Und die BürgerInnen kamen wieder nicht zu Wort

moosWie war das noch mit dem Hornberger Schießen? Genauso erging es der gestrigen TUA-Sitzung: Einer großen Ankündigung folgte eine hitzige Debatte und ein schmähliches Ende. Jedenfalls: Im Tägermoos ändert sich bis zum 18. Juni erst Mal nichts: Die gefällten Bäume bleiben liegen, die noch aufrechten werden nicht gefällt und was aus der Aufforstung wird, weiß auch noch niemand. Ach ja, und die BürgerInnen kamen wieder einmal nicht zu Wort

Nein, über die Vergangenheit wolle er heute nicht sprechen, bekundete Baubürgermeister Karl Langesteiner-Schönborn schon zu Beginn der Sitzung im Konstanzer Technischen- und Umweltausschuss: Nicht über die Fällung wohl gesunder Bäume im Hau-Ruck-Verfahren, nicht über die vielstimmige Kritik der Bürgerinitiative und nicht über das aktuelle Gutachten eines Schweizer Sachverständigen. Sondern nur um drei Varianten der Aufforstung: Soll die Allee wieder hergestellt werden, soll ein Auwald entstehen oder eine Mischform beider Varianten?

Wohl auch, um die aufgebrachten Gemüter zu beruhigen, stellten eingangs Förster Tiefenbacher vom Forstamt Thurgau und Eberhard Klein von Nabu Konstanz ihre Lösungsansätze vor: Während der Schweizer Förster für eine neue Allee plädierte („aber das letzte Wort hat der Eigentümer, die Stadt Konstanz“), sprach sich der Konstanzer Nabu-Geschäftsführer für einen durchmischten Auwald aus.

Die streckenweise turbulente Diskussion, immer wieder unterbrochen von wütenden Zwischenrufen der zahlreichen Zuhörer, fand dann auch keinen roten Faden. Ein sichtlich erregter Peter Müller-Neff (FGL) kritisierte die überladene Tagesordnung und schimpfte: „Sie wollen die Konflikte vertagen und die BürgerInnen auf die Folter spannen“. Er forderte eine breite Verteilung des aktuellen Gutachtens von Fabian Dietrich, des Schweizer Forstexperten, und eine (selbst)kritische Debatte. In dieses Horn stieß auch Jürgen Puchta (SPD), der in dem aktuellen Schweizer Gutachten durchaus diskussionswürdige Ansätze fand. Heinrich Fuchs (CDU) hingegen kritisierte das Gutachten, nur um zwei Sätze später zu bekennen: „Ich kenne das Gutachten von Herrn Dietrich nicht“.

Um diesem (Kommunikations) Makel abzuhelfen, veröffentlicht seemoz im Anschluss an diesen Artikel das vollständige Gutachten, das seit gestern Mittag den GemeinderätInnen, der Stadtverwaltung, der Bürgerinitiative und den Medien vorliegt.

Holger Reile (LLK) sprach von einem Kommunikationsgau der Stadtverwaltung und forderte ein „Minimum an Selbstkritik“. Er warf dem Bürgermeister vor, Fakten schaffen zu wollen: „Was Sie aber erreicht haben, ist nur ein riesiger Schaden“. Auch Thomas Buck (JFK) interpretierte das Vorgehen der Verwaltung allein als „Akt der Notwehr“.

Nach quälender Debatte einigte sich der Ausschuss einstimmig, seine Entscheidung, wie es mit der Pappelallee am Tägermoos weitergehen soll, auf seine übernächste Sitzung am 18.6. zu vertagen. Danach ist auf Vorschlag der Verwaltung eine Bürgerinformation mit Ortsbesichtigung am 2. Juli vorgesehen, bis der Gemeinderat letztlich am 23.7. entscheiden soll.

Ach, übrigens: Die Bürgerinitiative, mit zahlreichen Mitgliedern vertreten, kam auch dieses Mal nicht zu Wort. Und für ihre frustrierten Zwischenrufe wurden sie dann noch zur Ordnung gerufen.

