Volksantrag zum Stopp von Flächenfraß
„Ländle leben lassen – Flächenfraß stoppen“ lautet der von 16 Umwelt-, Naturschutz- und Landwirtschaftsverbänden initiierte Volksantrag. 40.000 handschriftliche Unterschriften müssen gesammelt werden, damit der baden-württembergische Landtag über einen solchen Volksantrag beraten und dessen Initiatoren anhören muss.
Ungebremster Flächenfraß widerspricht Koalitionsvertrag
„Der Flächenverbrauch ist eines der gravierendsten Umweltprobleme Baden-Württembergs und bedroht nicht nur Natur und Landwirtschaft, sondern auch die Lebensqualität in unserem Bundesland. Die letzten beiden Generationen haben ebenso viel Freifläche beansprucht wie die vorherigen 80 Generationen zusammengenommen. Heute gehen mehr als 6 Hektar unbebauter Natur pro Tag für Siedlungs- und Verkehrsflächen verloren“, informieren die Initiatoren des Volksantrags auf ihrer Homepage. Etwas ganz anderes hingegen verspricht der 2021 geschlossene Koalitionsvertrag der grün-schwarzen Landesregierung: Auf zunächst 2,5 Hektar pro Tag und bis 2035 auf Netto-Null soll der Flächenverbrauch reduziert werden. Tatsächlich aber steige dieser seit 2018 alljährlich weiter an und mit den bislang vom Land ergriffenen Maßnahmen (z. B. im Rahmen des freiwilligen Bündnisses zum Flächensparen) sei dieses Ziel nicht zu erreichen, warnen die Träger:innen des Volksantrags. Anspruch und Wirklichkeit klaffen mal wieder – wie auch beim Klimaschutz – weit auseinander.
„Dabei bedeutet jeder neu versiegelte Quadratmeter den unwiederbringlichen Verlust von Böden zur Lebensmittelproduktion, Landschaften, Lebensräumen und Biotopen. Wir müssen verantwortungsbewusst und sparsam mit diesen endlichen Ressourcen umgehen, um nicht sprichwörtlich den Boden unter unseren Füßen zu verlieren“ – deshalb haben sich 16 Umwelt-, Naturschutz- und Landwirtschafts- und Wanderverbände (mit insgesamt rund 800.000 Mitgliedern) zusammengeschlossen, um mit dem Volksantrag „Ländle leben lassen“ verbindliche Obergrenzen für den Neuverbrauch an Flächen zu erreichen und gesetzlich zu verankern.
Was bedeutet ein „Volksantrag“?
Das Instrument des Volksantrags wurde 2015 im Zuge der Reformen auf Landesebene für die Teilhabe an direkter Mitbestimmung neu eingeführt und in der Landesverfassung verankert. Durch einen Volksantrag können Bürger:innen Themen auf die politische Tagesordnung setzen. Der Landtag muss sich mit dem Antrag inhaltlich auseinandersetzen und dazu begründet Stellung beziehen. Ein Volksantrag kann zu allen Themen eingereicht werden, die im Aufgabenbereich des Landtages liegen. Damit ein Volksantrag gültig ist, müssen ihn innerhalb von 12 Monaten mindestens 0,5% der wahlberechtigten Baden-Württemberger:innen unterzeichnen.
Für „Ländle leben lassen“ werden daher knapp 40.000 Unterschriften wahlberechtigter Bürgerinnen und Bürger benötigt. Die Unterschriften können noch bis Ende April 2024 gesammelt werden (Start war der 28. April 2023). Rund 20.000 Unterschriften sollen bislang bereits vorliegen. Unterschriften für einen Volksantrag müssen (anders als z.B. bei Petitionen, die auch digital möglich sind) handschriftlich auf einem Papierformular geleistet werden.
Das entsprechende Formular samt Anleitung, was weiter zu tun ist, kann auf der Homepage www.laendle-leben-lassen.de heruntergeladen werden. Unterschriften werden derzeit aber auch in vielen Kommunen von lokalen Umwelt- und Naturschutzverbänden gesammelt (z.B. vom Bund-Ortsverband Singen, siehe unten).
Der Trägerkreis und seine Forderungen
Zum Träger- und Unterstützerkreis gehören unter anderem die baden-württembergischen Verbände von BUND, NABU, Fridays for Future, LNV (Landesnaturschutzverband), AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft), Naturfreunde, Ökolandbauverbände (wie Bioland, Demeter, Ecovin), Schwäbischer Albverein u.v.m.
Die im Volksantrag formulierten Forderungen an die Landesregierung lauten:
- Gesetzliche Verankerung von verbindlichen Obergrenzen für den Flächenverbrauch, welche die Reduzierung auf zunächst 2,5 Hektar pro Tag und bis 2035 die Netto-Null garantieren
- Einführung von höheren Mindestbaudichten in Regionalplänen
- Besserer Schutz fruchtbarer Böden vor Überbauung
- Schaffung sogenannter überörtlicher Gewerbeflächenpools als Grundlage der Zuweisung neuer Gewerbeflächen
- Beschleunigung des Photovoltaik-Ausbaus auf bereits versiegelten Flächen und Gebäuden
- Genehmigung aller Flächennutzungspläne nur noch durch die Regierungspräsidien
- Unterstützung der Kommunen bei der Innenentwicklung durch bessere rechtliche Rahmenbedingungen und ein Netz von Agenturen für Innenentwicklung
BUND-Ortsverband Singen: Infostand und Unterschriftensammlung
Mit einem Infostand wird der BUND-Ortsverband Singen am kommenden Samstag, den 5. August 2023 ab 10 bis ca. 13 Uhr in der Singener August-Ruf-Straße (vor der Deutschen Bank) zum Thema Flächenfraß und Volksantrag informieren. Unterschriften zur Unterstützung des Antrags können dort direkt geleistet werden.
Quellen
– www.laendle-leben-lassen.de
– https://www.mitentscheiden.de/demokratie-themen/volksantrag-volksbegehren-volksentscheid
Text: MM / UP
Foto: DH
Info zum FLÄCHENVERBRAUCH am Untersee:
Die Stadt Radolfzell – in den 70er Jahren als Umwelthauptstadt bekannt geworden – und der Gemeinderat haben im Februar diesen Jahres mit großer Mehrheit den Bau eines zweiten KUNSTSTOFF-FUSSBALLPLATZES von ca. 6.500 m² nahe am Seeufer und direkt am Naturschutzgebiet Gnadensee beschlossen.
Das sind insgesamt 12.000 m² FLÄCHENVERSIEGELUNG für einen Fußballverein nur für Spiel, Spaß und Sport!
Das sind vielfacher MIKROPLASTIKEINTRAG in die Umwelt und in den See, und beinhaltet die ABHOLZUNG EINES AUWALDES am Naturschutzgebiet mit vielen geschützten Tieren !
Dieser Beschluss ist im Angesicht des weltweit sichtbaren drastischen Klimawandels unbegreiflich, und mit dem gesunden Menschenverstand nicht nachvollziehbar.
Siehe :
https://www.youtube.com/watch?v=sbBunvSDnA0