…und hinterher hat es niemand gewusst

Einst war bei ihm von Offenheit und Transparenz die große Rede – nun wird das Rederecht von BürgerInnen eingeschränkt. Und obendrein soll die Schatulle des Oberbürgermeisters ordentlich aufgefüllt werden – der Konstanzer OB Uli Burchardt agiert, regiert zunehmend nach Gutsherrenart. Wenn, ja wenn der Gemeinderat ihm das am Donnerstag durchgehen lässt

Unter den sage und schreibe 30 Tagesordnungspunkten (TOP) der Konstanzer Gemeinderats-Sitzung am kommenden Donnerstag (ab 16 Uhr im Ratssaal) verbirgt sich wahrlich genügend Spreng- und Diskussionsstoff: Es geht um den/die neue Leiterin des Hauptamtes, ein „Konzilspreis“ soll ausgelobt, ein neues Sicherheitssystem beraten werden; einmal mehr wird über den Münsterbrunnen auf der Hofhalde gestritten und über neue, höhere natürlich, Kita-Sätze diskutiert werden. Und ganz verschämt, unter TOP 3.5. und 3.6.. geht es um weniger Rederecht für Otto und Gerda Normalmensch und um mehr (Finanz-)Macht für den Oberbürgermeister.

 Über die Entscheidungshoheit des OBs

Versteckt ist das unter „Änderungen der Geschäftsordnung und der Hauptsatzung“ und vorberaten wurde das auf der Klausurtagung des Gemeinderates und in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA). Bei der Änderung der Geschäftsordnung handelt es sich um das Rederecht von BürgerInnen während der „Fragestunde“ in Gemeinderats-Sitzungen. Zum einen soll das Recht thematisch beschnitten werden – zukünftig sollen sich Beiträge nur noch „auf das Aufgabengebiet des Gemeinderats oder des Oberbürgermeisters beziehen und für eine Behandlung in öffentlicher Sitzung geeignet sein“. Wie das während der Sitzung interpretiert wird, entscheidet im Zweifel wohl der Sitzungs-Vorsitzende – der OB. Außerdem sollen nur „zwei Angelegenheiten“ in nicht mehr als drei Minuten angesprochen werden dürfen und eine Beratung würde möglichst ausgeschlossen. Auch die Antwortspflicht der Verwaltung soll gelockert werden…

Klar heißt das: Hätten solche Vorschriften schon früher gegolten, wäre es nie zu einer „Lampedusa-Petition“ gekommen, und ein Protest gegen rechtsradikale Umtriebe in dieser Stadt wäre auch nicht möglich gewesen. Ob eine Anti-TTIP-Protestnote, wie sie auf der aktuellen Tagesordnung steht, in der Bürgerfrage angestoßen oder über die höchst aktuelle Flüchtlingsproblematik diskutiert werden dürfte, bliebe dann der Entscheidungshoheit des OBs überlassen. Na denn – Mahlzeit.

Über die Schatulle des OBs

Auch der Rahmen für die persönliche Verfügungsgewalt des Oberbürgermeisters über Finanzmittel soll ausgeweitet werden: Statt bisher 30 000 soll er zukünftig über bis zu 100 000 Euro bei „außerplanmäßigen Ausgaben“ allein entscheiden dürfen; ähnlich „beim Verkauf, Tausch und dinglicher Belastung von Grundstücken…“ (bislang 50 000, dann 150 000 €) oder beim „Erwerb von Grundstücken“ (100 000 zu 150 000 €). Eine kitzekleine Korrektur der Hauptsatzung würde das möglich werden lassen.

Zwar hat der HFA schon mal signalisiert, dass ihm die vorgeschlagenen Obergrenzen der OB-Finanz-Verfügungsgewalt zu hoch sind, aber gut denkbar, dass die GemeinderätInnen sich angesichts der überfüllten Tagesordnung der Donnerstag-Sitzung zu einem „Durchwinken“ solcher Neuerungen hinreißen lassen. Nur dürften sie sich später nicht beklagen, dass sie von der Einschränkung der Redefreiheit und der übergroßen Machtfülle des Oberbürgermeisters nichts gewusst hätten.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]

Autor: hpk