Autor: hpk

Gutachten zu Hybrid-Pappelallee im Tägermoos am Seerhein in Tägerwilen 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Mit Unterstützung der Fondation Franz Weber, Montreux, habe ich am 19. Februar 2015 die Hybrid-Pappelallee im Tägermoos am Seerhein in Tägerwilen beurteilt. Ich habe die Pappeln, die noch stehen, aber auch die Wurzelstöcke der gefällten Bäume in Bezug auf den Allgemeinzustand und die Stand- und Bruchsicherheit hin kontrolliert. Die Beurteilung erfolgte auch im Hinblick auf die Zukunft der Allee und die nötigen Massnahmen.

Es handelt sich um eine gestalterisch sehr wertvolle und schöne Hybrid-Pappelallee, die in ihrer Art und Grösse absolut einzigartig ist. Es gibt keine vergleichbare Allee in der Schweiz. Die Allee stellt ein markantes Landschaftselement dar, das in diesem Naturschutzgebiet nicht wegzudenken ist. Wenn die ganze Allee gefällt wird, stellt dies einen markanten Verlust für das Landschaftsbild dar. Dies zeigt bereits der Bereich, wo schon Bäume gefällt worden sind. Um diesen Bereich gestalterisch wieder herzustellen, sind 60 bis 70 Jahre nötig, weil Jungbäume nie das Gleiche bieten können, wie grosse ausgewachsene Bäume. Es ist wichtig, dass diese Allee für immer als Landschafts- und Gestaltungselement im Naturschutz- aber auch Naherholungsgebiet der Stadt Konstanz erhalten bleibt.

Die Allee umfasst insgesamt 116 Populus x canadensis/Kanadische Pappeln, einem Hybrid aus der Kanadischen Schwarz-Pappel/Populus deltoides und der Europäischen Schwarz-Pappel/Populus nigra. Die Hybrid-Pappel hat sich wegen ihres raschen Wachstums und den vorteilhaften Holzeigenschaften rasch ausgebreitet und die in Europa heimische Schwarz-Pappel verdrängt. Ein optischer Unterschied zwischen der Art und den Hybriden ist kaum erkennbar. Der Unterschied kann praktisch nur im Labor festgestellt werden. Die Hybrid-Pappel wird tendenziell etwas höher. Beide Pappeln haben praktisch die gleichen Eigenschaften. Die Schwarz-Pappel wächst von Natur aus eher mehr in die Breite als die Hybrid-Pappel. Jeder Baum wächst aber phototrop, also dem  Licht entgegen. Bäume in einer Allee aber auch in einer Baumgruppe entwickeln sich wegen der Lichtkonkurrenz mehr in die Höhe als in die Breite. Auch die Hybrid-Pappeln im Tägermoos haben sich so entwickelt, d.h. aufstrebend und lediglich nach aussen, wo mehr Licht war, sind sie in die Breite gewachsen.

Die Hybrid-Pappeln in der Allee sind zwischen 25.00 und 35.00 m hoch. Der Stammdurchmesser ist von Baum zu Baum unterschiedlich je nach Standort und Lichtverhältnissen. Die Pappeln sind zwischen 60 und 70 Jahre alt, was sich auf Grund der Jahrringe der gefällten Pappeln so genau bestimmen lässt. Eine Hybrid-Pappel kann im optimalen Fall ein Alter von 300 oder mehr Jahren erreichen. Die Pappelallee ist somit noch jung und die Bäume haben grundsätzlich noch eine lange Lebenserwartung. Wie alt eine Pappel schlussendlich werden kann, ist ganz individuell. Es versteht sich von selbst, dass eine Pappel, die einen Schaden aufweist, nicht so alt wird. Dass sich Hybrid- aber auch einheimische Schwarz-Pappeln ideal eignen für Alleen, zeigt das Beispiel von Bliestorf in Schleswig-Holstein südlich von Lübeck, wo eine Allee mit Schwarzpappeln steht, die etwa 170 Jahre alt sind. Hier ist geplant, der Hauptbaumart bzw. Schwarz-Pappel wieder einen grösseren Anteil einzuräumen.

