Und immer noch rauschen die Pappeln

seemoz-Pappelstamm-im-TaegermoosNach der letzten Gemeinderatssitzung hatte seemoz berichtet, dass Klaus-Peter Kossmehl, Stadtrat der Freien Wähler, wissen wollte, wie hoch die Rechnung gewesen sei, die Anwalt Martin Luithle in Sachen Pappelallee im Tägermoos gestellt habe. Von 18 000 Euro war die Rede, argwöhnte Kossmehl. Nun wehrt sich der Anwalt und legt seine Zahlen auf den Tisch.

Diese Summe, so Luithle in einem Schreiben an seemoz, sei „grob falsch“ und weiter: „Meine Anwaltskosten für beide gerichtliche Eilanträge beim Verwaltungsgericht Freiburg und meine gesamte Tätigkeit bezüglich des Erhaltes der Tägermoospappellallee betrugen insgesamt 4600 Euro zuzüglich 19% Umsatzsteuer ist gleich insgesamt 5474 Euro“.

Für den zweiten Eilantrag der Gemeinderäte (20 RätInnen unterstützten dieses Vorgehen, Anm. d. Red.) kamen laut Luithle weitere 1179 Euro dazu. Beide Rechnungen wurden mittlerweile von der Bürgerinitiative, die gegen die Fällungen der Pappeln mit Hilfe von Luithle juristisch vorgegangen war, bezahlt. Kossmehl hatte befürchtet – obwohl ihm das niemand abnahm und er wohl eher von Schadenfreude getrieben war -, dass nun der gesamte Gemeinderat zur Kasse gebeten werden sollte. Auch das ist nicht der Fall, denn die aufmüpfigen LokalpolitikerInnen wurden von sämtlichen Kosten freigestellt, aber um Spenden für die Bürgerinitiative gebeten.

Beleidigte Verwaltungsspitze

Kaum war der erste Baum gefällt, formierte sich Widerstand gegen die unnötige Aktion. Anstatt deeskalierend zu wirken, verhielten sich die Verantwortlichen in der Verwaltung höchst bockig und uneinsichtig. Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn wollte in einer Sitzung des Technischen- und Umweltausschusses das Thema auf den St.Nimmerleinstag verschieben, was bei den anwesenden BürgerInnen für große Empörung sorgte. Auch Oberbürgermeister Uli Burchardt reagierte unsensibel und schüttete noch Öl ins Feuer, als er in der vergangenen Gemeinderatssitzung behauptete, die gefällten Pappeln seien, „alle krank“ gewesen. Vor allem dem Rathauschef war anzumerken, dass ihn das Aufbegehren der BürgerInnen und das juristische Vorgehen widerspenstiger Räte ins Mark getroffen hat. Und man stellt immer öfter fest: Bläst ihm Gegenwind ins Gesicht, ist´s schnell vorbei mit lockerem Auftreten. Burchardt verbucht den Bürger- und Räteprotest im Tägermoos als eine Art von Majestätsbeleidigung. Dabei hätte er mit einer Entschuldigung für den Kahlschlag durchaus punkten können. Chance vertan.

Und sie stehen immer noch

Als Anfang April orkanartige Windböen über das Land pfiffen, musste man befürchten, dass einige Pappeln im Tägermoos in die Knie gehen würden und ein Spaziergang durch die Allee gleichbedeutend wäre mit einer Selbstmordaktion. Doch nichts dergleichen geschah, die „kranken“ Bäume überstanden die Stürme unbeschadet und auch von herabfallenden Ästen war nichts zu bemerken. Hochgradig albern klang dazu eine Erklärung, die sich einige Befürworter der Fällungen zu eigen machten. Es sei nur deshalb nichts passiert, weil die Bäume noch blätterlos gewesen seien und somit keinen Widerstand geboten hätten. Fazit: Manchmal ist es besser, man schweigt in Demut und hält einfach den Rand.

Holger Reile, Foto: Franz-Josef Stiele-Werdermann

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