Unter den Dächern von Konstanz brodelt es doch nicht

Seit 2008 wird die Konstanzer Bürgerbefragung regelmäßig durchgeführt. Obwohl die abgefragten Themenschwerpunkte sich von Jahr zu Jahr verändert haben, bleibt es das Hauptziel der Befragung, die Zufriedenheit der KonstanzerInnen sowie ihre Lebensqualität zu messen, so schwer so etwas auch zu erfragen und zu messen sein mag. Am Donnerstag werden die Ergebnisse der jüngsten Studie 2021 dem Gemeinderat präsentiert.

Bei der Konstanzer Bürgerbefragung arbeitet die Stadt Konstanz mit Prof. Dr. Thomas Hinz und den wissenschaftlichen MitarbeiterInnen des Arbeitsbereichs Empirische Sozialforschung der Universität Konstanz zusammen. Die Studie versteht sich als wichtiger Gradmesser für die Zufriedenheit der KonstanzerInnen.

2021 war Corona-Jahr

Im letzten Jahr fand die Bürgerbefragung natürlich komplett online statt, und am Ende beteiligten sich 1.785 KonstanzerInnen, etwa ein Viertel der angefragten Menschen, was eine beachtliche Zahl ist. „Eingeladen zur Befragung wurden die bereits registrierten Panelisten [Teilnehmer vorheriger Befragungen, die sich zur erneuten Teilnahme bereiterklärt hatten, seemoz] und zusätzlich 5.000 zufällig ausgewählte KonstanzerInnen. Um der bisherigen Unterrepräsentation von BürgerInnen mit ausländischer Staatsangehörigkeit entgegen zu wirken, wurden diese verstärkt in die Zufallsauswahl aufgenommen. Zusätzlich waren Anschreiben, Informationsmaterial und auch der Fragebogen zweisprachig verfasst, neben Deutsch Englisch, Italienisch, Kroatisch oder Türkisch. Hierdurch konnte der Anteil von Personen nichtdeutscher Nationalität auf 11,8% gesteigert werden (vorher nur 5,3%).“ Immerhin behaupten die SozialforscherInnen, es sei ihnen gelungen, die tatsächliche Bevölkerungsstruktur „weitgehend“ widerzuspiegeln.

Einige Fragen galten natürlich Corona. „Ein Großteil der Befragten (81 Prozent) gibt im November bzw. Dezember 2021 an, in der Familie oder im Freundes-, Bekannten- oder KollegInnenkreis mindestens eine Person zu kennen, die positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Ein Jahr zuvor waren es 63% gewesen, während im März 2020 nur jede/r Sechste einen positiv getesteten Menschen kannte. Aber es kam noch schlimmer: „Etwa ein Viertel der Befragten (24 Prozent) kennt im persönlichen Umfeld eine Person, die in Folge von COVID-19 verstorben ist.“

Angesichts dieser Zahlen ist es kein Wunder, dass die Mehrheit der Befragten eine Impfpflicht zumindest für bestimmte Gruppen begrüßen würden: „Deutlich über die Hälfte der Befragten aller Altersgruppen – in der ältesten Altersgruppe knapp 80 Prozent – befürwortet eine Impfplicht für bestimmte Gruppen (wie Pflegepersonal, Lehrkräfte, VerkäuferInnen, etc.). Lediglich 1 Prozent der mindestens 60-Jährigen lehnt Impfungen pauschal ab.“

Die Einschränkungen der Bewegungs- und Versammlungsfreiheit fanden allerdings keine ähnlich einmütige Unterstützung wie die Impfpflicht. „Über die Hälfte der Befragten ist der Meinung, dass sich die demokratischen Institutionen in der Coronapandemie bewährt haben (58 Prozent „trifft voll und ganz zu“ oder „trifft eher zu“).“ Mehr als zwei Drittel der Befragten hielten die Einschränkungen für „wohl begründet“. 17 Prozent der Befragten sehen die Demokratie in Deutschland durch die Einschränkung von Grundrechten geschwächt. 24% der Befragten gingen die Einschränkungen allerdings zu weit.

Die Seuche hat aber nicht nur den Umgang untereinander verändert, sondern auch spürbare wirtschaftliche Auswirkungen. Nicht nur die Stadtkämmerei und der Rest der Verwaltung blasen Trübsal, auch 18 Prozent der Befragten gaben an, während der Pandemie zumindest vorübergehend Einkommensverluste erlitten zu haben.

Kulturelle Vielfalt als Gewinn

Identitäre Theorien finden unter den Befragten scheint’s keinen großen Rückhalt. Immerhin rund drei Viertel stimmen der Aussage „Eine Gesellschaft mit einem hohen Ausmaß an kultureller Vielfalt ist eher dazu befähigt, neue Probleme in Angriff zu nehmen“ zu. Dagegen finden 21% die Aussage „Es ist besser für ein Land, wenn alle Menschen einer gemeinsamen Kultur angehören“ richtig, und was diese beiden Aussagen anbelangt, haben Menschen mit und Menschen ohne Migrationshintergrund fast identische Zustimmungs- und Ablehnungswerte. Der Ausländeranteil in Konstanz wurde übrigens von beiden Gruppen deutlich höher eingeschätzt, als er wirklich ist, er liegt bei 16% der Bevölkerung.

Auch die Kontakte in der Nachbarschaft werden von Befragten mit und ohne Migrationshintergrund fast gleich intensiv gepflegt – 29 bzw. 26 Prozent der Befragten unterhalten enge oder sehr enge nachbarschaftliche Kontakte. Insgesamt sind auch beide Gruppen zu etwa gleichen Anteilen mit den Kontakten in ihrer Nachbarschaft zufrieden: 62% Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund und 66% der Menschen mit Migrationshintergrund halten das Miteinander zwischen Deutschen und Personen anderer Nationalität in der Nachbarschaft für gut oder sehr gut. Ähnlich gut kommen auch junge und alte Menschen miteinander aus, wobei allerdings unter den Jungen nur 51% diese Kontakte als gut oder sehr gut einschätzen, unter den Älteren hingegen 68%. Rund drei Viertel der Befragten vermuten, dass ihre Nachbarn bereit wären, während ihres Urlaubs die Blumen in ihrer Wohnung zu gießen.

Zufriedene Menschen

Kurzum, die Mehrheit der KonstanzerInnen fühlt sich hier pudelwohl. Die Werte schwanken zwar über die Jahre leicht, lassen aber stets eine große Zufriedenheit erkennen. Auf die Frage „Wie zufrieden sind Sie persönlich in der Stadt Konstanz zu leben?“ gaben nur 15% Unzufriedenheit zu Protokoll. Auch die Lebensqualität wird überwiegend als gut empfunden, differiert aber zwischen den Stadtteilen. In Wallhausen und Allmannsdorf schätzen sie 89% als sehr oder überwiegend gut ein, in den Elendsgebieten Fürstenberg und Wollmatingen sind es nur 77%, in Dingelsdorf gar schlappe 72%. Ein Dorf, das dem allgemeinen Wohlgefallen entschiedenen Widerstand entgegensetzt?

Immerhin wissen viele KonstanzerInnen aber auch, was sie sich von der Verwaltung wünschen: Ihnen liegen zu mehr als 80% Themen wie der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, Investitionen in die Digitalisierung vor allem der Verwaltung, städtische Klimaschutzmaßnahmen, der Ausbau des Fahrradwegenetzes und der Pflegeeinrichtung oder die Förderung genossenschaftlichen Wohnens am Herzen.

Die Studie können Sie hier lesen. Weitere Informationen finden Sie hier.

Text: O. Pugliese; Bild: Screenshot aus der Studie