Die Begutachtung vor Ort hat gezeigt, dass die Pappeln seinerzeit gezielt als Allee gepflanzt worden sind links und rechts entlang des Rheinweges, wobei der Abstand unter einander zwischen 8.00 und 11.00 m liegt. Es ist schwierig zu sagen, weshalb der Abstand unterschiedlich gewählt wurde. In Bezug auf die Grösse, die die Bäume erreichen können, muss von einem eher engen Pflanzabstand gesprochen werden. Allerdings wirkt sich dieser auch positiv aus, indem sich die Bäume unter einander nicht so ausladend entwickeln. Sie haben eine schlanke Form und nur gegen die offenen Flächen hin ausladende Äste, bedingt durch die Lichtverhältnisse. Die Stabilität der Äste ist im Gebiet, wo sie sich nicht ausladend entwickeln konnten, d.h. oberhalb des Fussweges, generell besser. Gerade weil die Allee so dicht gepflanzt ist, ist sie so einzigartig. Es ist sehr wichtig, dass sie in dieser Art erhalten bleibt.

Zentral bei der Beurteilung waren der Allgemeinzustand sowie die Stand- und Bruchsicherheit der noch vorhandenen Bäume. Die Kontrolle hat ergeben, dass der Allgemeinzustand bzw. die Vitalität grundsätzlich sehr gut ist. Dies lässt sich aus dem Triebwachstum, aber auch dem Dickenwachstum der Stämme schliessen. Die Bäume sind im besten Alter und haben noch eine lange Lebenserwartung. Die Standsicherheit ist allgemein sehr gut bzw. gewährleistet, wie sich bei der Kontrolle der Wurzelanläufe und der Stämme gezeigt hat. Aus Sicherheitsgründen ist eine Fällung der Bäume sicher nicht nötig. Die Bruchsicherheit ist im Allgemeinen ebenfalls gut. Insbesondere habe ich bei der Kontrolle festgestellt, dass überall Schnittstellen in den Baumkronen zu sehen sind, die zeigen, dass die Bäume gepflegt worden sind bzw. in den letzten zwei bis drei Jahren Baumpflegemassnahmen ausgeführt wurden. Bruchgefährdete Äste wurden entlastet und Totholz entfernt. Inzwischen hat sich wieder etwas Totholz gebildet und einzelne Äste sind auch wieder stark gewachsen und bruchgefährdet.

Es ist also aus Sicherheitsgründen nötig, das Totholz wieder zu entfernen und punktuell Äste zu entlasten. Der Aufwand ist allerdings nicht gross. Die Pflege ist nur im Bereich des Fussweges nötig. Ausserhalb des Fussweges in Richtung Naturschutzgebiet darf es tote aber auch bruchgefährdete Äste in den Kronen haben. Diese würden allenfalls ins Naturschutzgebiet fallen und niemanden gefährden. Weil die Bäume nahe bei einander stehen, sind sie wie bereits erwähnt schlank gewachsen und haben gar nicht so viele ausladende Äste. Bedingt durch die Lichtverhältnisse hat es auch nicht viele Äste im Innern. Wegen Lichtmangels wurden diese Äste abgestossen und dieses Totholz im Rahmen von früheren Pflegemassnahmen entfernt. Totholz ist übrigens ökologisch sehr wertvoll für unzählige Kleinlebewesen. Die Bruchsicher-Baumpflege  lässt sich also mit einfachen Pflegemassnahmen bzw. Entfernen des Totholzes und punktuell Entlastungsschnitt im Bereich des Fussweges herstellen.

Ein Problem, das bei Pappeln im Sommer auftreten kann, ist der Bruch von sommergrünen Ästen. Dies geschieht nur in belaubtem Zustand in Trockenphasen und nur bei Ästen, die eine gewisse Länge und Ausladung haben und unter dem Eigengewicht brechen. Weil im Bereich des Fussweges nur wenige ausladende Äste vorhanden sind und im Rahmen des Entlastungsschnittes diese eingekürzt und entlastet werden, kann auch dieses Risiko ausgeschlossen werden.

