…und übrigens: Am Sonntag gibt es Neuwahlen
Da die meisten Berichte über die Entscheidung des Konstanzer Gemeinderates, 17,5 Millionen für eine Veranstaltungshalle auszugeben, auf offiziellen Presseerklärungen oder auf Hörensagen beruhen, da die Berichterstattung im Heimatblatt zur Werbeaussage und der Lokalchef Rau zum PR-Chef seines Duzfreundes Burchardt mutiert und da die seemoz-Redaktion mit Nachfragen bestürmt wird – deshalb hier die Reile-Rede aus der Gemeinderatssitzung im Wortlaut:
Werte Gäste, Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen:
So wie es aussieht, gibt es eine satte Mehrheit für den Kauf des Centrothermgebäudes. Sie wollen dafür rund 17 Millionen Euro ausgeben und sprechen erneut von einer historischen Jahrhundertchance für die Stadt. Von eben dieser Jahrhundertchance war in den vergangenen 14 Jahren schon zweimal die Rede. Als nächstes käme dann eigentlich nur noch die Jahrtausendchance. Wenn Sie mit Ihrer hyperventilierenden Begriffsverwirrung so weitermachen, schaffen Sie locker den Sprung ins Guinnessbuch der Rekorde. Nur freuen sollten Sie sich nicht darüber – denn Sie erringen heute aller Voraussicht nach einen Pyrrhussieg, der uns allen noch sehr bitter aufstoßen könnte.
Auf die unterschiedlichen Argumente, die für den Kauf des Gebäudes sprechen sollen, will ich hier nicht näher eingehen. Mit Verwunderung allerdings stelle ich fest, dass einige aus diesem Gremium – und damit meine ich vor allem die Kolleginnen und Kollegen der SPD – im Vorfeld der heutigen Debatte zum Teil öffentlich haben wissen lassen, dass sie zumindest einer Vertagung dieser für die Stadt richtungsweisenden Entscheidung zustimmen könnten. Dass sie in wenigen Minuten anders entscheiden werden, wurde ja bereits mit notdürftig zusammengeschusterten Begründungen untermauert. Sehen Sie es mir nach, Kolleginnen und Kollegen, wenn ich der Hoffnung Ausdruck verleihe, dass man Sie für Ihren Schlingerkurs am Sonntag abstraft.
Denn nichts, rein gar nichts, spricht dagegen, die millionenschwere Entscheidung dem neu gewählten Gemeinderat anzuvertrauen, damit dieser die Faktenlage Punkt für Punkt und ohne Zeitdruck kritisch prüfe. Das haben wir von der Linken Liste von Anfang an gefordert und dabei bleiben wir auch. Benennen Sie ein überzeugendes Argument, das Ihre nahezu obrigkeitshörige Hast – drei Tage vor der Kommunalwahl – nur im Ansatz rechtfertigt. Es wäre Ausdruck des politischen Anstands gewesen, diese in jeder Hinsicht weitreichende Entscheidung dem neuen Rat zu überlassen. Ebenfalls haben wir schon vor Monaten angemahnt, auch über den Kauf des Gebäudes die Bürgerinnen und Bürger abstimmen zu lassen – denn schließlich geht es hier nicht um ein Nasenwasser, sondern um 17 Millionen, bei denen es voraussichtlich nicht bleiben wird. Da öffnet sich das Füllhorn schnell – und mir wird reichlich übel, wenn ich mich daran erinnere, dass Sie vor kurzem mehrheitlich eine Sonderausschüttung für die Mitarbeiter der Spitalstiftung von jämmerlichen 200 Euro pro Kopf abgelehnt haben. Und auch an diese Kaltherzigkeit sollten Sie am Sonntag nachhaltig erinnert werden.
Nun wird uns erklärt, die Bürgerschaft dürfe dann ein Wörtchen mitreden, wenn neben dem Gebäude ein wie auch immer geartetes Konzerthaus entstehen sollte, das unter 30 Millionen Euro nicht zu haben sein wird. Der Kauf des Centrothermgebäudes dient sozusagen als Einstiegsdroge für weitaus größere Pläne. Und ich weiß jetzt schon, dass dann der sogenannte Sachzwang Regie führt, frei nach dem Motto: Wer A sagt, muss auch B sagen. Als Ausstiegsbegründung möchte ich Ihnen den Satz eines Menschen anbieten, der einst formulierte: „Wer A sagt, muss nicht B sagen, wenn er einsieht, dass A falsch war“.
Eine Bemerkung noch: Kein Zufall ist auch, dass kürzlich in der örtlichen Tageszeitung ein Kommentar erschienen ist, der – da muss man gar nicht zwischen den Zeilen lesen – perfider kaum sein könnte. Unter der Überschrift „Keine Chance ohne Risiko“ wurde den Leserinnen und Lesern erklärt, dass das Projekt zwar Risiken in sich trage, aber schlußendlich nichts dagegen spräche, diese Risiken frohgemut auch einzugehen. Mit dem Satz, ich zitiere: „Auch beim Projekt Centrotherm wäre Zögern und Zaudern einfacher als ein mutiger Schritt“. Der Umkehrschluß kann ja nur lauten: Wer gegen den Kauf stimmt, ist ein Zögerer, Zauderer und darüber hinaus ein mutloser Geselle. Billiger Wahlkampf pur also, den man auch als plumpen Versuch der Wählerbeeinflussung bezeichnen kann und der mit der klaren Botschaft verbunden ist: Diese sogenannten Zauderer und mutlosen Zögerer sollen in den Senkel gestellt werden. Ein Taschenspielertrick, dem aber offensichtlich einige aus diesem Gremium erlegen sind.
