Veranstaltungstempel: Neue Ideen für einen alten Plan?
Eine Leich‘ wird ausgegraben: Ein Musiktheater für Konstanz nennen die Initiatoren ganz unschuldig das Master-Projekt der HTWG-Studierenden, realisiert in enger Zusammenarbeit mit dem Theater Konstanz. Dennoch handelt es sich wohl eher um eine Aufwärmung der alten KKH-Illusion, die am morgigen Donnerstag in der Konstanzer Spiegelhalle präsentiert und diskutiert werden soll. Immerhin: Für eine frühe, breite Information und Diskussion ist gesorgt
Angestoßen durch den Bürgerentscheid gegen das Konzert- und Kongresshaus – am 21. März 2010 von einer Zweidrittel-Mehrheit der abstimmenden Bevölkerung denkbar klar abgeschmettert – wurde das Projekt im Laufe des letzten Jahres von Architekturstudentinnen und -studenten gemeinsam mit ihren Professoren Stephan Romero und Lydia Haack ausgeheckt. Deren Vorstellungen, Ideen und Modelle sollen am morgigen Donnerstag in der Spiegelhalle präsentiert und diskutiert werden.
Die vom Stadttheater organisierte Diskussionsrunde jedenfalls ist pluralistisch besetzt. So sitzen mit Günther Schäfer und Holger Reile zwei führende Köpfe der damaligen Anti-KKH-Bewegung auf dem Podium eingefleischten Befürwortern der einstigen KKH-Pläne gegenüber. Wobei wichtig scheint, daran zu erinnern: Der Protest damals richtete sich nicht gegen ein Konzert- und Kongresshaus an sich, sondern gegen ein Haus solchen Ausmaßes gerade auf Klein-Venedig. Eine offene Diskussion über womöglich kreative Lösungsansätze darf also erwartet werden.
Als Diskutanten sind aufgeboten: Beat Fehlmann, designierter Intendant der Südwestdeutschen Philharmonie, außerdem die Leiter des Master-Projekts, Prof. Stephan Romero und Prof. Lydia Haack, Fakultät Architektur der HTWG Konstanz, Dr. Günther Schäfer, Vertreter der Bürgerinitiative »Nein zu Klein-Venedig«, sowie aus den Konstanzer Gemeinderatsfraktionen Roland Wallisch (FGL), Jürgen Leipold (SPD), Christoph Bauer (FWG), Dr. Heinrich Everke (FDP) und Holger Reile (LLK). Es moderiert Theater-Interndant Prof. Dr. Christoph Nix.
Die Idee eines Konstanzer Hauses für Konzert, Theater, Veranstaltungen noch einmal neu zu denken“ ist die Vision von Christoph Nix. Dem Theater-Intendanten darf wohl die Urheberschaft dieser Initiative zugeschrieben werden. Entsprechend vehement, gar leidenschaftlich dürfte es deshalb in der morgigen Diskussionsrunde zugehen.
Dennoch werden auch die glühensten Verfechter eines neuen Veranstaltungstempels sich vor der entscheidenden Frage nicht drücken können: Wer soll das bezahlen? Trotz aktuell erfreulicher Mehreinnahmen wird der Gemeinderat in naher Zukunft vor gewaltigen Mehrausgaben stehen: Kinderbetreuung und Wohnungsbau verlangen Millionen-Investitionen – gegenwärtig schon wird deshalb über viel geringere Ausgaben wie die für die Begegnungszone oder das Konzilumfeld gestritten. Da muss dann die Frage erlaubt sein: Kann Konstanz sich ein solches Prestigeobjekt wie ein „Haus für Konzert, Theater, Veranstaltungen“ überhaupt leisten? Und will man sich ein solches Projekt leisten, von dem die meisten Konstanzer Bürger gar nicht profitieren werden?
Autor: hpk
Das Programm: 10. Januar 2013 – Spiegelhalle: 17 Uhr: Öffnung zur Besichtigung der Modelle; 18 Uhr: Präsentation der Modelle; 19 Uhr: Podiumsdiskussion
Projektphantasien sind die Gebührenerhöhungen von Übermorgen. Deshalb sind die Befürchtungen hinsichtlich der Konschdanzer Haushaltslage berechtigt und Holger Reile als antimodernistisch, risikoscheu und konservativ darzustellen sind drollig und eine Umdrehung des bisher gängigen Vorwurfs, Linke könnten nicht haushalten und würden zwangläufig zum Bankrott öffentlicher Haushalte beitragen.
