Unis im digitalen Neuland

Eine bundesweite Studie des DZHW und der Uni Konstanz hat die pandemiebedingte Digitalisierung der Lehre an Universitäten und Hochschulen untersucht. Dabei haben die verschiedenen Lehrformate unterschiedliche Auswirkungen auf den Erfolg der Lehre. Spoiler: Videokonferenzen sind nicht so gut wie Seminare in Präsenz, aber allemal besser als Aufgabenblätter. Und über Videomitschnitte von Veranstaltungen könnte man auch mal für nach der Pandemie nachdenken, die lassen sich nämlich zurückspulen.

Die Corona-Pandemie hat auch an den Hochschulen und Universitäten ihre Spuren hinterlassen. Dazu haben die AG Hochschulforschung der Universität Konstanz und das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) eine bundesweite Befragung „Studieren zu Zeiten der Corona-Pandemie“ ausgewertet. Diese untersucht die Studiensituation der Studierenden und welchen Einfluss unterschiedliche angebotene Lehrformate auf deren Motivation, Beteiligung und Erfolge haben. Sie hat dazu am 25. Januar ihre neueste Veröffentlichung vorgelegt, die auf der Homepage des DZHW zusammen mit ihren früheren Untersuchungen zur Pandemie einsehbar ist.

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Studierende im Vorteil

Dabei ist die generelle Bewältigung der Pandemie durch die Hochschulen hinsichtlich der Bereitstellung von Lehrangeboten insbesondere im Vergleich zu den anderen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen eher positiv. Natürlich kann man davon ausgehen, dass Studierende für gewöhnlich in Sachen eigenständiges Arbeiten und Selbststudium fitter sind als SchülerInnen und dazu weniger Hilfe beim Einrichten einer Videokonferenz benötigen als Kindergartenkinder. Entsprechend liefen nach nur wenigen (insbesondere technischen) Startschwierigkeiten die Veranstaltungen in digitalen Seminarräumen sowie mittels aufgezeichneter Video- und Audiomitschnitte an – der Präsenzbetrieb wurde in kürzester Zeit digitalisiert.

Doch die konkrete Ausgestaltung des digitalisierten Lehr- und Lernbetriebs differierte erheblich: Ein Großteil der Veranstaltungen fand als Videokonferenz statt, knapp 60 Prozent der Studierenden wurden überwiegend Lehrmaterialien bereitgestellt, 54 Prozent erhielten Aufgaben und 52 Prozent Videoaufzeichnungen. Für gewöhnlich wurden dabei Formate gekoppelt. Das ist nicht verwunderlich, hat doch der Online-Semesterapparat schon längst in den meisten Lehrformen an den Hochschulen Einzug gehalten, um Materialien, Literatur, Skripte und Aufgaben bereitzustellen.

Kontakte erschwert

Dennoch hat sich laut der Befragung die Situation der Studierenden verschlechtert, was angesichts der kurzfristigen Maßnahmen und der generellen Situation auch wenig verwunderlich ist. So fällt das Knüpfen und Aufrechterhalten von Kontakten den meisten (86 Prozent) der Studierenden schwer, dazu kommt die verschlechterte Koordination innerhalb von Lerngruppen und mit den Lehrenden. Dieser erschwerte Austausch hat Konsequenzen auf die psychische Situation der Studierenden und damit mittelfristig auch auf die Unzufriedenheit mit dem Studium und potentielle Abbrecherquoten. Die meisten Befragten empfanden die vermehrte Eigenverantwortung im Studium als Herausforderung, einige wenige aber auch als Chance auf einen flexibel gestalteten Tagesablauf, die dazu führte, dass sie den Veranstaltungen häufiger beiwohnten.

Die Studie erarbeitete dabei im Kontext der Pandemie insbesondere den Zusammenhang zwischen digitalem Lehrformat und individueller Lernsituation. Denn eine Verschlechterung letzterer habe potenziell Auswirkungen auf Studienleistungen und die Fortführung des Studiums. Videokonferenzen hätten direkte positive Auswirkungen auf Lernverhalten, Bewältigung des Stoffs und Prüfungsvorbereitung. Sie ermöglichten Kontaktaufnahmen und Absprachen der Teilnehmenden und können die Diskussionsatmosphäre im Seminar, wenn schon nicht ersetzen, dann wenigstens eine temporäre Zwischenlösung bieten: Online-Kontakt ist besser als gar kein Kontakt. Die Aufzeichnung von Veranstaltungen und Videokonferenzen habe dabei ähnlich positive Auswirkungen: Sie ermögliche es nämlich, Lehrmaterialien unabhängig von festen Terminen zu bearbeiten und zu sichten. Außerdem könne das Material in Etappen bearbeitet und mehrfach gesichtet werden, um gezielt Schwachpunkte auszumerzen und Problemstellen zu beheben. Würden jedoch nur Aufgaben bereitgestellt, gestalte sich die Vermittlung von Lerninhalten eher problematisch.

Geringerer Lernerfolg

Auch wenn also digitale Lehre an den Hochschulen und Universitäten stattfindet, hat deren spezifische Ausgestaltung unbedingte Konsequenzen auf Teilnahmebereitschaft und Lernerfolge. Die häufig angebotenen Onlinekonferenzen wurden von den Studierenden als positiv wahrgenommen, weil sie ein Stück weit „Normalität“ und Austausch mit KommilitonInnen und Dozierenden ermöglichen. Sie können entsprechend die schwierigere Situation der Studierenden erleichtern. Die eher positiven Ergebnisse der Befragungen sind allerdings immer relativ zu denjenigen vor der Pandemie zu sehen. Im Vergleich zu diesen sind Zufriedenheit und Lernerfolg nämlich geringer.

Auch wenn die Studie an Dozierende die Aufforderung richtet, sich vorrangig auf videobasierte Formate und Betreuungsmöglichkeiten zu konzentrieren, können diese die althergebrachten Lehrformen nicht ersetzen. Sie sind ja vorerst auch nur erzwungenes Experiment und auf Zoom diskutiert es sich mit wackelnder Internetverbindung und mäßiger Tonqualität auch einfach schlechter als im Seminarraum.

MM/jh (Bild: Universität Konstanz)

Weitere Informationen:
DZHW-Brief