„Vertrauen an der Volkshochschule nachhaltig erschüttert“

In einem Offenen Brief wendet sich ein Dozent der Volkshochschule (vhs) an Landrat Frank Hämmerle, den Vorsitzenden der Mitgliederversammlung der VHS Konstanz-Singen: Es geht um menschliches Miteinander an der vhs, um „Vorladungen“ und „Standpauken“, um vertrauensbildende Maßnahmen und wohl auch um Enttäuschungen. seemoz veröffentlicht den Offenen Brief von Dennis Riehle ungekürzt:

Offener Brief: Enttäuschung an Umgangsformen in der Volkshochschule Konstanz-Singen

Sehr geehrter, lieber Herr Landrat,

als Vorsitzender der Mitgliederversammlung der Volkshochschule Konstanz-Singen möchte ich mich heute mit Enttäuschung über die Umgangsweise mit mir als ehemaligem Dozenten an einer der wichtigsten Bildungseinrichtungen des Landkreises an Sie wenden.

Die VHS ist in der Vergangenheit nicht nur durch finanzielle Turbulenzen in die regionalen Schlagzeilen gelangt. Auch aufgebrachte DozentInnen haben von sich hören lassen und teils erhebliche Kritik an den inneren Strukturen der Volkshochschule geübt.

Ich war über mehrere Jahre hinweg als Dozent an der VHS tätig. Von Beginn an begleitete mich ein Misstrauen, das seinen ersten Höhepunkt in einem Vorwurf meiner zuständigen Abteilungsleiterin fand, wonach „einer der Bürgermeister festgestellt habe, dass ich mein Studium nicht abgeschlossen habe“. Bemerkenswert einerseits, dass die Bürgermeister scheinbar darauf aus waren, die Dozenten der VHS auf ihre Abschlüsse hin zu überprüfen und Unklarheiten direkt an die zuständige Leitung weiterzugeben – ohne vorab den persönlichen Kontakt oder die Nachfrage zu suchen. Andererseits ist es empörend, dass ein Bürgermeister anhand meiner Webseite feststellen will, welches Studium ich wann, wo und wie überhaupt beendet habe. Abgesehen davon, dass der Umstand für die Tätigkeit an der VHS von keiner Relevanz war (zumal zum damaligen Zeitpunkt noch keine festgelegten Voraussetzungen für die Arbeit als VHS-Dozent bestanden), lege ich auf meiner Homepage eindeutig klar, dass ich ein mehrsemestriges Studium an der FernUniversität ohne Abschluss zu Ende gebracht habe.

Was ein Bürgermeister hier feststellen möchte und überhaupt zum Ausdruck bringen will, war mir ebenso unklar wie der Umstand, dass die Abteilungsleiterin zunächst von der Ansetzung weiterer Veranstaltungen mit mir als Dozent Abstand genommen hatte. Alle für die folgenden Kurse notwendigen Abschlüsse waren in Form von Zeugnissen und Zertifikaten vorhanden – so, wie es die Vorgaben einfordern. Schon damals habe ich mit großer Unzufriedenheit geäußert, dass Bürgermeister scheinbar Dozenten hinterher spioniert hatten und Vorwürfe entwickelten, die Dozenten wie mir skandalisierend vor die Füße geworfen und in anschuldigender Form des abgrundtiefen Misstrauens ohne jegliche Vorabprüfung und Diskussion als Tatsachen unterstellt wurden. Nach meinen Informationen ging es mindestens 20 Dozentenkollegen ähnlich.

Erst vor kurzem hatte sich ein weiterer Vorfall ereignet, der schlussendlich offenbar zum Bruch zwischen der Abteilungsleitung beziehungsweise dem Vorstand und mir geführt hat. Eine Vortragsveranstaltung war bereits terminiert und mit Uhrzeit und Raum festgelegt worden – blieb schlussendlich im Veranstaltungsheft aber unerwähnt. Auf Nachfrage wurde mir mitgeteilt, dass ich den Termin aus meinem Kalender streichen könne. Eine weitere Begründung erhielt ich nicht. Erst nach Bekanntwerden über die Medien nahm der Vorstand Kontakt zu mir auf und lud zu einer klärenden Aussprache. Ich war und bin mir bis heute nicht bewusst, weshalb es dazu kommen sollte – ich sehe keinen Grund, weswegen eine Veranstaltung, die fest eingeplant war, kurzfristig aus dem Programm genommen wurde, während es keinerlei Vorfall oder Anhaltspunkt gegeben hatte, der dies nach meinem Empfinden gerechtfertigt hätte.