Als Diskussionsgrundlage für die Notwendigkeit für ein wie immer geartetes Konzertzentrum müsste allerdings nach wie vor eine Berechtigung des Symphonieorchesters stehen. Ansatzweise wurde diese Diskussion bei der Ratsentscheidung über Fehlmann schon geführt.
Angesichts vielfältiger Probleme wurde vermutlich übersehen, dass die Philharmonie Freiburg bis 2014 aufgelöst wird. Es gibt anscheinend noch Akteure im Lande, die kameralistischen Realitätssinn an den Tag legen . Die letzte Meldung im SK hinsichtlich Freiburg und Philharmonie im hiesigen Monopolblättle war, dass sich Freiburg
auf Grund seiner finanziellen Voraussetzungen eine Philharmonie eigentlich gar nicht leisten könnte.
In Bezug auf Freiburg, das finanziell übrigens besser dasteht als Konschdanz , kommt der Südkurier vom 6. Dezember 2012 zu folgender Einschätzung:
„Für eine Philharmonie dieses Ranges ist Freiburg als Standort einfach zu klein, zumal die Mittel der Stadt ein solches Orchester zu unterstützen, begrenzt sind.“
Pikant dabei ist, dass derselbe SK- Maßstab im Kleinstädtchen Konschdanz nicht angelegt wird. Dabei dürfte nach wie vor die Einschätzung des Regierungspräsidiums aus dem Jahre 2003 zutreffen, dass es um den Zustand des kommunalen Haushalts in Konstanz schlecht bestellt ist.
Offensichtlich stand diese Veranstaltung unter dem Motto “ Nix verstehn in Konstanz“
Der Bürgerentscheid vom März 2010 war doch eindeutig und lässt eigentlich keine Fehlinterpretation zu. (http://www.konstanz.de/rathaus/00749/02580/02613/index.html?lang=de&download=NHzLpZeg7t,lnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z6gpJCDfXx7gmym162epYbg2c_JjKbNoKSn6A–)
Wenn denn so viele Gewerbesteuereinnahmen durch den prosperierenden Einzelhandel zu verfügung stehen – wie behauptet wird – weshalb werden diese dann nicht zweckgebunden zur Finanzierung der Infrastruktur wie P&R und kostenlosem Pendelbussystem von dort in die Innenstadt verwendet? Dann würde auch ein Interessenskonflikt mit den Sportvereinen, wie er an an der Schänzlehalle bei bewirtschaftetem Parkraum zwangsläufig entstehen würde, vermieden werden.
Prinzipiell fände ich auch Gefallen an einer adäquaten Spielstätte für Theater und Philharmonie – allerdings muss der Kosten-Nutzenfaktor stimmen. Zu den Bau- und Unterhaltskosten kommen die rund 600 000€ Verlust der letzten Jahre hinzu und mir ist nicht ganz klar, wie und von wem dies alles bezahlt werden soll.
@ Zuschauer
Ich möchte auch als Zuschauer betonen, dass ich nicht als Befürworter kam. Leider hat auch der SK als Sprachrohr der Initiatoren erneut geblasen und stellt das „große Interesse“ an dieses Diskussion voll im Zeichen der Befürworter.
Wenn jemand kommt und investiert, warum nicht? Aber bei all den Sonderwünschen, Auflagen, Vorschriften und Verboten, die der Gemeinderat, der Gestaltungsbeirat, alle möglichen Gruppen und Initiativen dem Investor dann wieder machen werden? Das macht doch keiner freiwillig mit.
Na, da kommt doch Vertrauen auf, wenn gleich 2 Stadträte, unter deren Ägide der städtische Kulturbetrieb Philharmonie jüngst ein 600 000-Euro-Defizit erwurstelt hat, mit fester Stimme behaupten, die Finanzierung einer Konzerthalle mit „Bilbao-Effekt“ (wie es sich für ein Oberzentrum schließlich gehört) sei mehr als gesichert. Von einem Katastrophenbeispiel wie die Elbphilharmonie natürlich keine Rede.