Und übrigens: Am Sonntag ist Wahl.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Frau A. Bernecker ist offen heraus und schildert hier ungeniert ihre Eindrücke. Bei der überwältigenden Mehrheit im Gemeinderat (GR), hat es schon so manchen überrascht, wie unkritisch sich unser Kontrollorgan GR mit einem 17 Millionen-Projekt in höchster Eile auseinandersetzt.
Auch die Anbiedereien Einzelner, jetzt meist neugewählter Stadträten/innen, ist für einen sachlich orientierten Zuhörer eher peinlich und hat in einem Kontrollorgan genau so wenig zu suchen, wie die ausgefeilten spitzfindigen Redewendungen von Herrn Reile, dessen Sachbeitrag sehr oft überzeugend und nachvollziehbar klingt. Oberst peinlich ist der mit immer wieder hoher Stimmzahl neugewählte Spitzenkandidat Müller-Fehrenbach CDU, wenn er dem fast solitären Kritiker Reile als Ewig-Verweigerer öffentlich im Rat beschimpft und gerne den ganzen Rat in seinem Fahrwasser hätte.
Es schien nach den begrüßenswerten, kritischen Anfängen der SPD zum Projekt, überraschend, wie sich die SPD fast euphorisch in der Sitzung dem OB unterwarf und geschlossen dem Projekt zustimmte. Aber die meisten SPD-Wähler haben wohl von der realen Gemeinderatsarbeit nichts mitbekommen, oder haben die Kehrtwende durch ihre Stimmabgabe honoriert. Dies lässt sich leider nicht nachvollziehen.
Es gab ja im Laufe der Zeit immer wieder neue Benennungen für ähnliche Projekte, die werbewirksam damit um Zustimmung warben. Eine Benennung als Veranstaltunshaus hört sich für die Bürger hypothetisch benutzbarer an, als ein zutreffender Begriff eines Tagungshauses.
Oft ist dies dem Umstand Einzelner zu geschuldet, die am Ende ihrer Amtszeit, wie bereits schon jetzt in der örtlichen Druckpresse überschwänglich dargestellt, einen politischen Erfolg für des OB sehen. Das sind dann Zeugnisse, die sich in den örtlichen Geschichtsbüchern verewigen lassen, denn danach werden Amtszeiten nach städtischen Großprojekten bemessen.
@ Angelika Bernecker,
vielleicht vermögen Sie ja noch, der Sache eine Wendung zum Guten hin anzufügen.
Moritz Meidert spricht im Rahmen seiner Chanceneinschätzung für das Centrotherm-Gebäude u. a. die Investitionen in den Bildungsbereich an. Daß die auf hohem Niveau gehalten werden müßten und nicht dem Schicksal des bedauernswerten Strohfeuers ausgesetzt werden dürften. Das wäre unter Umständen ein Punkt zum Einhaken.
Nun kann man das ja noch etwas direkter miteinander verknüpfen. Die Diretissima, die sich da anbietet wäre bspw. einen Kindergarten oder eine Schule dort hinein zu setzen. Aber 17 Komma nochwas Mille für ein derartiges Vorhaben? Könnte sein, daß an dem Punkt das JFK die Vorzüge des Erwachsenenwerdens entdeckt. Und sich doch lieber an ein Protzprojekt für Krimsekt und Kaviar kuschelt. Investitionen in Kinder sind eben doch die dankbarsten Alibis. So kennen wir sie zumindest bis jetzt, die bürgerlichen Neusprech-Spezialisten. (Was für eine gemeine Unterstellung von mir).
Wow, wer kann da noch mithalten, vielen Dank an alle Beteiligten für diesen Schlagabtausch. Leider musste ich die Sitzung vor Herr Reiles Rede verlassen, dies ist aber auch das einzige, was ich bedauere. Bei all dieser peinlichen Speichelleckerei, dieser untertänigen Hofierung aller Parteien, mit Ausnahme der LL, kann man es OB Burchhardt fast nicht verübeln, dass er sich wie der König von Konstanz aufführt. Die SPD, die durch ihre Forderung nach Akteneinsicht letztendlich ihrer Aufgabe als Kontrollorgan des OB, der SV nachgekommen ist, knickte völlig ein und Hanna Binder lobte, nach ausführlicher, nahezu entschuldigender Erklärung, sogar die Transparenz des Verfahrens durch die SV. Völlig „beeindruckt“ hat mich allerdings die Präsentation des Tagungs- und Seminar-Hauses durch Herrn Maugé, besonders, als er mit durch nichts zu erschütternder selbstverständlicher Überheblichkeit zu den Mieten der Säle kam. Diese scheinen hoch zu sein, sehr hoch, denn der Leitsatz lautet: Was nichts kostet, ist nichts wert. Was die SV wohl für seine Dienste bezahlt hat? Herr Meidert spricht in seinem Kommentar wiederholt von einem „Veranstaltungshaus“, der SK beschreibt ein „Haus für Alle „, dessen Räume den Bürgern für Kreativität, für Entspannung, zur gemeinsamen Geselligkeit dienen werden. Wird es ein solches Zentrum? Wohl kaum, denn alleine durch geplante Ausstellungen lockt man den gemeinen Konstanzer nicht hinterm Ofen hervor und wer kann es sich leisten, dort Feschtle für´s Volk zu veranstalten? Oder als freier Kulturschaffender den großen Saal zu mieten, z. Bsp. für Tanzprojekte, denn mit musikalischem Hochgenuss wird´s ja wohl nix. Bekommen jene dann auch Zuschüsse oder gilt dieses Angebot nur für die erwähnten Vereine? Natürlich würde diese Großzügigkeit die Umsätze empfindlich schmälern und auch Herr Hölzle freut sich sicherlich schon gewaltig, wenn zukünftige Fasnetsveranstaltungen oder ähnliche Events, welche bisher im Konzil gefeiert wurden, im neuen „Haus am Seerhein“ stattfinden werden. Die „derzeit gute Haushaltslage“ hat diese mindestens 17,3-Millionen-Investition möglich gemacht, was sie jedoch künftig unmöglich machen könnte in den Bereichen Soziales, Bildung, freie Kultur, Sport etc., darüber wurde in der Sitzung nicht diskutiert. Streichungen, Kürzungen, Verschiebungen – weiterhin marode, nicht barrierefreie Bahnhöfe, weiterhin zu wenig KiTa-Plätze und noch mehr Container? Ist dies dann der Preis für einen „Wissenschafts- und Tourismusstandort“? Denn den bezahlen alle Bürger – und dennoch: Die Konzerthausbefürworter stehen schon in den Startlöchern. Auch wenn die LL weiterhin und leider nur 2 Plätze im GR hat: Sie sind wichtiger denn je. Schade, dass viele Konschdanzer das nicht begriffen haben.