Generell lässt sich also sagen, dass nach Baumpflegemassnahmen die Hybrid-Pappelallee im Tägermoos stand- und bruchsicher ist. Wie überall im Leben gibt es aber auch im Bereich der Baumpflege keine 100 %ige Sicherheit. Ein Restrisiko bleibt auch bei vitalen und sicheren Bäumen immer. Wichtig ist, dass die Bäume jährlich durch einen ausgewiesenen Fachmann kontrolliert werden auf den Allgemeinzustand und die Stand- und Bruchsicherheit hin. Wenn bei einem einzelnen Baum ein grösserer Schaden oder eine grössere Fäulnis festgestellt wird, muss der Baum stärker entlastet werden. Allenfalls wird auch geprüft, ob wider Erwarten ein einzelner Baum sogar gefällt werden muss. Ich habe bei meiner Kontrolle jedoch keine Bäume angetroffen, die auf Grund einer Schwachstelle gefällt werden müssten. Bäume mit Schwachstellen müssen also im Normalfall etwas umfangreicher gepflegt werden. Es besteht auch die Möglichkeit zur Steigerung der Sicherheit einzelne Kronenteile mit Kronensicherungen zu sichern. Nach meiner Beurteilung ist dies im Moment aber bei keinem Baum nötig.

Ich empfehle jährlich eine Baumkontrolle durchzuführen und in einem Vier- bis Fünfjahresturnus die Bäume zu pflegen d.h. das Totholz zu entfernen und punktuell einen Entlastungsschnitt auszuführen, und zwar nur im Bereich des Fussweges. Der Aufwand ist nicht gross, eine Schnittgutentsorgung muss nicht gemacht werden, weil die Äste im Naturschutzgebiet belassen werden können. Ich schätze den Aufwand pro Baum auf gut drei Stunden für einen Mann bzw. Kosten von CHF 300.00 exkl. MWST. Wenn 100 Bäume gepflegt werden, entstehen Kosten von CHF 30 000.00, die auf fünf Jahre verteilt werden können, was Kosten pro Jahr von ca. CHF 6000.00 ergibt. Zudem ist es notwendig, jährlich eine Kontrolle bei allen Bäumen zu machen. Hier rechne ich mit Kosten von CHF 50.00 pro Baum, wobei dies nur 80 Bäume betrifft, weil die Kontrolle bei den 20 Bäumen, die jährlich gepflegt werden, ohnehin gemacht wird. Es entstehen somit hier pro Jahr weitere Kosten von CHF 4000.00. somit ist mit jährlichen Kosten für Baumkontrollen und Baumpflegearbeiten von CHF 10 000.00 exkl. zu rechnen.

Die Kostenangaben dienen nur als Anhaltspunkt. Falls die Baumkontrolle ergeben sollte, dass im Extremfall ein Baum aus Sicherheitsgründen doch gefällt werden muss, empfehle ich am gleichen Standort eine Neupflanzung vorzunehmen mit der gleichen Baumart bzw. der Hybrid-Pappel/Populus x canadensis oder besser der einheimischen Schwarz-Pappel/Populus nigra. Bekanntlich ist die einheimische Schwarz-Pappel mehr oder weniger vom Aussterben bedroht. Deshalb empfehle ich in diesem Naturschutzgebiet Schwarz-Pappeln zu pflanzen. Sie unterscheiden sich ja praktisch nicht von den Hybrid-Pappeln, so dass die Einheitlichkeit der Allee gewährleistet bleibt. Damit sich der Jungbaum gut entwickeln kann, empfehle ich bei den Nachbar-Pappeln links und rechts einen Begrenzungsschnitt auszuführen, damit sich die Lichtverhältnisse für den Jungbaum verbessern. Weiter empfehle ich den Jungbaum mit einer Stammhöhe von 2.50 m, einem Stammumfang von 20 – 22 cm und einer Gesamthöhe von ca. 4.50 m zu wählen, damit er dann gute Voraussetzungen hat sich am Standort neben den grossen Bäumen zu entwickeln.

