VHS-Vorstand und Bürgermeister Boldt: Ratlos, hilflos
Ein sichtlich mitgenommener Bürgermeister Claus Boldt und eine erkennbar überforderte vhs-Vorständlerin Nikola Ferling präsentierten sich vor dem Kulturausschuss des Konstanzer Gemeinderates rat- und hilflos. Kaum ein Stadtrat oder Zuhörer – unter ihnen auch vhs-DozentInnen – scheint den beiden zuzutrauen, dass sie die angeschlagene Volkshochschule noch in ruhiges Fahrwasser bugsieren. Folgerichtig der Beschluss: Der vhs-Skandal und die Zahn-Kündigung kommen vor den Gemeinderat.
Dass die Probleme um die Volkshochschule Konstanz-Singen vielschichtiger sind als allein schon die dubiosen Kündigungsfälle aus jüngster Vergangenheit vermuten lassen (Seemoz berichtete mehrfach über die fristlose Kündigung des Konstanzer Hauptstellenleiters Reinhard Zahn und die Kündigungen des Ehepaars Schmid), wurde im „Sachstandsbericht“ der vhs-Vorstandsvorsitzenden Nikola Ferling deutlich. Danach gäbe es eine „negative Wirtschaftsbilanz bereits seit 2007“ – die damaligen vhs-Verantwortlichen Dr. Stetz und Dr. Lehner wird eine solche, an Rufschädigung grenzende Aussage sicher nicht ruhen lassen. So oder so: Die vhs braucht dringend weitere Zuschüsse – die Träger, die Städte Konstanz, Singen, Stockach sowie der Landkreis sollen zahlen.
Unbeantwortete Fragen
Die in Ferlings Vortrag angedeuteten Verbesserungsmaßnahmen scheinen die Ausschussmitglieder auch nicht wirklich überzeugt zu haben. Denn auf zahlreiche Nachfragen musste die Vorstandsvorsitzende die Antwort schuldig bleiben. Stadtrat Alexander Stiegeler (Freie Wähler) regte daraufhin sogar eine Sonderprüfung an; Holger Reile (LLK) vermutete zudem, dass der Fehlbetrag von über 200.000 Euro mit der Kündigung des Verwaltungsleiters Reiner Schmid und dessen Ehefrau zusammenhängen könne. Solche Fragen müssten schnell geklärt werden, meinten die Mitglieder im Kulturausschuss und beantragten, das Thema vhs und Zahn-Kündigung auf die Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung am 24.11. zu setzen.
Im Mittelpunkt der Diskussion stand dennoch die fristlose Kündigung des Konstanzer vhs-Hauptstellenleiters Reinhard Zahn noch während der Probezeit. Auch hier und jetzt blieben Boldt und Ferling eine Begründung für diese fragwürdige Entscheidung schuldig; die stellvertretende Vorstandsvorsitzende Dorothee Jacobs-Krahnen – von vielen als Strippenzieherin der Kündigung verdächtigt – war erst gar nicht zur Sitzung erschienen. Überraschung löste das Eingeständnis von Bürgermeister Boldt aus, die fragliche Mitgliederversammlung, in der es um die Zahn-Kündigung ging, vorzeitig verlassen zu haben – die Entscheidung über die Kündigung fand also ohne Konstanzer Beteiligung statt.
Unerwartete Folgen
Unbeantwortet blieb auch die Frage von Stadtrat Jürgen Leipold (SPD) ob frau an eine „Revision“ der Kündigung denke. Danach forderte auch er „rückhaltlose Offenheit“ im Gemeinderat. Solch eine öffentliche Diskussion wollte Stadtrat Müller-Fehrenbach (CDU) verhindern; er lobte einmal mehr „die gute Arbeit des Vorstands“. Mit dieser Lobhudelei blieb er allerdings allein. Wie auch mit seiner Schelte am Dozentenrat der Volkshochschule. Der hatte nämlich vor Beginn der Sitzung einen zweiten „Offenen Brief“ verteilt, in dem erneut die Wiedereinstellung von Reinhard Zahn gefordert wird. Wolfgang Müller-Fehrenbach hielt so viel demokratisches Engagement allerdings für unangemessen.