Meidert,
Sie basteln selber an der Darstellung, daß Sie ein hoffnungsloser Fall sind. Meine kategorische Ablehnung hat die jeweilige Gegensätzlichkeit in den Planungen zum/für/gegen das Centrotherm-Gebäude beinhaltet. Schon schlimm, diese Fälle von Lese-, Schreibe- und vor allem Verständnisschwäche.
Was den Kapitalismus und im Gegenentwurf den Kommunismus angeht: Kapitalismus ist halt die zur Staats-Religion erhobene Form des Schmarotzertums (wenn auch im GG einiges Lesenswerte steht), Kommunismus hat bisher nicht stattgefunden – und der Kapitalismus ist nach Marx die Produktionsweise, die durchlaufen werden muß, um zur nächsten, höheren zu gelangen.
Mithin ist für mich Kapitalismus ein notwendiges Übel. Sie werden aber damit leben müssen, daß ich Ihnen wie auch anderen zumindest verbal vors Schienbein trete. Weil Ihre (unternehmerische und auch sonstige) Freiheit die Freiheit anderer einschränkt bis hin zur existenziellen Bedrohung und Vernichtung. Empfehle die Lektüre des GG. Da steht, daß Eigentum verpflichtet. Und daß es zum Wohl der Allgemeinheit enteignet werden kann.
Dunkelrote Grüße
aNtares, nicht aUtares
Liebe Mitkommentatoren,
nur wenige Anmerkungen:
– Simon, ich widerspreche dem doch gar nicht. Aber es geht nicht darum, Gewinn zu erzielen mit dem Veranstaltungshaus. Nur um die schwarze Null geht es. Den Gewinn zieht Konstanz daraus, dass die Standortaufwertung Arbeitsplätze sichert/schafft und Steuereinnahmen bringt. Und das mit einem Haus, das schon lange benötigt wird.
– Karl, wie von mir geschrieben, teile ich die Meinung, dass das vllt. zu schnell ging. Damit wird aber das Projekt nicht schlecht, nur die Durchsetzung. Dass die Ablehnung in der letzten Abstimmubg gegen das KKH ausging, hat mit dem jetzigen Projekt wenig zu tun. Dashat eine völlig andere Dimension. Meine ich. Da sind andere Meinungen aber sicher gut vertretbar.
-autares, Sie haben Recht: Die kategorische Ablehnung der existierenden Wirtschaftsform erübrigt jede Diskussion. Wenn Sie den Kommunismus wollen, kann ich da nicht dagegen argumentieren. Gegen Goftesglaube kann auch nicht argumentiert werden. Aber bitte lassen Sie mir meinen Glauben und meine Überzeugung, dass die Soziale Marktwirtschaft kein gar so schlechtes System ist. Sicher mit Schwächen. Aber allemal besser als Ihre Ideen. Finde ich persönlich. Wenn Sie anders empfinden, kann ich damit gut leben.
Herzliche Grüße,
Ihr Moritz Meidert
Herr Meidert,
Sie brauchen sich nicht um noch weitere „Definitionen des Unternehmertums“ zu bemühen. Die Erklärung von Marx bis Lafontaine ist völlig ausreichend. Und, ganz ehrlich, Sie scheinen mir nicht dazu prädestiniert, revolutionäre Beschreibungen oder auch witzige Ergänzungen zum Thema beizutragen. Es bleibt dabei, daß Kapitalisten davon leben, andere für sich arbeiten zu lassen. Und sie leben aufgrund eines Rechtssystems, das in diesen Teilen keineswegs unumstritten ist, weitaus besser als die, die sie ausbeuten. Wobei die Ausgebeuteten Jahr für Jahr zur Produktivitätssteigerung beitragen. Diese wird sodann gegen die Belegschaft verwendet. Beispiel Nokia Bochum und und und. Früher war der Knackpunkt für Gewerkschaften die teilweise richtige Behauptung „Wenn es dem Chef gut geht, geht es auch uns gut“. Nachdem der Zusammenbruch des Comecon sowie die glorreiche Zusammenarbeit von Regierungen wie Schröder und INSM usw die Gewerkschaften vollends verkrüppelt haben, bleibt nur festzuhalten: Je besser es dem Chef geht, auf umso perversere Ideen droht er zu verfallen. Ich habe Vorgesetzte erlebt, die mir ins Gesicht gelogen haben, sie wären sozialdemokratischer, als ich mir das vorstellen könnte. (Setzt man das allerdings in Beziehung zum bereits erwähnten Kanzler mit den offensichtlich gefärbten Haaren…, na gut, lassen wir das.) Diese Typen haben es fertig gebracht, zum Thema Mindestlohn einen Hauch von Guttenberg durch die Betriebsversammlung schweben zu lassen: Ob WIR uns das tatsächlich leisten könnten. Und WIR alle wären gut beraten, der FÜHRUNG des Unternehmens zu vertrauen.
