War´s das schon mit Livestream aus dem Hause Südkurier?

Transparenz! Transparenz! Mehr Bürgerbeteiligung und noch mehr Bürgerbeteiligung! Kommunalpolitik für alle frisch auf den Tisch! So und so ähnlich konnte man es hören und lesen, als der Südkurier sich anschickte, die Gemeinderatssitzungen live zu übertragen und dafür kräftig die Werbetrommel rührte. Doch nach Folge zwei war auch schon Schluss. Angedacht waren aber zumindest fünf Übertragungen. Daraus wird wohl nichts

Aus datenschutzrechtlichen Gründen sieht die Stadt Konstanz bislang davon ab, die Übertragungen aus dem Ratssaal selbst zu organisieren. Schnell war der Südkurier zur Stelle und bot an, den Livestream zu übernehmen. „Die Schaffung von möglichst viel Transparenz in kommunalpolitischen Vorgängen“, so Südkurier-Lokalchef Jörg-Peter Rau am 20.April in einer Mail an die Verwaltung, „gehört zu den ureigensten und gesetzlich verankerten Aufgaben eines regionalen Mediums“. Eine satte Mehrheit des Gemeinderates begrüßte die Initiative der Tageszeitung und war gespannt darauf, ob die BürgerInnen das Angebot auch nutzen würden. Südkurier-Chefredakteur Stefan Lutz jubilierte ebenfalls wie ein Schneekönig: „Ich freue mich sehr über die Entscheidung des Gemeinderates. Unsere Kommunalpolitiker in Konstanz haben damit ein starkes Zeichen für politische Transparenz gesetzt“. Von „Pionierarbeit“ des Südkurier war sogar überschwänglich die Rede.

Doch auf die starken Worte folgte bald Ernüchterung. Die Übertragungen waren meist von schlechter Bild- und Ton-Qualität und lange Pausen zwischen den einzelnen Tagesordnungspunkten waren sicher nicht dazu angetan, interessierte Internetnutzer stundenlang an den Bildschirm zu fesseln. Von Anfang an war dem Südkurier auch klar, dass die Kamera bei Punkten ausgeschaltet werden muss, wenn es um Persönlichkeitsrechte von Nichtmitgliedern des Rats geht. Kein Problem, ließ der Südkurier dazu vorab verlauten: „Während der Übertragungspausen sehen die Internetnutzer einen entsprechenden Hinweis und werden automatisch wieder zugeschaltet, wenn der Livestream weiter geht“. Auch das schien nicht immer funktioniert zu haben und nach der zweiten Übertragung stellte der Südkurier sein hoch gepriesenes Projekt erstmal abrupt ein, obwohl eine Pilotphase bis Ende 2012 mit mindestens fünf Übertragungen eingeplant war.

Die LLK wollte kürzlich wissen, wie es um die versprochenen Übertragungen bestellt sei und wandte sich offiziell an Jörg-Peter Rau. Außerdem, so die LLK in ihrer Anfrage per Mail, sei man daran interessiert zu erfahren, welche Erkenntnisse – Zugriffsraten, Streuung und Verweildauer der Livestream-Nutzer – die bisherigen Übertragungen gebracht hätten. Raus Antwort klingt eher wie ein frühzeitiger Abgesang. Die Tagesordnungen der bisherigen Sitzungen hätten sich für einen Livestream „als nicht handhabbar erwiesen“. Als Begründung für den Ausstieg führt Rau auch an: „Mal ein Punkt, der übertragen werden kann, dann wieder einer, in dem schutzwürdige Interessen Dritter (Bewerber, Gutachter usw.) Vorrang haben, zudem das Verbot, Mitarbeiter der Stadtverwaltung zu zeigen“. Wie bereits erwähnt, diese Einschränkungen waren längst vor der ersten Übertragung bekannt und wurden so auch akzeptiert.

Jörg-Peter Rau doppelt beleidigt nach und schiebt den Schwarzen Peter anderen zu: „Leider hat es im Gemeinderat keinerlei Anstrengungen gegeben, den Ablauf der Sitzungen an die politisch mehrheitlich gewollte Übertragung so anzupassen, dass ein nutzerfreundliches Internet-Angebot hätte entstehen können“. Das ist wohl eher ein vorgeschobener Grund. Zu vermuten ist, dass die Zugriffsraten auf den Südkurier-Livestream nicht den hoch gesteckten Erwartungen entsprochen haben. Nicht anders kann man Raus Antwort interpretieren, für den Transparenz eine Einbahnstraße zu sein scheint: „Zu einzelnen Reichweiten und anderen unternehmensinternen Daten geben wir grundsätzlich keine Auskunft“. Aber genau das hatten sich Verwaltung und Rat erhofft, um Informationen zu erhalten, ob und in welchem Umfang das Internet-Angebot genutzt wird.

Fazit: In Sachen Livestream hob der Südkurier vollmundig als Säbelzahntiger ab und schlug kurz darauf als zerzauster Teppichvorleger wieder auf.

Autor: H.Reile