regel durch seinen Gesichtserker quetscht, wurde durch eine Forderung der FGL-Rätin Anne Mühlhäußer auf die Palme gebracht. Die Grüne hatte vorgeschlagen, die Stadt Konstanz möge einen Leerstandsmelder installieren, auf dem leerstehende Wohnungen und Häuser aufgelistet werden. Das erinnert den konservativen Hardliner Tscheulin an „frühere Zeiten in der DDR“. Auch dort habe es „Blockwarte und ähnliches“ gegeben. Nicht das erste Mal, dass der schlichte CDU-Geist bei historischen Vergleichen peinlich weit daneben liegt. Denn Mühlhäußer brachte nur das ins Gespräch, was die Linke Liste schon mehrmals zur Debatte gestellt hat. Es ist höchste Zeit, dass die Stadt dieses Mittel in Gang bringt, um leerstehenden Wohnraum – und davon gibt es in Konstanz jede Menge – öffentlich bekannt zu machen.
H. Reile[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
@GJM 13:57: Wo, bitte, habe ich „ideologisierende Darstellungen“ geäussert? Falls Sie mit dieser Aussage nur Peter Stribl meinen: Wieso adressieren Sie Ihre Antwort dann auch an mich, obwohl Sie keine Antwort auf meine Frage liefern? Also noch mal zum Mitschreiben: Wo oder wie beeinträchtigt es die Eigentumsrechte eines Wohnungs- oder Hauseigentümers, wenn seine leerstehende Liegenschaft auf einer Liste aufgeführt wird? Offenbar fehlt Ihnen dazu die Begründung, obwohl Sie ja genau eine solche Beeinträchtigung anführten und von Sozialismus redeten. (Wie war das gleich nochmal mit der „ideologisierenden Darstellung“?)
@GJM – Wow!
„…denn das hatten wir ja schon alles erfolglos in der Historie…“
Na wenn das nicht eine untermauerte Argumentation ist… Es gibt nichts Schlimmeres als eine Ideologie, die nicht als solche erkannt wird – Kapitalismushörigkeit, praktizierte marktorientierte „Demokratie“ zum Beispiel. Diese auch nur oberflächliche Hinterfragung bei sich schenken Sie sich offenbar.
Es ist zu bezweifeln, daß es einen Sinn hat, mit Ihnen über die Geschichte des Kapitalismus bzw. des „real existierenden Sozialismus“ zu diskutieren. Das haben Sie ja selbst schon erwähnt in einer Oberflächlichkeit, die ihresgleichen sucht. Nur eines dürfte ja schon klar sein: Dieses System braucht einen Verlierer, einen „Neger“. Die Griechen, die aktuell obdachlos werden, weil Goldman Sachs, Deutsche Bank, Christine Lagarde und Draghi das für alternativlos halten, mögen Ihnen als ein Indiz dienen. Was glauben Sie, wie Merkel und Schäuble rumheulen würden, wäre die aktuelle Situation von GR und D grade umgekehrt?
Das zweite ist die Flüchtlingswelle, die durch die Agrarpolitik und die EU-Fischerei vor den Küsten Afrikas mit verursacht wurde. Und das dritte die Konflikte, die aus Gier nach Öl und anderen Ressourcen in Libyen, Irak, Afghanistan und der Ukraine – nur beispielhaft – vom Zaun gebrochen wurden. Und ein klitzekleines Zähnchen in dem großen Getriebe sind die Mieter hierzulande, denen das Fell über die Ohren gezogen wird. Einfach mal nachdenken drüber. Soll bis zum Wunderwirken führen.
@frieda @P.Stribl
Ich glaube, mit meinen relativen kurzen Ausführungen wurde alles gesagt. Dafür braucht man eigentlich nicht so viele Sätze, die hier nach Rechtfertigung suchen. Ihre ideologisierenden Darstellungen dürfen sie zu ihrem Interna machen. Im Übrigen habe ich den Ausführungen von H. Reile widersprochen. Ich möchte mich auch hier nicht mit ihnen über „die Diktatur des Kapitals“ auseinander setzen, denn das hatten wir ja schon alles erfolglos in der Historie.