Vielleicht kapieren Sie es ja an diesen Beispielen, weshalb es ein Rückfall in den Feudalismus bedeutet, das Wort WIR in Neusprech-Manier zu mißbrauchen, schlimmstenfalls zu vergewaltigen. – Sie haben nicht den Hauch von Anspruch, dieses Wort zu gebrauchen im Zusammenhang mit dem Centrotherm-Gebäude. Alles was es da an Gemeinsamkeiten gibt ist die kompromißlose Ablehnung der Pläne der Gegenseite. Begreifen Sie ein für allemal, daß zum Thema Kongreß- und Konzerthalle die Bevölkerung NEIN gesagt hat. Diese Bevölkerung braucht weder von Ihnen noch von Burchardt Nachhilfeunterricht bezüglich notwendiger Projekte. Auch nicht unter dem Vorwand, daß sich egal welche Voraussetzungen geändert hätten. Gewöhnen Sie sich das WIR also ab. Es sei denn, Sie wollen entlarvenderweise auf den Pluralis Majestatis zurückgreifen. Würde ja beinhalten, daß Ihnen das Einmaleins der Demokratie nicht ganz so geläufig ist.
Zur Ergänzung obiger Ausführung:
Ich sagte nie, die Kommunen dürften garkeine Risiken eingehen – wäre Schwachsinn bei einem immer risikoreichen Leben und Handeln, das niemals alle Unsicherheiten ausschließen kann.
Sehr wohl ist es Ziel des Landesgesetzgebers zu § 102 GemO etc. gewesen, Risiken im Haushalten der Gemeinden so gering wie möglich zu halten.
Herr Meidert
Zur Berichtigung und Ergänzung Ihrer rechtlichen Kenntnisse empfehle ich:
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch § 1 HGB Rn. 29 a.A.
Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung/Ennuschat § 1 GewO Rn. 24 (beachte insb. kommunale Daseinsvorsorge)
Sonder Wirtschaftliche Betätigung von Kommunen im Wandel LKV 2013, 202, 205
Beachte ganz besonders: Wirtschaftliche Betätigung von Kommunen LG Offenburg NVwZ 2000, 717, das sich mit dem öffentlichen Zweck i.S.d. § 102 GemO BW außeinandersetzt, der notwendig ist, damit die öffentliche Hand in BW überhaupt noch unternehmerisch tätig werden darf. Gem. dem Urteil ist der öffentliche Zweck nicht gegeben, wenn PRAKTISCH allein Gewinnerzielungsabsicht das kommunale Handeln trägt.
Hallo Herr Meidert
Da möchte ich mich aber gerne nochmal einklinken.
Sie schreiben:
(Zitat)- Wer die Geschwindigkeit des OB-Handelns kritisiert, liegt damit meines Erachtens so falsch nicht. Aber zu beachten ist auch, dass das Zeitfenster für eine solche Investition tatsächlich nicht über Jahre oder viele Monate offen ist. Es ist begrenzt. Ob es so begrenzt ist, wie Herr Burchardt behauptet, kann ich nicht präzise genug einschätzen.(Zitat Ende)
Das habe ich – für meinen Teil – mehr als beachtet!
Als Körperschaft des öffentlichen Rechts und Vertagspartner kann die Stadt Konstanz – bei zielgerichteten Verhandlungen – ebenfalls eine Vertragsklausel mit einem Vorkaufsrecht – vorbehaltlich einem vorausgegangenen Bürgerentscheid vereinbaren.
Eine Bürgerbefragung darüber wäre noch vor den Sommerferien realisierbar gewesen. Wir reden hier also von einem Zeitfenster von 8 bis 12 Wochen!
Meines Wissens gab es keine weiteren potentiellen Käufer für dieses Zweckgebäude und dadurch auch keinen verhandlungsbedingten Zeitdruck!
Was die Entscheidung dafür oder dagegen angeht, habe ich mich persönlich ja schon dazu geäußert.
Was mich allerdings sehr enttäuscht ist vielmehr der Umstand, das hier ein extrem kleines Zeitfenster suggeriert wurde um eine solche Entscheidung ad hoc und vor den GR Wahlen herbeizuführen!
Besonnene Kommunalpolitik mit dem Fokus auf Bevölkerung und die breite Tragfähigkeit solcher Projekte sieht für mich anders aus.
Abgesehen davon, steht hier Herr Burchhardt im Wort!
Lieber Simon,
lieber Herr Reile,
liebe (leider) anonyme Kommentatoren,
herzlichen Dank für die kritische Auseinandersetzung mit meinem Statement. Einige Punkte darf ich dazu noch anmerken:
– Zum jetzigen Zeitpunkt steht nicht fest, wie die Mietpreise sein werden. Es wird sehr wohl Aufgabe der Stadt (und vor allem auch des Gemeinderates) sein, dafür zu sorgen, dass alle genannten Zielgruppen das Veranstaltungshaus nutzen können. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist eine hohe Auslastung tatsächlich auch bei verhältnismäßig niedrigen Mietkosten die Lösung für eine möglichst kostendeckende Bewirtschaftung des Hauses.