Es ist ganz normal, dass eine Pappel, die zu den Lichtbäumen gehört, rasch in die Höhe wächst. Es spricht ja nichts dagegen. Das Gesamtbild der Allee ist wichtig. Wichtig ist, dass die Baumart in die Allee passt. Für die Neupflanzungen innerhalb der Allee ist es wichtig, den Wurzelstock der gefällten Pappel auszufräsen. Auf diese Art kann die Allee für immer erhalten werden. Bäume können sukzessive mit der gleichen Baumart ersetzt werden, ohne dass gleich die ganze Allee gefällt und mit Jungbäumen ersetzt wird. Es ist ganz natürlich, dass es in einer Baumallee sowohl Alt- als auch Jungbäume hat.

In der noch bestehenden Hybrid-Pappelallee müssen auf Grund meiner Kontrolle keine Fällungen mehr vorgenommen werden. Es ist auch normal, dass ein Baum Höhlungen aufweisen kann. Diese entstehen durch holzzersetzende Pilze. Ein Baum in der Art und Grösse wie die Hybrid-Pappeln ist aber nicht mehr auf das ganze Holzvolumen vorallem in Innern angewiesen. Von der Statik her ist es grundsätzlich für den Baum auch kein Problem, wenn im Innern eine Fäulnis vorhanden ist oder eine Höhlung besteht, solange der Baum wächst und die Fäulnis oder Höhlung kompensieren kann. Wichtig ist, dass genügend Restwandstärke vorhanden ist. Die Standsicherheit bleibt gewährleistet, weil der Baum ja auch im Schutz der Allee steht und so keine grosse Windangriffsfläche bietet. Dies betrifft nicht nur den Stamm sondern auch die Äste. Es ist aber wichtig, dass ein Baumpflegespezialist im Rahmen der jährlichen Baumkontrolle prüft, ob der Baum noch standsicher ist.

Für die Natur sind Bäume mit Fäulnis und Höhlungen sehr wichtig. Sie bieten nämlich unzähligen Lebewesen Unterschlupf so auch seltenen Fledermausarten. Auch das Totholz bietet vielen Kleinlebewesen einen guten Lebensraum. In einem Naturschutzgebiet sollte somit Totholz, wenn es nicht im Bereich des Fussweges ist, belassen werden. Wenn ein Baum mit Höhlungen gefällt wird, wird der Lebensraum für unzählige Lebewesen vernichtet. Ein junger Baum kann nie das Gleiche bieten. Es dauert Jahre, bis er dazu in der Lage ist. Alte Pappeln sind in der Natur auch sehr wichtig für eine Vielzahl von Schmetterlingsarten. Ca. 120 Gross- und Kleinschmetterlinge sind auf alte Pappeln angewiesen, um nicht auszusterben, z.B. leben die Larven der stark gefährdeten Grossen Pappelglucke hoch oben in den Baumkronen von alten Schwarz- oder Hybrid-Pappeln. Eine 50jährige Pappel kann dies nicht bieten. Nicht zu unterschätzen ist die wichtige Funktion der grossen Bäume als grüne Lunge. Jungbäume können nie im gleichen Ausmass Sauerstoff liefern wie Altbäume.

Aus fachlicher Sicht muss diese gestalterisch und ökologisch wertvolle Hybrid-Pappelallee unbedingt erhalten werden. Bei einer Fällung wird neben dem gestalterischen Verlust viel wertvoller Lebensraum für Lebewesen vernichtet. Ich habe auch die gefällten Hybrid-Pappeln beurteilt. Es ist bedauerlich, dass knapp 40 Pappeln gefällt worden sind. Ich habe die Wurzelstöcke und Wurzeln begutachtet. Es war keine allzu gründliche Kontrolle nötig um sagen zu können, dass mit einigen wenigen Ausnahmen die Pappeln alle beim Stammfuss noch vollholzig waren. Eine Fäulnis hätte übrigens für die Pappeln wie bereits erwähnt kein Problem dargestellt. Auch das liegende Holz bzw. die Stammstücke auf Platz haben dies bestätigt. Aus Gründen der Sicherheit hätte kein Baum gefällt werden müssen.