Auch war zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt, dass zahlreiche andere Kollegen in die VHS vorgeladen wurden – und dann in großer Runde von leitenden Mitarbeitern zu einer, wie es Dozenten berichteten, „Standpauke“ aus unerfindlichen Gründen geladen wurden. Solch eine Situation wollte ich mir ersparen – ich sah auch keine Notwendigkeit, denn mit meinen überschaubaren durchschnittlich zwei Veranstaltungen pro Semester gab es keinen Grund zur Annahme, dass ich mir hätte eines Fehlers bewusst sein müssen. Außerdem erwarte ich von einem geordneten Miteinander eine zeitnahe und transparente Kommunikation, die nicht erst auf Nachfrage der Presse oder in einem ohne Angaben von Inhalten festgelegten Gesprächstermin erfolgt.

Ja, das Klima in der Volkshochschule hatte sich merklich geändert. Man muss durchaus von Furcht sprechen, wenn es um die emotionale Lage vieler Kollegen ging. Wann würde es die nächste Vorladung geben? Welche Anfeindungen muss man als nächstes erwarten? Drohen Rausschmiss oder Levitenlesen? Ich habe diese Wahrnehmungen der VHS mitgeteilt, auch die Entscheidung, dem genannten Gespräch nicht beizuwohnen, weil ich ohne Vorabkenntnis über Inhalte und Teilnehmer eine Aussprache für nicht sinnvoll erachtete. Gleichzeitig äußerte ich den Wunsch auf eine wieder von stärkerer Ehrlichkeit und Respekt
geprägten Umgangsform und einem unbelasteten Arbeitsverhältnis in den folgenden Semestern.

Doch dazu kam es nicht mehr: Ganz offenkundig wurde ich nach diesem Schreiben aus allen Verteilern der VHS entfernt, erhielt keine Planungsbögen mehr, wurde aus der Dozentenliste auf der Webseite genommen – ein offensichtlicher Rauswurf, erneut ohne Ankündigung, Begründung oder Information, bis heute nicht.

Abgesehen davon, dass ich immer wieder Kritik geübt habe – sei es beispielsweise am Umstand, dass für Vorträge gleichen zeitlichen Umfangs in unterschiedlichen Fachbereichen verschiedene Honorarsätze entrichtet wurden oder Auslagen in recht „wilder“ Form und nach Tagesfassung Erstattung fanden oder nicht –, bin ich mir keiner weiteren Schuld bewusst.

Besonders dieser Zustand ist es, der in mir Irritationen auslöst. Ich habe über lange Zeit an der VHS gern gearbeitet und die Atmosphäre unter den Kolleginnen und Kollegen schätzen gelernt. Nach allen Erfahrungen ist es wohl nachvollziehbar, dass ich auch von meiner Seite aus keine Absicht oder Bestrebung sehen würde, wieder an der VHS Konstanz-Singen tätig zu sein. Hierfür ist das Vertrauen zu nachhaltig erschüttert. Außerdem haben mich andere Verpflichtungen eingenommen, wodurch für mich auch das Kapitel „Volkshochschule“ abgeschlossen werden konnte. Ich möchte deshalb auch nicht weiter nachfragen, bohren oder um Erläuterung bitten.

Mir liegt es jedoch am Herzen, offen zu äußern, welch traurige Entwicklung ich an der VHS miterleben musste – und wahrscheinlich spreche ich auch für andere Kollegen. Wohl auch diese Tatsache ist es, die mich noch mehr erschüttert als unklare Vorgänge in der Buchhaltung: Die Menschlichkeit an der Volkshochschule hat nachhaltig gelitten.

Abgesehen von dieser Angelegenheit freue ich mich, mit Ihnen im Rahmen des Bürgerschaftlichen Engagements im Landkreis Konstanz, für das ich mich auch weiterhin aktiv einbringen werde, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten.

Herzliche Grüße

Dennis Riehle

in Kopie: Bürgermeister Claus Boldt, Mitgliederversammlung der VHS Konstanz-Singen