Vorhang auf! Manege frei!

Das Theater Konstanz hat den neuen Spielplan für 2018/19 vorgestellt. Die 27 geplanten Produktionen sind vielseitig und vielschichtig und stehen unter dem Motto „Vom Glück des Stolperns“. Zu den drei Spielorten Stadttheater, Werkstatt und Spiegelhalle kommt ein neuer hinzu: ein Zirkuszelt am Seeufer.

In Klein-Venedig wird es stehen, das Zelt, in dem die drei Zirkusgeschichten FOOTTIT UND CHOCOLAT (15.6.2019), SAGT DER WALFISCH ZUM THUNFISCH (23.6.2019) sowie das Seiltänzerstück KATHARINA KNIE (28.6.2019) aufgeführt werden. Hierfür ist eine Kooperation mit einem Zirkus angedacht, der auch in theaterpädagogische Workshops mit eingebunden werden könnte. Vorhang auf! Manage frei! Die Zirkuswelt ist einer ihr eigentümlichen Ästhetik unterstellt, in welche Intendant Christoph Nix durch seine Arbeit als Clown hineingehört. Und er bringt sich in der kommenden Spielzeit auch aktiv in die Inszenierungen ein, führt selbst Regie in WARTEN AUF GODOT (28.9.2018) und in FOOTIT UND CHOCOLAT zusammen mit dem Schweizer Clown Olli Hauenstein.

Abseits vom Zirkuszelt wird ein facettenreiches Programm rund um das Stolpern geboten. Von international bis regional, von der griechischen Antike bis in die norwegische Postmoderne, Liederabende, Puppentheater, Uraufführungen und Klassiker, von Frauen, von Männern, für Kinder, Jugendliche und Erwachsene – vieles aus den 1920er Jahren, der Zeit der absoluten Freiheiten. Hier ein wenig vorsortiert und jeweils mit Premierendatum:

International kommt Neil LaBute, der mit Onkel Wanja für deutschlandweites Aufsehen gesorgt hat, zurück nach Konstanz, um BETROGEN von Harold Pinter (19.10.2018) zu inszenieren sowie sein Stück EINE ART LIEBESERKLÄRUNG (20.10.2018) auf die Bühne zu bringen. Zudem kann das Theater die israelische Regisseurin Sapir Heller präsentieren, mit dem Stück DER BRAVE SOLDAT SCHWEIJK (15.3.2019). Dann gibt es noch was aus Norwegen: MEER von Jon Fosse (11.05.2019), das Lieblingsstück von Wulff Twiehaus, der Regie führt, sowie ICH VERSCHWINDE von Arne Lygre (04.05.2019), deutsche Erstaufführung.

Regional gibt es DIE REIS‘ von Gerd Zahner am 5.10.2018 in der Scheffelhalle in Singen. Eine Geschichte des fahrenden Volkes der Jenischen, die bis heute das Zentrum ihrer Kultur in Singen haben. Auch DER REICHSBÜRGER von Annalena und Konstantin Küspert (27.10.2018) weist sowohl regionalen als auch aktuellen Bezug auf.

Musikalisch gibt es einen Liederabend mit Schlagern aus den 1920er Jahren: HEUTE NACHT ODER NIE unter der Regie von Mark Zurmühle (23.11.2018) und dann gibt es mit MÄNNER UND ANDERE VERBRECHEN ein Knallbonbon zum Jahreswechsel. Wer Musiktheater mag, wird mit der Grand Dame ebendessen belohnt: Rosamunde Gilmore inszeniert CABARET (12.4.2019).

Politisch wird es spätestens mit YOUR VERY OWN DOUBLE CRISIS CLUB, ein Stück über die Sprachlosigkeit des Krieges von Sivan Ben Yishai unter Regie von Nicola Bremer (30.9.2018). Oder mit MOMENTUM von Lot Vekemans, Regie Katrin Hentschel – eine Art House of Cards für Theatergänger (15.2.2019). Oder mit DIE HAUPTSTADT von Robert Menasse, der ein Schwein durch Brüssel rennen lässt, unter der Regie von Mark Zurmühle (17.05.2019). Oder mit DRAUSSEN VOR DER TÜR von Wolfgang Borchert, von dem auch die tollen Plakate mit dem Gedicht VERSUCH ES am Jahresanfang waren. Regie Mareike Mikat, Premiere 18.1.2019. Oder in GERRON, das die Geschichte des gleichnamigen Künstlers ist, der durch einen Film die Deportation der jüdischen Darsteller zu verhindern sucht. Regie Annette Gleichmann, Premiere 2.2.2019.

Heimattheater in einer abstrahierten Form kommt mit WER HAT ANGST VORM WEISSEN MANN von Dominik Lorenz in die Spiegelhalle, Regie in dem Stück zwischen Weißwürsten und Schwarzarbeit führt Daniel Grünauer (08.12.2018). Und in DAS FINSTERE TAL von Thomas Willmann, Regie führt Antje Thoms durch den wilden Italo-Western, der eine wunderbare verfilmte Vorlage irgendwo zwischen Tarantino und den Cohen Brüdern hat (29.3.2019).

Für Kinder gibt es als Weihnachtsmärchen DIE BRÜDER LÖWENHERZ von Astrid Lindgren – wie wunderbar! – Regie Sara Ostertag, Premiere 11.11.2018. Für die ganz Kleinen wird VOM FISCHER UND SEINER FRAU von den Gebrüdern Grimm gezeigt (25.11.2018). Wer Ritter mag, wird bei KING A von Inez Derksen, Regie Ingo Putz (10.2.2019), glücklich und eine Abwandlung der Arche Noah findet sich in SAGT DER WALFISCH ZUM THUNFISCH von Carsten Brandau, Regie Nora Bussenius, wie bereits erwähnt im Zirkuszelt, Start 23.06.2019.

Jugendliche gehen mit oder ohne theaterpädagogische Begleitung der Schulen in ERSCHIESST DIE APFELSINE von Michael Niemi, Regie Stefan Eberle (10.11.2018) oder in DIE VÖGEL von Aristophanes, eine griechische Tragödie unter der Regie von Ingo Putz (22.06.2019). PATRICKS TRICK von Kristo Sagor bringt Miriam Dold auf die Bühne – es geht um einen kleinen Jungen, der erfährt, dass sein ungeborener Bruder behindert zur Welt kommen wird (30.3.2019).

Persönliche Empfehlung: HUNDEHERZ von Bulgakow unter der Regie von Andrej Woron. Weil DER MEISTER UND MARGARITA ein Knaller war, kann dieses Stück nicht unwesentlich schlechter sein (29.9.2018).

Veronika Fischer