Wenn’s der Stadt doch so gut geht und die Gewerbesteuereinnahmen stetig steigen (laut Herrn Leipold), warum dann nicht jedes Jahr die überschüssigen 4 oder 5 Milliönchen lässig auf einem Konto parken und in 5 oder 6 Jährchen mit der Realisierung einer Konzert-/(Stadthalle loslegen?
@Zuschauer: Ihr Kommentar ist absolut zutreffend!
Ich fand es etwas befremdlich, dass viele Redner den Zuschauern unterstellten, dass sie gekommen sind, weil sie ein neues Musiktheater wollen. Auch im Südkurier kam das heute so zum Ausdruck. Ist da der Wunsch Vater des Gedanken?
Das könnte symptomatisch sein: Statt die Bürger zu fragen, was sie denn eigentlich wollen, wird ihnen lieber unterstellt, was man selber gerne hätte. Das war bei der letzten KKH-Kampagne so, und da hat anscheindend niemand was draus gelernt.
Ich selbst bin jedenfalls gestern nicht als Befürworter eines neues Musiktheaters gekommen. Allenfalls interessiert mich eine Stadthalle. Und ich habe so einige Gesichter wiedergesehen, die ich von den Gegner-Veranstaltungen her kannte. Statt dessen hat mich interessiert, in wessem Interesse eigentlich diese dreiste Aktion zustande gekommen ist. Denn eigentlich war der Bürgerentscheid ziemlich eindeutig. Und dies nur auf den Standtort Klein Venedig zu schieben, ist wieder so eine Unterstellung.
Ansonsten war das die interessanteste „Theateraufführung“, die ich in letzer Zeit gesehen habe. Nix als großer Zampano, frech zu seinen Podiumsgästen, jovial herablassend zu seinen Mitarbeitern, ein Publikum, gespalten im Klassenkampf, – das ist großes Theater. Mehr davon!
Der Fitzgeraldo des Stadttheaters gab sich gestern alle Mühe, einen neuen Kulturtempel dem bildungsbeflissenen Publikum schmackhaft zu machen. Zugegeben mir gefiel das zuletzt vorgestellte Modell der Architekturstudenten der HTWG Konstanz in Origami Falttechnikstil am besten mit Wassertaxianschluss. Doch soll dafür die Stadtkasse auf Jahre geplündert werden? Ja, wenn dazu endlich die lokale Bourgeoisie zu 100 Prozent selbst haftet!
Normalerweise wird die Moderation einer Diskussion von jemandem übernommen, der nicht selbst involviert ist. Das kann man von Prof. Nix ja nun nicht behaupten. Dass Konstanz ein neues Theater braucht, ist nach der aufwendigen und sicherlich notwendigen Renovierung im altehrwürdigen Stadttheater und den Investitionen in die Spiegelhalle für mich nicht nachvollziehbar.
Eine Spielstätte für die Philharmonie an einem attraktiven und vernünftigen Platz und bezahlbar, das ist sicherlich eine Diskussion wert.
In diese Diskussion muss einbezogen werden, welche Prioritäten sich Konstanz für die Zukunft setzen will und da gibt es noch eine ganze Menge anderer Themen.
Eine Antwort auf ihre Frage:
bezahlt wird durch wirtschafts-politisch niedrige Zinsen und eine gehoffte Inflation, also Schuldenerlass durch Geldentwertung.
In der Tat steht die Stadt auch in Konkurrenz zu anderen Städten in Dt. und der CH, wobei nach meiner Einschätzung eher diejenige Stadt den Zuschlag erhält, die die besten Infrastrukturen hat.
In Dt. herscht eher das Ziel, wer die meisten Infrastruktur-Investitionen vermeidet oder gar nicht mehr wahrnimmt: Sozialwesen erscheint eher als fiktiver Medienbegriff. Das deutlichste Beispiel sind die fehlenden Studenten-Wohnungen; die Wertschätzung einer Elit-Uni erschien sehr gering.