– Simon Pschorr irrt leider, wenn er meint, dass eine Stadt keine Risiken eingehen darf. Das ist sowohl rechtlich nötig, als auch politisch geboten, meine zumindest ist. Es geht dabei nicht um betriebswirtschaftliche Risiken, um Gewinn aus dem veranstaltungshaus zu ziehen. Nein, es geht um einen gravierenden Qualitätsgewinn für die ganze Stadt. Dieser wiederum wirkt sich in mehr Arbeitplätzen, mehr Touristen, mehr Gästen in der Stadt, mehr Bekanntheit und alles in allem am Ende in mehr Steuereinnahmen aus. Diese dann führen dazu, dass die dringend nötige Verbesserung der Bildungsinfrastruktur nicht nur ein Strohfeuer ist, sondern langfristig auf hohem Niveau gehalten werden kann.
– Im Übrigen zählt auch das (nachfrageorientierte) Zurverfügungstellen von Veranstaltungsräumen zur kommunalen Daseinsvorsorge.
– Bzgl. der Zahlen haben Sie natürlich recht, da waren die 14 MEUR ein Tippfehler. Es sind knapp mehr als 17 MEUR. Die genaue Höhe war für meine Argumentation allerdings nicht entscheidend.
– @antares: Ja, die Definition von Unternehmer ist, das Risiko eben nicht genau zu kennen, sondern bewusst ein Risiko einzugehen. Nur darüber ist der Gewinn, den Unternehmer machen, ja auch zu rechtfertigen. Da ich selbst Unternehmer bin und auch selbst schon Investitionsentscheidungen getroffen habe (mal erfolgreich, mal nicht), darf ich mir durchaus entsprechende Aussagen erlauben. Das ist die unternehmerische Realität.
– Meine Formulierung bezog sich auf „wir“ als Stadt Konstanz. Es ist nicht so, dass eine Minderheit oder die Verwaltung das Gebäude kaufen. Mit der klaren Mehrheit im Gemeinderat ist das ein Projekt der Stadt. Das hat vor allem zur Folge, dass wir alle auch bei der zukünftigen Ausrichtung des Gebäudes ein Wort mitzureden haben.
– Um das klarzustellen: Ich habe nicht und ich werde nicht einen sofortigen Bau eines großen Konzerthauses auf dem Freiraum daneben fordern. Im Gegenteil: Wir haben jetzt als Stadt die Aufgabe, dieses veranstaltungshaus mit Leben zu füllen und zu einem Erfolg für die ganze Stadt zu machen. Und wenn wir dann die Möglichkeit und den Bedarf sehen, ein großes Konzerthaus daneben zu bauen, dann bin ich dabei. Wünschen würde ich mir das, aber machen sollten wir das erst, wenn wir den Erfolg des Veranstaltungshauses sehen.
– Wer die Geschwindigkeit des OB-Handelns kritisiert, liegt damit meines Erachtens so falsch nicht. Aber zu beachten ist auch, dass das Zeitfenster für eine solche Investition tatsächlich nicht über Jahre oder viele Monate offen ist. Es ist begrenzt. Ob es so begrenzt ist, wie Herr Burchardt behauptet, kann ich nicht präzise genug einschätzen.
– @Herrn Reile: Da die Freiburger Schule (Ordoliberalismus) zum Neoliberalismus zählt, liegen Sie völlig richtig: Ich bin neoliberal. Diese Form des Neoliberalismus war die geistige Grundlage der sozialen Marktwirtschaft, die ich grundsätzlich für ein nach wie vor wünschenswertes Erfolgsmodell halte. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich irgendwelche Interessen bezüglich des IHK-Umzugs habe. Meine Kontakte zur IHK resultieren daraus, dass die IHK Ansprechpartner für mich im Rahmen meiner Tätigkeit als KfW-Gründungscoach ist. Ich bin dafür aber nicht auf deren Wohlwollen angewiesen. Meine Aussagen bezogen sich auch keineswegs auf die IHK, sondern lediglich auf das Veranstaltungshaus.
– Auch brauche ich für mein Geschäft nicht die Nähe zur Stadt. Viele meiner Kooperationspartner und Kunden sitzen überhaupt nicht in Konstanz, sondern verteilen sich auf ganz Deutschland. Mein Geschäftsmodell ist auch in keiner Weise auf Kooperationen mit Gemeinden angewiesen. Wo sind denn bei Gemeinden „Fleischtöpfe“? Die sucht nicht nur der Kämmerer vergeblich. Insofern sehe ich mich höchstens als Lobbyist für ein modernes, vielfältiges und leistungsfähiges Konstanz.
– Ihre Aussagen zu meiner Rolle beim JFK haben mich schmunzeln lassen: Glauben Sie wirklich, dass die starken Charaktere und tollen Denker, die auf der Liste des JFK stehen, sich von mir an der Nase herum führen lassen? Nein, selbst wenn ich das wollte, das ist mit denen nicht zu machen. Will ich aber auch nicht. So funktioniert Demokratie nicht. Davon bin ich fest überzeugt und handele entsprechend.