Bei einigen Bäumen habe ich Fäulnis festgestellt, es hatte Hohlstellen im Stamm aber die Standsicherheit war nicht so stark beeinträchtigt, dass der Baum hätte gefällt werden müssen. Die betreffenden Bäume hätten einzig stark entlastet werden müssen. Leider wurde in diesem Teil mit der gefällten Hybrid-Pappelallee das gestalterisch wichtige Landschaftselement total zerstört. Der Lebensraum unzähliger Lebewesen wurde vernichtet. Es wird Jahre dauern, bis wieder etwas Ähnliches entstanden ist. Ich habe im Rahmen der Beurteilung der gefällten Bäume auch die Bäume links und rechts der gefällten Allee angeschaut. Es handelt sich um Waldbäume, die bis zur Fällung im Schutz der Allee gestanden haben. Es sind Bäume, die gerade wegen der grossen Alleebäume schräg von der Allee weggewachsen sind. Sie haben nun den Schutz verloren bzw. wurden frei gestellt und plötzlich ganz anderen Windverhältnissen ausgesetzt. Das Bruchrisiko ist damit erheblich gestiegen. Über das Gesamte gesehen hat sich somit das Risiko, dass Bäume umstürzen oder brechen könnten, im Bereich der gefällten Allee nicht verkleinert sondern vergrössert.

Die Begutachtung der einzelnen Bäume im Bereich der gefällten Allee hat gezeigt, dass es sehr fraglich ist, ob man einzelne Bäume noch stehen lassen darf. Ich spreche dabei einzelne Ökobäume an, bei welchen nur noch das Stammstück steht oder auch Bäume, die Schiefstand haben. Für die Natur sind diese Bäume sehr interessant, aber durch die Fällung der Alleebäume ist die Gefahr gestiegen, dass sie umkippen oder brechen könnten. Ich finde es problematisch im Bereich des Fussweges solche Ökobäume stehen zu lassen. Mindestens müsste ein Entlastungsschnitt ausgeführt werden, um die Windangriffsfläche zu verkleinern. Speziell erwähnen möchte ich die Hybrid-Pappel ganz auf der Ostseite zu Beginn der Allee. Man hat sie als Einzelbaum stehen lassen. Es ist zwar ein schöner Baum, hat aber den Schutz der Allee verloren und ist frei gestellt. Er hat ausladende Äste, es empfiehlt sich hier dringend ein Entlastungsschnitt. Zudem muss das Totholz oberhalb des Fussweges entfernt werden. Es besteht hier ein grosses Sicherheitsrisiko.

Das Gleiche gilt für die Silberweide ganz auf der Ostseite. Auch hier ist ein Entlastungsschnitt nötig, um die Sicherheit zu steigern. Im weiteren ist eine Hybrid-Pappel zu erwähnen, die nicht im Nahbereich des Fussweges steht. Sie hat eine massive Fäulnis beim Stammfuss und wurde nun frei gestellt. Auch hier ist ein Entlastungsschnitt aus Sicherheitsgründen nötig. Generell muss erwähnt werden, dass mit den Fällungen keine Verbesserung der Sicherheit sondern ein gesamthaft erhöhtes Risiko geschaffen wurde für den Fussweg in Verbindung mit den verbleibenden Bäumen. Zudem ist durch den Kahlschlag bzw. die Fällung der Allee eine grosse offene Landfläche entstanden, die das Ansiedeln von Neophyten begünstigt. Dies stellt einen zusätzlichen Verlust für das Naturschutzgebiet dar. Die Bekämpfung der Neophyten ist sehr arbeitsintensiv. Ich empfehle deshalb, die Neupflanzungen sofort an die Hand zu nehmen.