Wehret den Auswüchsen der Diktatur des Kapitals
@GJM
Vielleicht, wenn Sie versuchen, die Augen zu öffnen, geht es bei den vorgeschlagenen Maßnahmen um die Linderung der Auswüchse, die die Diktatur des Kapitals verursacht. Unbestreitbar ist doch, daß die Finanzmafia sich auch den Wohnungsmarkt unterwirft. Die Rumpfuscherei an den Folgen haben nichts, aber auch gar nichts mit Sozialismus zu tun. Die „Mietpreisbremse“ und der darauf folgende Sturm der Entrüstung zum Beispiel hat offenbart, mit welchen Renditesteigerungen diese ehrenwerte Gesellschaft rechnet. Die zunehmende Konzentration auf dem Wohnungsmarkt macht Schluß mit Vermietern, die noch ein einigermaßen soziales Denken und Handeln an den Tag legen. Und sie führt dazu, daß einige Leute leistungslos in Saus und Braus leben können. Während die, die das zu bezahlen haben, noch tiefer in die Abhängigkeit gestoßen werden.
Sie werfen die Frage nach alternativen Investoren auf. Zu dem Zweck werfen Sie doch bitte einen Blick nach Singen. Eine Genossenschaft, die nun mal den Marktbedingungen unterworfen ist, hat einen Verlust von pi mal Daumen 40 Mio. € verursacht. Wenn dabei noch „Fehler“ im Spiel waren, haben die ihre Ursache wohl auch im kapitalistischen Denken und Handeln. Zusammengefaßt bleibt auf lange Sicht trotzdem wohl nichts anderes übrig, als die Deckung der Grundbedürfnisse der Menschen zu kommunalisieren. Sprich, Wohnraum, Energie-, Wasser- und Gesundheits-Versorgung durch die Gemeinden abzudecken.
Mit einer Auflistung leerstehender Gebäude oder Wohnungen wird noch lange keine Enteignung angestrebt. Bestenfalls werden „schwarze Schafe“ an ihrer Ehre gepackt, so sie denn eine haben.
@GJM: Erläutern Sie mir bitte, inwiefern eine Auflistung – von was auch immer – in die Eigentumsrechte eingreift? Wird der Eigentümer einer leerstehenden Wohnung enteignet, sobald diese Wohnung auf einer Liste auftaucht? Wird er verpflichtet, ein Haus zu renovieren? Oder dieses Haus zu vermieten? Was wäre an solch einer Liste „sozialistisch“? Sorry, aber ich versteh’s nicht. Klar wird mir nur, dass es offenbar Leute gibt, die Angst davor haben, es könne bekannt werden, dass sie ein Haus/eine Wohnung leerstehen lassen, während es Menschen gibt, die dringend nach einer solchen suchen. Aber weshalb diese Angst? Fürchten sie, der Mob könnte das Haus stürmen? In Konstanz könnten Häuser besetzt werden, von denen niemand wusste, dass sie leer stehen? Als ob sowas in KN Interessierte nicht auch anders wüssten!
Ne Herr Reile, bei allem Respekt vor ihrer kritisch politischen Arbeit, aber da müssen auch mal Sympathisanten Widerspruch erheben, denn dass ihr Sozialismus in die Eigentumsrechte bei leerstehenden Wohnraum eingreifen will, erinnert wirklich an Staatssysteme, in denen das möglich war. Wehret den Anfängen solcher Staatsdiktatur.
Wer investiert in Wohnraum? Schaun sie doch mal, ob die stadteigene Wohnbaugesellschaft WOBAK den KN-Wohnraumbedarf genügend abdecken kann? Die sozialistische Wohnraumvermehrung kann sehr wohl in historischen Vergleichen dargestellt werden. Wie wär’s, wenn sie sich als Privatperson ebenso bemühen Wohnraum für Mietsuchende zu erstellen oder überlassen sie dies gerne anderen, die sich dann sozialistischen Gepflogenheiten unterwerfen sollen?
Die nächste seemoz-Gurke bitte für mich!