– Das Motto meiner Aussage war nicht „probieren und wenn es schief geht, wird schon wer zahlen“. Es ist völlig klar, wer das zahlt: Wir alle, denn das Geld der Stadt Konstanz ist unser aller Geld. Deshalb ist es sehr wohl richtig, die Investition gut zu prüfen und zu hinterfragen. Auch mag es sogar richtig sein, das Projekt wegen des Zeitdrucks abzulehnen. Das kann ich mangels Informationen als Nicht-Gemeinderat nicht abschließend beurteilen. Das heißt aber nicht, dass es unverantwortlich ist, Entscheidungen mit einem – überschaubaren – Restrisiko zu treffen. Denn – so meine Argumentation – ein Restrisiko gibt es immer. Manchmal ist das meines Erachtens viel zu hoch (zum Beispiel Atomkraft), dann sollte man das Projekt auch nicht eingehen. Wenn das Restrisiko aber überschaubar ist, dann muss man sagen, aus welchen inhaltlichen Gründen man dagegen ist. Das Restrisiko alleine kann dann nicht mehr das Argument sein.
– Was mir aber wichtig wäre: Ihre Antwort ist überwiegend ein persönlicher Angriff auf mich (und leider nicht der erste auf Mitglieder des JFK, was ich menschlich sehr schade finde), nicht aber eine inhaltliche Auseinandersetzung mit meinen Argumenten, noch weniger mit meiner Frage an Sie. Wie sehen denn genau Ihre Kriterien aus, bei deren Erfüllung Sie einem Veranstaltungshaus und der entsprechenden Investition zustimmen würden? Mir geht es ausschließlich um diese sachliche Auseinandersetzung, die ich für notwendig und reizvoll halte. Mit Polemik, die ich genau deshalb versucht habe, zu vermeiden, kommen wir ja inhaltlich nicht weiter. Und nur dagegen ist ja auch keine Position.
Abschließend darf ich anmerken, dass weder ich, noch das Junge Forum Konstanz (für das ich mit meinem Kommentar nicht gesprochen habe, dieser Kommentar war rein privat) meines Erachtens dem bürgerlich-konservativen Lager zuzurechnen sind. Es sei denn, jeder, der nicht explizit weit links ist, gehört dort hin.
Viele Grüße, immer noch unternehmerische und auch immer noch sehr freundliche,
Ihr Moritz Meidert
Herr Meidert,
Da Sie mich persönlich ansprechen, hier meine kurze Antwort auf Ihren Kommentar. Zusammengefasst lautet Ihre zentrale Aufforderung zum Thema Centrotherm/Veranstaltungshaus: „Gehen Sie mit uns ins unternehmerische Risiko“. Von Ihnen hätte ich nichts anderes erwartet, sind Sie doch hauptberuflich als Unternehmensbegleiter und Prozessmoderator unterwegs und erklären öffentlich: „Als Mitglied der Wirtschaftsjunioren halte ich Kontakt zu Jungem und Neuem. Darüber hinaus stehe ich in regem Kontakt mit der IHK Bodensee-Hochrhein“. So gesehen erfüllen Sie so ziemlich alle Voraussetzungen, die ein neoliberaler Lobbyist und Lautsprecher auch haben muss. Frei nach dem Motto: Jetzt wagen wir was und wenn es schief geht, wird sich schon jemand finden, der das zahlt. Wer dieser Maxime folgt, handelt meiner Meinung nach unverantwortlich. Dass Sie in Ihrer Position noch gerne etwas näher an die vermeintlichen Fleischtöpfe wollen, ist dann nur logisch. So haben Sie sich das Junge Forum Konstanz ausgesucht und stehen da auch auf der Liste für die Kommunalwahlen. Abenteuerlich Ihre Behauptung, die Sie im Netz verbreiten. Das JFK hätte „im Gegensatz zu allen politischen Mitbewerbern einen inhaltlichen Wahlkampf“ gemacht. Ich befürchte, das meinen Sie auch noch ernst. Ihr Kalkül ist durchschaubar: Sie instrumentalisieren für Ihre überwiegend persönlichen Ziele eine Gruppe – ziehen sie im Hintergrund am Nasenring durch die Manege – und hoffen, damit einen Fuß in die kommunalpolitische Türe zu bekommen. Ein schlichtes Konzept und ich hoffe, dass Sie damit nicht durchkommen.
H.Reile
Damit wiederum auch Grundlage für zukünftige Investitionen vor allem in unsere Bildungsinfrastruktur ( beginnend mit der Betreung und Bildung unserer Jüngsten )
@ MM
so viel Dummheit gehört eigentlich bestraft!!!! Man kann nur noch kotzen! ob Politik im kleinen oder in Berlin, die Bürger haben so langsam die Schnauze wirklich voll von diesen unfähigen Lobbyverseuchten Lügnern! Ich hoffe am Wochenende werden sie alle abgestaft, auch in Brüssel!
Man kann beide Partein – die, der Befürworter und die, der Gegner verstehen.
Ich persönlich halte es für ein Prestigeobjekt der Stadt Konstanz – und trotzdem bin ich dafür.
Der Standort ist verkehrsstrategissch der Allerbeste, welcher in Konstanz – auch und gerade in der Zukunft – zur Verfügung steht. Eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur wird es in Konstanz nicht geben, weshalb dieser Standort das Optimum für Konstanz darstellt.
Allerdings hat Herr Pschorr schon recht wenn er schreibt, das Schulen, Vereine oder z.B. die Uni dieses Veranstaltungsgebäude bei kostendeckender Bewirtschaftung nicht nutzen werden können.
Denn bei kostendeckender Bewirtschaftung würde die Anmietung der Räumlichkeiten so hoch ausfallen, das sich diese das schlichtweg nicht leisten könnten. Somit würden vermutlich weniger als 12 große Veranstaltungen im Jahr abgehalten, welche ebenfalls zu keiner Kostendeckung führen würden.
Würden die Kosteen für die Anmietung niedrig gehalten, wäre das Gebäude zwar deutlich höher frequentiert – aufgrund der niedrigeren Einnahmen pro Veranstaltung und der dadurch höheren Ausgaben für Energie und Erhalt der genutzten Infrastruktur aber ein höheres Defizit anfallen.