Für den zerstörten Teil der Allee empfehle ich folgende Massnahmen: – Damit das Landschaftselement bzw. die Allee wieder hergestellt werden kann, sollte in gleicher Art und Weise Neupflanzungen mit der gleichen Baumart bzw. wie erwähnt der einheimischen Schwarz-Pappel erfolgen und zwar mit dem gleichen Abstand von 8.00 bis 11.00 m, nur so kann das zerstörte Gestaltungselement in Verbindung mit der noch bestehenden Allee als Ganzes wieder hergestellt werden. Die Wurzelstöcke können im Boden belassen werden. Ich empfehle, die Jungbäume zwischen die Wurzelstöcke zu pflanzen, es ergibt sich eine leichte Verschiebung der Allee. Es besteht auch die Möglichkeit die Wurzelstöcke auszufräsen und am gleichen Ort die Neupflanzungen zu machen. Dadurch entstehen aber nur hohe Kosten. Zudem sind die Wurzelstöcke ökologisch wertvoll für Pilze und Käfer, etc.

Die Schwarz-Pappeln sollten in einer guten Grösse bzw. Stammhöhe von 2.50 m, Stammumfang 20 – 22 cm und Gesamthöhe ca. 4.50 m gewählt werden. Ich empfehle die Verankerung an einem Dreibeingerüst. Stammschutz gegen mechanische Verletzungen und Einstrahlung mit Baumstammschutzmanschette und Schilfrohrmatte und evtl. Schutz gegen Wildschäden. Die Pflanzungen sollten so rasch als möglich erfolgen. Um das Landschaftselement so zu erhalten, wie es zum Teil noch besteht, muss der Pflanzabstand unbedingt beibehalten werden, weil sich die jungen Pappeln bei einem grösseren Pflanzabstand ganz anders entwickeln würden. Sie würden viel breiter und ausladender und der Charakter der Allee ginge verloren.

Alle Bäume im Bereich der gefällten Allee müssen gepflegt bzw. entlastet werden, weil sie des Schutzes durch die Allee beraubt und ganz anderen Windverhältnissen ausgesetzt wurden. Dies gilt insbesondere für die Hybrid-Pappel auf der Ostseite. Einzelne der verbleibenden Bäume sollten aus Sicherheitsgründen und zu Gunsten der neu zu pflanzenden Allee sogar gefällt werden.

Aus ökologischen Gründen empfehle ich, einzelne Stämme der gefällten Hybrid-Pappeln, insbesondere jene mit Höhlungen, aber auch Totholz in der Landfläche liegen zu lassen als wertvollen Lebensraum für Kleinlebewesen. Zudem muss darauf geachtet werden, dass sich in diesen Flächen keine Neophyten ansiedeln.

Bei den neu gepflanzten Schwarz-Pappeln ist es sehr wichtig, dass in den ersten Jahren die jährliche Jungbaumpflege ausgeführt wird, damit sich die Bäume gesund und stabil in der gewünschten Form entwickeln. Zusammenfassend halte ich fest:

Die Hybrid-Pappelallee ist einzigartig in ihrer Art und Grösse, insbesondere aber auch wegen des engen Pflanzabstandes. Sie ist gestalterisch ein wichtiges Landschaftselement und muss unbedingt in dieser Art erhalten werden. Wenn dieses Gestaltungselement verloren geht, ist es ein enormer Verlust für das Naturschutzgebiet und das Landschaftsbild.

Die Bäume sind 60 bis 70 Jahre alt, also im besten Alter, können sie doch bis 300 Jahre alt oder sogar noch älter werden. Die Vitalität bzw. der Allgemeinzustand ist sehr gut. Die Allee ist sehr wichtig für das Naturschutz- und Naherholungsgebiet.