Der Mann, um den alles ging, Reinhard Zahn nämlich, war nicht anwesend. Doch nach dieser peinlichen Vorstellung der für die Kündigung Verantwortlichen ist dem schmachvoll Geschassten nur der Gang vor Gericht anzuraten. Und Zahn, der nicht nur den verunsicherten DozentInnen als „Hoffnungsträger einer neuen Konstanzer Volkshochschule“ gilt, sagte dann noch gestern: „Ich nehme das auch nicht hin“. Eine gute Anwältin und eine verständnisvolle Richterin sind ihm zu wünschen.
Autor: hpk
Sehr geehrter Herr Müller-Fehrenbach,
mit großer Empörung nehme ich Ihre Aussagen über den Dozentenrat der VHS Konstanz-Singen zur Kenntnis.
In der Sitzung des Kulturausschusses haben Sie die Dozenten massiv diffamiert. Auch wenn Sie in einem Online-Forum solche Absichten bestreiten, haben Sie gerade den Dozenten, die einen offenen Brief kurz vor der Sitzung an Bürgermeister Boldt geschrieben haben, übermäßige Einmischung vorgeworfen. Da auch ich zu den Unterzeichnern dieses Schreibens gehöre, fühle ich mich persönlich durch Sie angegriffen.
Sie beziehen sich mit Ihrer Kritik auf die Aussage, wonach bei der Führung der VHS „Skrupellosigkeit“ anzutreffen sei. Solche Worte gehörten sich für Demokraten nicht. Mein Verständnis von Demokratie umfasst auch das Recht auf freie Meinungsäußerung, wodurch ich diese Wortwahl gerechtfertigt sehe.
Zudem möchte ich bezweifeln, dass Sie um den Umgang des VHS-Vorstandes mit uns Dozenten wissen. Sie selbst sagen, dass Sie durch beratende Beiratstätigkeit kaum Einblicke haben. Dann steht Ihnen auch nicht zu, unseren Vorwurf zurückzuweisen. Denn immerhin muss man dem Vorstand konstatieren, dass von seiner Seite aus der Weg eines argumentativen Dialogs verlassen wurde (und nicht umgekehrt, wie es Frau Nikola Ferling behauptet).
Die Einbestellung von Dozenten zum Einzelrapport, das Nachspionieren bezüglich Qualifikationen der einzelnen Dozenten oder aber die Intransparenz der VHS gegenüber uns Dozenten, die wir die Schule vor den Besuchern zumeist am häufigsten vertreten und somit auch maßgebliche „tragende Säule“ der Einrichtung sind (und dennoch skandalöserweise nicht in der Satzung erwähnt werden), sind ebenso wie ein realer Verlust an Honorar durch durchschnittlich 8 % mehr Entlohnung, aber Kappung der Fahrtkostenpauschale kein Grund, mit Kritik an der VHS-Leitung „hinter dem Berg“ zu halten.
Daher sehe ich Ihre Anschuldigungen an die Dozenten als wenig qualifizierten Beitrag in der Debatte an – zeugt er doch von wenig Hintergrundwissen in der gesamten Angelegenheit.
Freundliche Grüße
Dennis Riehle
Falsche Fragen sind furchtbar: Nichts ist jetzt erst ersichtlich, sondern war Grundlage des nichtöffentlichen Beschlusses des Konstanzer Kreistages vor der Sommerpause 2011, der VHS eine Sonderzahlung von 200 000 Euro zu gewähren. Den Informationsstand vom Sommer habe ich an dieser Stelle geschrieben, aufgrund dessen Dr. Stetz seine Sicht der Dinge publilierte. Cui bono? Wem soll das ganze anonyme Zeug denn nutzen? Hier sind Strukturen aus dem Ruder geraten. Da helfen keine anonymen Sticheleien und Verunglimpfungen.