Es werden also in jedem Fall enorme Folgekosten für Personal, Energie und für die technische Infrastruktur und Werterhalt des Gebäudes selbst entstehen, welche sich so auf rund 10% des Kaufpreises belaufen werden – und das jährlich.
Deshalb halte ich es auch für ein reines Prestigeobjekt der Stadt Konstanz, für die neben dem Kaufpreis und den anfallenden Umbauinvestitionen die hohen Folgekosten aus dem Haushalt der Stadt Konstanz aufgebracht werden müssen.
Was mich allerdings mehr stört – ja fast schon extrem – ist, das Herr Burchard dieses, sein Projekt so kurz vor den Wahlen eines neuen GR so „one man Show“ artig durchpeitscht.
Aus meiner Sicht ist hier weder die damals von ihm in Aussicht gestellte Transparenz gegenüber der Bevölkerung noch das Versprechen einer höheren Bürgerbeteilligung gehalten worden.
Das war sein Wahlprogramm, dafür erhielt er eine politische Mehrheit die ihn zu unserem Bürgermeister machte.
Das nehme ich diesem OB schon etwas übel – den ich allerdings nicht gewählt habe – von dem ich aber doch etwas mehr Mut erwartet hätte.
Werter MM!
Sie werfen unter anderem die Frage auf, warum WIR das Geld für das Centrotherm-Gebäude ausgeben. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, daß der Feudalismus trotz Ihrer Wiederbelebungsversuche das Zeitliche gesegnet hat. Es ist zudem sinnlos, durch die Rhetorik der „WIR“-Masche vermeintlich Unentschlossene einfangen zu wollen. Die Leser dieses Portals rekrutieren sich in der überwiegenden Mehrheit nicht aus der Masse von Heimatblättchenlesern und Stammtischgrölern. Aber zurück zu Ihren Formulierungen: Es läßt sich leicht von „WIR“ faseln, wenn es um das Geld der Einwohnerschaft geht, das Sie dem Bürger abgreifen, um es in Ihrem, wohlgemerkt, IHREM Interesse in ein Projekt zu stecken.
Sie vertreten, wer Sicherheit verlange angesichts der Größenordnung dieser Investition, möchte beschissen werden. – Zeigen Sie mir den Unternehmer, der mit einer derartigen Haltung eine Investition egal welcher Größe tätigt. Der Kapitalismus treibt schon absonderliche Blüten, aber Ihre Sicht der Dinge dürfte kaum dem Regelwerk der BWL entnommen sein. Denkbar wäre allenfalls, sich die Investition vom Bürger finanzieren zu lassen. Aber Gewinn muß mittelfristig schon rausspringen. Selbst wenn das unternehmerische Risiko letztendlich den lieben Arbeitnehmern (ganz große Klasse übrigens, die sich in einer solchen Wortwahl manifestiert) oder Steuerzahlern untergejubelt wird. Diese Methode ist ja bei den derzeitigen Bemühungen der AKW-Betreiber z. B. schon schulbuchmäßig zu verfolgen.
Mal ganz grob behauptet, können wir gerne davon ausgehen, daß zumindest die Lafontainsche Erklärung des Kapitalismus in dieser Ecke von Leserschaft bekannt ist. Die da lautet, daß diese Produktionsweise darauf beruht, andere für sich arbeiten zu lassen, sich daraus einen schönen Lenz zu machen und die so ausgebeuteten Prolls immer mieser zu behandeln. Jaja, schon klar, die Globalisierung; und dieses faule „WIR SITZEN ALLE IM SELBEN BOOT“-„Ideal“, das sich erst aufklärt bei der Frage nach dem Rudern und dem Steuern. Woraus folgt, daß diese Proleten weniger Zeit finden, sich zu bilden, was ihnen wiederum genüßlich in ihre eigene Verantwortung reingeschmuggelt wird. Von den Möglichkeiten politisch/ökonomischer Bildung (ich sage bloß Heimatblättchen) ganz zu schweigen. Daß Sie sich diesem zweifelhaften Ruf aussetzen mit Ihren unternehmerisch mutigen Grüßen, ist Ihr Problem. Ein nicht gerade leichtes.
Sehr geehrter Herr Meidert,
Ihr unternehmerisches Geschick mit all seinen ‚Freiheiten‘ in allen Ehren. Die Stadt Konstanz ist kein Unternehmen, sondern Teil der öffentlichen Hand. Sie ist nicht dazu aufgerufen, Risiken einzugehen, um daraus Profite und Gewinne zu erwirtschaften, sondern im Sinne des Versorgungsgedankens Daseinsvorsorge zu leisten. Dazu gehört in einem angemessenen Maß auch Raum für Meinungsäußerung und Kultur, das ist unbestritten. Dabei ist Spekulation gerade fehl am Platz! Nur mit vorausschauender, sicherer und risikoarmer Planung kann die Stadt ihrem Auftrag nachkommen.
Dies zeigt gerade ein weiteres grundlegendes Strukturprinzip öffentlichen Wirtschaftens: Soweit Kommunen nach der GemO die Möglichkeit zum Betrieb eigener Unternehmen eingeräumt wird, so verbietet sie ihr, dadurch Gewinne abzuschöpfen und damit ihre Finanzen aufzubessern, sondern zwingt sie zur schwarzen Null.
