Verständigung, Integration, Freu(n)de

Ein Projekt, das die Universität Konstanz gemeinsam mit anderen Institutionen aus der Region initiiert hat, wurde vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg mit einem Preis für offene Wissenschaft ausgezeichnet. Ziel ist es, geflüchteten Menschen den Zugang zum Bildungs- und Arbeitsmarkt zu erleichtern. Dabei bilden sich jeweils Zweier-Teams aus Studierenden und Auszubildenden, in denen den Auszubildenden beim Ankommen in Deutschland ganz pragmatisch geholfen wird.

„In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass eine Berufsausbildung in Deutschland insbesondere junge Menschen mit Fluchthintergrund vor erhebliche Herausforderungen stellt“, weiß Elisabeth Maué vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Konstanz. „Das gilt in Bezug auf die deutsche Sprache, die Fachsprache, die berufsschulischen Anforderungen und die Alltagsorganisation, aber auch in Bezug auf Missverständnisse aufgrund kultureller Unterschiede.“

Diese Barrieren will das Projekt „TASK – Tandems von Studierenden und Auszubildenden im Landkreis Konstanz“ zu überwinden helfen, in dem die Universität, das Landratsamt, die Beschäftigungsgesellschaft des Landkreises sowie die Industrie- und Handelskammer zusammenarbeiten.

Wo die Bürokratie an Grenzen stößt

Grundgedanke des Kooperationsvorhabens ist es, Auszubildende mit Fluchthintergrund durch eine kostenlose, individuelle Einzelförderung durch Studierende der Wirtschaftspädagogik bei ihrer Ausbildung zu begleiten. Die Beteiligten fragten sich, was sie für Auszubildende tun können, die keinen Zugang zu staatlich geförderten Maßnahmen haben und wie sie schnell und unbürokratisch dort helfen können, wo es am nötigsten ist – und das ohne immense Kosten. Im Rahmen von TASK wird jeweils eine Auszubildende oder ein Auszubildender an jeweils eine Studierende oder einen Studierenden aus dem Seminar von Elisabeth Maué vermittelt, sie bilden zusammen ein Tandem. Im Wintersemester 2018/2019 gab es 22 solcher Tandems, im Sommersemester 2019 bereits 51. Aktuell arbeiten 24 Tandems zusammen, und das Projekt soll auch im nächsten Semester weitergeführt werden.

Die Auszubildenden lernen dabei genau das, was sie benötigen, um ihre Ausbildung erfolgreich absolvieren zu können. So helfen die Studierenden ihren Partnerinnen und Partnern etwa bei Fragen rund um ihre Ausbildung, bei der Nachbereitung von Unterrichtsstoff, bei der Prüfungsvorbereitung oder durch die Vermittlung von Lernstrategien. Auch wenn Wissenslücken geschlossen werden müssen, beispielsweise in Mathematik, bieten die Studierenden Unterstützung.

Voneinander lernen

Damit wirkt das Projekt auch Ausbildungsabbrüchen entgegen, denn nur ein erfolgreicher Abschluss eröffnet dauerhaft Chancen auf dem Arbeitsmarkt. TASK bietet durch das 1:1-Verhältnis zwischen Auszubildenden und Studierenden außergewöhnliche Möglichkeiten zum Lernen, ermöglicht aber auch einen interkulturellen Austausch.

Die angehenden Berufsschullehrerinnen und -lehrer profitieren ihrerseits von der Erfahrung, Beziehungen zu Menschen mit Fluchthintergrund aufzubauen und Bildungsinhalte verständlich zu erklären. Nicht nur für die Auszubildenden, sondern auch für die angehenden Lehrkräfte ist das eine gute Berufsvorbereitung, denn sie lernen hier, Lernschwierigkeiten zu identifizieren und abzubauen. Während ihrer Arbeit im Tandem werden die Studierenden mit wissenschaftlichen Seminaren, interkulturellem Training, einem Workshop zu Deutsch als Zweit- und Fremdsprache sowie durch Supervision in Kleingruppen unterstützt und begleitet.

„Es ist ein, wie ich finde, sehr wichtiges Anliegen, geflüchtete Menschen, die zu uns nach Deutschland kommen, so gut wie möglich zu integrieren“, erklärt Stephan Schumann, Professor für Wirtschaftspädagogik. „Bildung, in diesem Fall berufliche Bildung, ist dabei von zentraler Bedeutung.“ Es ist ihm als Forschendem ein Herzensanliegen, das [Außenstehenden oftmals ein wenig weltfern erscheinende] universitäre Wissen in diesem Projekt auch in der beruflichen Praxis nutzbringend anzuwenden. Ein echter Gewinn also für beide Seiten.

MM/red

Foto: MWK/Jan Potente, v.l.n.r.: Paul Glaßner (Beschäftigungsgesellschaft Landkreis Konstanz gGmbH), Dr. Elisabeth Maué (Universität Konstanz), Barbara Ette (Landratsamt Konstanz) und Jan Vollmar (Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee).


Weitere Informationen: https://www.wiwi.uni-konstanz.de/task/