Als Laie frage ich: Was ist hier unter einer „negativen Wirtschaftsbilanz“zu verstehen? Heißt das, es gab (entgegen der Darstellung des Herrn Dr. Stetz im SeeMoz) 2007 Defizite oder soll das „nur“ heißen, dass sich bereits 2007 eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage abzeichnete?
Sollte es damals schon Defizite gegeben haben – warum ist das jetzt erst ersichtlich?
Herr Müller-Fehrenbach,
danke für Ihren Appell, sich auf sachliche und öffentliche Art zu Ihrer Unterstützung der infamen Entlassung einer der wenigen fähigen leitenden Mitarbeiter der VHS Konstanz-Singen zu äußern. Ihre unmissverständliche Skrupellosigkeit gegenüber dem Dozentenrat lässt mich jedoch ganz öffentlich daran zweifeln, dass Sie sich doch noch irgendwann ganz öffentlich Ihrer voreingenommenen und fehlgeleiteten wiewohl gänzlich fehlinformierten Gesinnung besinnen. Vielleicht sollten auch Sie besser verboten werden.
Nach allem, was in den letzten Wochen zu hören und zu lesen war, haben die beiden Damen des Leitungsteams der VHS keinerlei Führungsqualitäten. Allenfalls verwalten sie, kontrollieren und bilanzieren und dennoch soll im laufenden Budget der nicht unerhebliche Betrag von 200.000 Euro fehlen.
Es ist traurig, was aus der VHS eines Dr. Stetz geworden ist! Wo damals ein freies Fluten der Informationen erwünscht war, wo Eigenverantwortung gefördert wurde, wo Menschlichkeit vorherrschte und Potentiale erkannt worden sind, geht heute ein Klima der Angst um, fast wie in einer Diktatur. Anordnung folgt auf Anordnung. Ideen sind nicht gefragt, es geht nur darum zu funktionieren. Ein lobendes Wort? Fehlanzeige. Wo Mitarbeiter und Dozenten auf bloße Kostenfaktoren reduziert werden und nicht als gute Investition in die Zukunft gelten, kann sich nichts Positives entwickeln.
Alle halbherzigen Lösungen bringen in dieser verfahrenen Situation nichts. Ich würde Reinhard Zahn sofort wieder einstellen und ihm völlig freie Hand lassen – dann hätte die VHS vielleicht noch eine Chance!
Bilanzen hin oder her, aber es müssen ja Gelder da sein, um Löhne und Honorare und alles andere, um eine VHS am Laufen zu halten, zu bezahlen. Dies war wohl bis 2010/11 nie ein Problem. Da kann die Schieflage wohl ab 2007 doch nicht ganz so dramatisch gewesen sein. Vielleicht hängt das Defizit eher an dem massiven Teilnehmerschwund seit dem 2. Semester 2010, an der massiven Aufblähung des Mitarbeiterstamms, an der Inanspruchnahme von externen Beratern. Die VHS soll doch mal die Entwicklung der Mitarbeiter-, Veranstaltungs- und Teilnehmerzahlen sowie die Kosten für externe Berater der letzten Jahre offen legen. Mehr Personal bei Rückgang der Teilnehmerzahlen von ca. 20 Prozent, das kann nicht gut gehen. Griechenland lässt grüßen!
Dieser Artikel ist sachlich falsch und unterstellt mir in infamer Art undemokratische Einstellung.
Richtig ist: Personale Angelegenheiten dürfen zum Schutz der betroffenen Person (Reinhard Zahn) nicht öffentlich behandelt werden.Das habe ich gesagt und daher die Diskussion diesbezüglich in der nichtöffentlichen Sitzung verlangt.
Richtig ist auch: Ich habe mündlich und schriftlich die Behandlung des Vorgangs, also der Verfahrensweise in der nächsten öffentlichen Sitzung des Gemeinderates verlangt.Das interfraktionelle Antragsschreiben trägt daher auch meine Unterschrift.
Meine Zurückweisung von Beleidigungen durch den Dozentenrat- Zitat „Skrupellosigkeit“ des Vorstands – ist ein Appell,sich auf ordentliche Umgangsformen zu besinnen.Dies gilt für alle Demokraten.
Wolfgang Müller-Fehrenbach