Aus fachlicher Sicht bestand überhaupt keine Notwendigkeit, diese knapp 40 Bäume zu fällen. Die Standsicherheit bei den gefällten und den noch vorhandenen Bäumen war bzw. ist gegeben. Die Bruchsicherheit bei den verbleibenden Bäumen ist weitgehend gewährleistet und lässt sich mit Baumpflegemassnahmen einfach und mit geringem Aufwand herstellen. Die Pflegekosten können auf mehrere Jahre verteilt werden, so dass sie überschaubar bleiben. Durch die Fällungen mit den Folgekosten sind wesentlich höhere Kosten entstanden.

Fäulnis und Höhlungen in Bäumen stellen statisch grundsätzlich nicht direkt ein Problem dar. Solange der Baum mit Wachstum reagiert und genügend Restwandstärke bleibt, besteht kein Problem. Es ist Sache des Baumkontrolleurs (Baumpflegespezialisten), bei der jährlichen Baumkontrolle zu beurteilen, ob die Standsicherheit noch gewährleistet ist.

Ein Jungbaum kann gestalterisch und ökologisch nie das Gleiche bieten, wie diese Pappeln im besten Alter. Es besteht überhaupt kein Grund, die ganze Allee zu fällen und mit Jungbäumen zu ersetzen. Ich empfehle dringend, die Allee so rasch als möglich wieder herzustellen durch die Pflanzung von einheimischen Schwarzpappeln im gleichen Abstand, damit der Charakter der Allee erhalten bleibt. So kann auch verhindert werden, dass sich im Bereich der entstandenen offenen Flächen Neophyten ansiedeln, die nur schwer zu bekämpfen sind.

Wie bereits erwähnt eignet sich die einheimische Schwarz-Pappel sehr gut als Alleebaum, auch wenn es sich um einen Lichtbaum handelt, wie das Beispiel in Bliestorf zeigt. Die Jungbäume sollten bereits eine gewisse Grösse haben und jährlich muss die Jungbaumpflege ausgeführt werden, damit sich die Bäume gut entwickeln.

Die Bäume im Bereich der gefällten Allee sind frei gestellt und ganz anderen Windverhältnissen ausgesetzt. Sie stellen ein Sicherheitsrisiko dar und müssen entlastet oder zum Teil evtl. sogar gefällt werden.

Aus ökologischen Gründen sollten Totholz und einige Stämme mit Höhlungen vor Ort liegen gelassen werden als wertvollen Lebensraum für Kleinlebewesen. Gerade alte Pappeln sind für verschiedene Lebewesen, wie ca. 120 Gross- und Kleinschmetterlinge wichtig für ihr Überleben und sollten deshalb unbedingt erhalten werden.

Wenn Bäume innerhalb der Allee aus Sicherheitsgründen gefällt werden müssen, sollten sie mit Jungbäumen der gleichen Baumart mit dem gleichen Pflanzabstand ersetzt werden. Es macht Sinn, in diesem Naturschutzgebiet anstelle der Hybrid-Pappel/ Populus x canadensis die einheimische Schwarzpappel/Populus nigra zu wählen, die praktisch ausgestorben ist. Damit sich die Jungbäume gut entwickeln können, sollte bei den Nachbar-Pappeln ein Begrenzungsschnitt ausgeführt werden, damit sich die Lichtverhältnisse für den Jungbaum verbessern. Durch den engen Pflanzabstand werden sich auch die einheimischen Schwarzpappeln auf Grund der Lichtkonkurrenz nach oben und nicht in die Breite entwickeln.

Es ist ganz natürlich, dass sich in einer Baumallee sowohl Jung- als auch Altbäume befinden. Auf diese Weise werden über die Jahre sukzessive die Bäume ersetzt und die Allee kann für immer erhalten bleiben. Wichtig ist noch zu erwähnen, dass Naturschutz und Naherholungsgebiet für Menschen durchaus gut zusammen funktionieren können, ohne dass man massive Eingriffe in der Natur vornehmen muss.

Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen gedient zu haben. Falls Sie noch Fragen haben, zögern Sie nicht den unterzeichnenden Baumpflegespezialisten zu kontaktieren (+41 79 676 28 63).

Freundliche Grüsse

Baumpflege Dietrich GmbH Fabian Dietrich Baumpflegespezialist mit eidg. Fachausweis