Von illustren Gästen und armen BewerberInnen

Bald stellt sich heraus, wer ab 2020 die Regie führt am Konstanzer Stadttheater. Ab Freitag ist mit einsetzenden Geburtswehen zu rechnen. Fast parallel dazu rotten sich im Bodenseeforum WirtschaftsexpertInnen zu „Lunch und Networking“ zusammen. Illustre Gäste werden anrollen. Und: Wie geht es den inhaftierten Eselspinguinen auf Klein Venedig? Eigentlich ein Fall für die hiesige Touristik-Branche, die gerne im Geheimen vor sich hin werkelt.

Es hat sich längst herum gesprochen: Von den 81 Einzel- und Gruppenbewerbungen für die Nachfolge von Theaterintendant Christoph Nix sind nun acht KandidatInnen übrig geblieben. Mehr dazu sagen darf man nicht. Wer von den Verbliebenen sich dann dem Kulturausschuss am 5.7. und schlußendlich dem Gesamtgemeinderat am 19.7. vorstellen darf, der dann den oder die zum neuen Theaterchef kürt, wird am 29.6. entschieden. Doch Zweifel am Vorgehen sind angebracht, denn alle acht BewerberInnen sollen am kommenden Freitag an nur einem Tag (!) durchgenudelt werden. Ein Unding, denn man kann getrost davon ausgehen, dass die Jury wegen Ermattung spätestens nach KandidatIn Nummero fünf komatös in ihren Stühlen hängt. Eine der wichtigsten kulturpolitischen Entscheidungen der Stadt hätte einen vernünftigeren und sensibleren Umgang verdient.

Sprechblasenproduzenten und Endsilbenvernichter

Ebenfalls am 29.6. sammeln sich Wirtschaftsvertreter aus der Vierländerregion Bodensee zum vermeintlich produktiven Gedankenaustausch im Bodenseeforum. Themen diesmal: Wie komme ich schnellstens zu Reichtum und bleibe bis ins hohe Alter fröhlich und gesund. Geladen sind etliche Sprechblasenproduzenten, die mit innovativen Ideen aufwarten wollen und verraten werden, welcher Weg geradewegs ins wirtschaftliche Glück führt. Das kann man auch erwarten bei einem Eintrittspreis von 45 Euro. Günther H. Oettinger, EU-Kommissar, Nasenflötist und europaweit bekannter Endsilbenvernichter, wird ein „Keynote-Referat“ halten – was immer das auch sein mag. Winfried Kretschmann, Frontmann der Stuttgarter Hip-Hop-Gruppe „Dissl4you“, sorgt für das musikalische Rahmenprogramm. Es soll dem Vernehmen nach die letzte Großveranstaltung im Bodenseeforum sein, denn eine grenzüberschreitende Investorengruppe, so wird kolportiert, habe kürzlich den finanziell siechen Bau übernommen und wolle ihn zu einer Indoor-Hanfplantage umbauen.

Nichts Genaues vom Meeresknast

Bleiben wir bei der Wirtschaft und wenden uns dem einst finanziell profitablen Knast für Meeresgetier, Sea Life genannt, zu. Vor allem die Haltung mehrerer Eselspinguine auf engstem Raum, von Südkurier-Redakteur Philipp Zieger über Jahre hinweg ständig mit einem hochnotpeinlichen Niedlichkeitsfaktor versehen, stieß nicht nur bei Tierfreunden auf Kritik. Nun kamen Zahlen ans Licht, die vermuten lassen, dass das Sea Life einen empfindlichen Besucherrückgang zu verzeichnen habe. Dementsprechende negative Kommentare von Sea Life-BesucherInnen auf Tripadvisor sind wohl nicht aus der Luft gegriffen. seemoz wollte es genauer wissen und bat das Management um konkrete Auskünfte über die Besucherentwicklung seit 2010. Die Antwort: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir individuelle Besucherzahlen nicht bekannt geben. Gerne teilen wir Ihnen aber mit, dass wir weltweit mehr als 20 Millionen Besuchern pro Jahr die Faszination Unterwasserwelt näher bringen“. Das sind eindeutig 20 Millionen zuviel.

Die Transparenz des Dauerlächlers

Die Konstanzer Stadtverwaltung brüstet sich gerne damit, dass ihr Gebaren auf nahezu allen Ebenen durchweg transparent sei. Es soll sogar Leute geben, die das glauben. Aber weit her mit der vielbeschworenen Transparenz ist es nicht. Ein Beispiel dafür lieferte die letzte Aufsichtsratsitzung der Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK), an deren Spitze der smarte Dauerlächler Eric Thiel wirkt. Die Linke Liste fragte an, wie hoch die Rechnung war, die ein externes Büro für seine Bemühungen zum Wohle touristischer Steigerungsraten stellen durfte. Darüber, so Thiel, müsste der Aufsichtsrat erstmal abstimmen. Das tat der dann auch und stimmte mehrheitlich gegen den Antrag der LLK. Soviel zur Transparenz, die vor allem bei der MTK wohl eher ein Schattendasein führt. Thiel himself hat zudem ein internes Papier für die Mitglieder des Aufsichtsrates entworfen, in dem geregelt ist, wie man dort zu arbeiten habe. Auch dieses ist streng geheim. Es liest sich, soviel sei verraten, wie die Anleitung für einen klandestinen Zirkel mit der Parole: „1 Stadt, 1 Team“. Fehlt eigentlich nur noch eine Kleiderordnung mit dazugehörigem Gesinnungscheck.

H. Reile