Den meisten, die Ihrer Meinung nach vom Bau des Centrotherm-Gebäudes profitieren werden, wird der Zugang zu diesem Haus verwehrt bleiben: Die Universität steht jetzt schon tief in den roten Zahlen, Landesmittel werden von Grün-Rot weiter verkürzt – die fällt als Mieter schon mal raus. Schulen haben eigene Räume und ebenfalls sehr beschränktes Budget. Darüber hinaus erscheinen Veranstaltungsräumlichkeiten in den geplanten Größen auch keinesfalls für Schulen nutzbar, die Räumlichkeiten im Kleinformat brauchen, solange nicht geschlossen alle Schüler an einer Veranstaltung teilnehmen. Für Konstanzer Vereine werden die Mietpreise ferner Liefen liegen – andernfalls wird sich das Veranstaltungshaus niemals tragen lassen. Die Einzigen, denen dieses Veranstaltungshaus zugute kommt sind die von Ihnen so hochgelobten ‚Privaten und Unternehmer‘, also eindeutig Ihre Klientel. Ehrlichkeit wäre hier angebracht, nicht nur Augenwischerei.
Einen von Ihnen kolportierten Testlauf wird es nicht geben. Schon am Donnerstag schrien die konservativen Fraktionen lauthals nach dem sofortigen Bau eines Konzerthauses direkt nebenan. Ich bin mir sicher, keine drei Monate nach der Wahl wird auch dieses Konzept zur Debatte stehen. Man hat ja gesehen, zu was die Verwaltung plötzlich im Stande ist, wenn der Oberbürgermeister es herbeisehnt. So, wie Sie hier argumentieren, werden Sie sich in die Reihen derer einfinden, die nicht denken und dann kaufen, sondern lieber Chancen nutzen und dann auf die Schnauze fliegen.
Dies zeigt sich insbesondere bei Ihrer Kenntnis von den Kosten: Die Stadt wird mit 17,3 Mio. belastet werden, nicht dem Kaufpreis von 14 Mio., den sie sich im Gegensatz zu den horrenden Innenausbaukosten mit der IHK teilt.
Wieder einmal zeigt sich: Mit der JFK kann nichts anderes als eine weitere konservative Fraktion in den Gemeinderat Einzug finden. Als ob es davon nicht schon genug gäbe…
Sehr geehrter Herr Reile,
so sieht ein aufrechter Nicht-Umfaller aus, da haben Sie Recht: Von Anfang an dagegen und durch nichts zum Umfallen zu bewegen. Das ehrt sie.
Nicht ehrt Sie allerdings, dass Sie neben der Forderung nach der Verlangsamung meines Wissens nach bis heute nicht die Kriterien genannt haben, die Sie an die Investition legen würden. Klar, 14 Mio. EUR (die am Ende vielleicht auch nicht reichen mögen) sind verdammt viel Geld. Die Frage ist aber doch, warum wir es ausgeben.
Ich meine, es gibt für Konstanz als Wissenschafts- und Tourismusstadt sehr viele und sehr gute Gründe, in ein Veranstaltungshaus zu investieren. Ich meine, diese Investition ist eine Investition in den Wirtschafts-, Wissenschafts- und Tourismusstandort und damit eine Investition in die zukünftige auch finanzielle Stärke von Stadt und Region. Damit auch wiederum Grundlage für zukünftige Investionen vor allem in unsere Bildungsinfrastruktur (beginnend mit der Betreuung und Bildung unserer Jüngsten).
Investitionen, wie diejenige ins Veranstaltungshaus, sind meiner Meinung nach unerlässlich für eine zukunftorientierte Stadt wie Konstanz.
Was nicht heißt, dass man sich eventuell etwas mehr Zeit hätte geben können. Aber dennoch halte ich die Entscheidung inhaltlich für sinnvoll. Und Sie?
Und ja, diese Investition ist der Lackmustest für die Akzeptanz eines dann größeren Komplexes mit Kultur- und Kongresshalle. Wir können die Akzeptanz des Standortes Seerhein im speziellen und von Konstanz im Allgemeinen mit diesem Veranstaltungshaus testen. Ohne dabei zu viel Risiko zu haben, da auch sehr viele Konstanzer Vereine, Schulen, Hochschulen, Unternehmen, Private und Institutionen froh über das Veranstaltungshaus sein werden.
Und wenn wir dann merken, dass sie auch die weitaus größere Investition allem Anschein nach rechnen wird, dann finde ich eine auf A folgt B Argumentation auch nicht schlecht. Vorausgesetzt eben, dass sie real auf der Erfahrung mit dem Veranstaltungshaus beruht und nicht als „gottgegeben“ angesehen wird.
Ein Hinweis noch zum Thema Investitionen: Wer „Sicherheit“ oder ähnliches im Vorfeld verlangt, der möchte beschissen werden! Es gibt KEINE Sicherheit bei Investitionen dieser Größenordnung. Auch wenn man länger nachdenkt, wird die Sicherheit in der Regel nicht höher, eher steigt das Risiko.
Deshalb haben viele Argumentatoren meines Erachtens durchaus Recht, wenn sie sagen, dass man auch als Stadt unternehmerische Risiken eingehen muss. Insbesondere, wenn über den grundsätzlichen Bedarf seit vielen Jahrzehnten weitgehende Einigkeit besteht!
Deshalb: Seien auch Sie einmal mutig und gehen mit ins unternehmerische Risiko. Je stärker wir alle hinter dem Veranstaltungshaus stehen und der Stadtverwaltung kritisch-konstruktiv (!) auf die Finger schauen, desto eher wird das Veranstaltungshaus ein Erfolg. Für alle in der Stadt.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und verbleibe
mit freundlichen, unternehmerisch mutigen Grüßen,
Ihr Moritz Meidert