VCD beschließt Klima-Kompromiss für Stuttgart21

Die Diskussion um Stuttgart21 ist noch lange nicht verstummt. Jetzt hat der VCD (Verkehrsclub Deutschland) Baden-Württemberg die Konstanzer Forderung nach einem Klima-Kompromiss für Stuttgart21 auf seiner Landesdelegierten-Versammlung mit knapper Mehrheit gutgeheißen.

Hier eine Mitteilung zur Entscheidung des VCD-Landesverbands:

Der Kreisverband Konstanz hatte im März mit überwältigender Mehrheit die naheliegendste Lösung für das Dauer-Problem Stuttgart21 und die dadurch drohende jahrzehntelange Abhängung der unserer Region vom Stuttgarter Hauptbahnhof gefordert:

Den unterirdischen Durchgangsbahnhof als auch den vorhandenen Kopfbahnhof kombinieren!

Damit wäre ein komfortabler Anschluss an den Stuttgarter Hauptbahnhof durchgehend gesichert, gäbe es für mögliche Probleme beim Tunnelbahnhof eine Sicherheitsreserve und für die klimanotwendige langfristige Vervielfachung des Schienenverkehrs die Kapazitäten, die der Tunnelbahnhof auch bei optimalster Digitalisierung nicht bietet.

Besonders stellt der Konstanzer Antrag heraus, dass die Dramatik der Klimafrage, die beim Beschluss über S21 so nicht bekannt war, es nicht zulässt, dass täglich Tausende von Bahnreisenden durch die Abhängung vom Stuttgarter Hauptbahnhof dazu genötigt werden, wieder das Auto zu benutzen – und zwar für Jahrzehnte. Das ist nicht akzeptabel angesichts der dadurch auf Dauer emittierten Mengen an Klimagasen – aber auch aus Prinzip nicht:

Wie kann den Menschen beim Heizen große Anstrengungen zugemutet werden, wenn die Stadt Stuttgart aus alten Gewinnerwartungen heraus das genaue Gegenteil demonstrieren darf.

Auf der Landesdelegierten-Konferenz des VCD (Verkehrsclub Deutschland mit 55.000 Mitgliedern bundesweit) unterstützte eine knappe Mehrheit diese entschlossene Klima-Ausrichtung des VCD mit 17 zu 15 Stimmen. Der Kreisverband Konstanz fühlt sich dadurch ermutigt zusammen mit Umweltverbänden und Klima-Initiativen für die Erhaltung des Gäubahn-Anschlusses zu mobilisieren.

Der VCD-Baden-Württemberg schlägt vor:

Klima-Kompromiss für Stuttgart 21

  • „Unten“ und „Oben“ kombinieren!
  • Dadurch einen sicheren und komfortablen Bahnverkehr für ganz Baden-Württemberg aufrechterhalten!
  • Und 10 Jahre klimafeindliches Umsteigen von der Schiene auf die Straße vermeiden

Der VCD-Baden-Württemberg stellt fest:

Seit der Volksabstimmung über Stuttgart21 haben sich nicht nur die Baukosten vervielfacht und hat sich das ursprüngliche Konzept zumindest hinsichtlich des Anschlusses der Gäubahn als Fehlplanung entpuppt, sondern ist mit dem extrem gewachsenen Klima-Bewusstsein und den offiziellen Klimazielen der Bundesregierung eine neue Lage entstanden!

  1. Das langfristige Ziel von mehr als Verdoppelung der Fahrgastzahlen auf der Schiene ist mit den beschränkten Kapazitäten NUR des Tunnelbahnhofs nicht zu leisten!
  2. Das Bewusstsein für die Störanfälligkeit kritischer Infrastruktur ist stark gewachsen und daher der Erhalt des oberirdischen Kopfbahnhofs auch zur Krisenresilienz unverzichtbar.
  3. Die geplante Abhängung der Gäubahn vom Stuttgarter Hauptbahnhof als Folge eines 10 Milliarden teuren Bahnhofprojekts würde täglich Tausende von bisherigen Bahnreisenden ins Auto treiben.

Angesichts dieser neuen Lage fordert VCD-Baden-Württemberg einen KLIMA-KOMPROMISS und appelliert:

  1. An die Gegner von S21: Den nun einmal weitgehend festgestellten Tunnelbahnhof zu akzeptieren – unter der Bedingung, dass wirklich unabhängige Genehmigungsbehörden die sicherheitstechnische Zulassung erteilen.
  2. An die Betreiber des Projekts: Den oberirdischen Kopfbahnhof im Wesentlichen zu akzeptieren und die Pläne so zu ändern, dass oberirdische Zulaufgleise und der Wohnungsbau über diesen Gleisen miteinander vereinbart werden.
  3. An die Stadt und den Regionalverband Stuttgart: Den südlichen Landesteilen weiter einen direkten Bahn-Zugang zum Hauptbahnhof der Landeshauptstadt zu ermöglichen und nicht weiter diese Regionen zu brüskieren.

Der VCD-Baden-Württemberg sieht im Umgang mit der neuen Lage nicht nur eine verkehrspolitische Herausforderung, sondern auch einen klimapolitischen Glaubwürdigkeitstest!

Wir widersprechen der Argumentation vieler Politiker und Politikerinnen mit den vertraglichen und ökonomischen Sachzwängen für ein Weiter-So. Denn wenn einkalkulierte Gewinnerwartungen in Stuttgart einen eklatanten Verstoß gegen die Klimarettung rechtfertigen, warum dann nicht auch überall sonst auf der Welt?

Der VCD-Baden-Württemberg stellt fest: Ein Ja zur zehnjährigen Abhängung vom Stuttgarter Hauptbahnhof und die dadurch verursachten Extra-Emissionen ohne jede Not würde ein Nein zur deutschen Klimapolitik bedeuten, die sich mit der Vorbildwirkung für den Rest der Welt rechtfertigt!

Daher wird der Landesvorstand des VCD beauftragt, möglichst alle klimabewussten Verbände und Initiativen an einen Tisch zu bringen, um für einen Stuttgarter Klima-Kompromiss zu mobilisieren!

Text: MM, Symbolbild: Archiv.