Von Zepf zu Nosko – Stabwechsel bei Verdi
Und wieder steht eine Frau an der Spitze der Dienstleistungs-Gewerkschaft ver.di: Auf Margrit Zepf, die über drei Jahre den Bezirk Schwarzwald-Bodensee leitete, folgt nun Sylvia Nosko, die abwechselnd die Büros in Konstanz und Villingen-Schwenningen führen wird. Wie es allerdings mit der Zukunft der Gewerkschaft ver.di am Bodensee aussieht, ist noch nicht ausgemacht.
Wie man nämlich aus den sprichwörtlich ‚gut informierten Kreisen‘ hört, arbeitet derzeit eine Kommission an einer Fusion der ver.di-Bezirke Südbaden mit Sitz in Freiburg und Schwarzwald-Bodensee mit Standorten in Villingen-Schwenningen und Konstanz. Im schlimmsten Fall könnte das bedeuten, dass in nicht so ferner Zukunft die Gewerkschaft ver.di am Bodensee kaum mehr präsent wäre – eine Erfahrung, die Konstanzer Gewerkschaftsmitglieder mit dem DGB bereits gemacht haben.
Eine selbstmörderische Gewerkschaftspolitik. Indizien, dass ein solcher „bad case“ eintreten könnte, sind, dass die Position einer stellvertretenden Geschäftsführerin – das war bislang Hanna Binder aus Konstanz – nicht mehr ausgeschrieben und die Position der Geschäftsführerin zeitlich begrenzt wird. Absurd: Eine Gewerkschaft, die an vorderster Front die Zeitverträge all überall bekämpft, greift im eigenen Betrieb zu eben diesem Mittel der Befristung – zwar wohl nicht mit der Gefahr von Arbeitsplatz-Verlusten, aber dennoch: Glaubwürdige Gewerkschaftsarbeit sieht anders aus.
Von der Juristin zur Soziologin
Die Juristin Margrit Zepf zieht sich also mit 60 Jahren ins Privatleben zurück; ob sie dort weiterhin als Anwältin arbeiten wird, ist nach ihren eigenen Worten noch nicht entschieden. Aber immerhin kann die lang gediente Gewerkschaftssekretärin (s. linkes Foto) auf erfolgreiche Jahre in Konstanz zurückblicken. Als Meilenstein ihrer Zeit als Geschäftsführerin darf der Notlagen-Tarifvertrag, gefolgt von einem Personalüberleitungs-Tarifvertrag bezeichnet werden, die sie beim ins Straucheln geratenen Hegau-Klinikum-Verbund für die Beschäftigten abschloss und auf diese Weise viele hundert Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst halten konnte. Und dass die Beschäftigten des Krankenhauses in Rottweil trotz Privatisierung durch den Helios-Konzern nach wie vor nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt werden, ist ebenso Margrit Zepf gut zu schreiben.
Am 1. Oktober übernahm nun Sylvia Nosko (s. rechtes Foto) den Geschäftsführer-Posten. Die 51-jährige Industrie- und Organisationssoziologin arbeitet seit drei Jahren im ver.di-Bezirk Schwarzwald-Bodensee und war bislang zuständig für die Bereiche Altenpflege und Kirchen, die Sozialversicherungsträger, den Fachbereich Verkehr und den Fachbereich Gemeinden. Wie ihre Vorgängerin wird auch Sylvia Nosko wechselweise von ihren Büros in Konstanz und Villingen-Schwenningen aus arbeiten.
hpk
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27.07.13 | Eine Frau führt die Konstanzer Gewerkschaft
Warum „Bahnhöfe“ stürmen, Luana Thalmann? Wäre am 9. April 1917 der Bahnhof Gottmadingen erstürmt worden, wäre Lenin mit seinen treuen Genossen aus dem Exil in der Schweiz nie in Russland angekommen!
Die Gewerkschaften graben sich mit solchen „Verschlankungen“ selbst noch weiter das Wasser ab.
Die neoliberale Linie, vertreten und befördert durch die Sozialdemokratie in unserem Land, wird auf diesem Weg konsequent ausgebaut.
Warum gibt es in diesem Land so wenig Mut?
Da passt der kluge Satz von Herrn Lenin: „Revolution in Deutschland? Das wird nie etwas. Wenn diese Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen sie zuerst eine Bahnsteigkarte.“