Warnstreik am Montag – ver.di macht ernst

20120323-220517.jpgKindertagesstätten machen dicht, Fähren und Busse verkehren nicht, das Bürgerbüro bleibt geschlossen, die Ortspolizei streikt – die Gewerkschaft ver.di macht am kommenden Montag ernst mit ihrem Warnstreik. Mehr als 400 städtische Beschäftigte nehmen an dem Ausstand teil. Wichtig bleibt den Gewerkschaftern: „Wir streiken nicht gegen die Bürger. Wir streiken gegen die kommunalen Arbeitgeber“, bekräftigt Berthold Maier, Geschäftsführer im ver.di-Bezirk Schwarzwald-Bodensee.

Deshalb ist es Johannes Niederstedt, Betriebsratsvorsitzender bei den Stadtwerken, auch wichtig, dass der Busbetrieb am Montag erst ab 8.30 Uhr bestreikt wird. „Damit Schüler und Studenten noch rechtzeitig und ohne Stress zu ihren Prüfungen kommen“. Ein echtes Zugeständnis der Gewerkschaft, die ansonsten ab 4.30 Uhr und dann den ganzen Tag zum Ausstand aufruft.

Um ein weiteres Missverständnis auszuräumen, das in der in diesen Tagen häufig gestellten Frage zum Ausdruck kommt: „Warum streiken die Busfahrer schon wieder – die haben doch erst im letzten Herbst die Arbeit niedergelegt?“, erklärt der Betriebsrat geduldig: „Im Herbst ging es um den Manteltarifvertrag, der Arbeitsbedingungen wie Arbeitszeiten oder Pausenregelungen beschreibt und nur alle paar Jahre verhandelt wird. Hier und heute geht es um den Gehaltstarifvertrag, der die Entlohnung regelt, und in der Regel für ein, höchstens zwei Jahre abgeschlossen wird“.

Und da steht die Forderung der Gewerkschaft in dieser Verhandlungsrunde: Sie fordert 6,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 200 Euro mehr im Monat. Die Arbeitgeber – Bund und Kommunen – haben ein Stufenmodell angeboten, das nach ihrer Rechnung im zweiten Jahr auf ein Lohnplus von 3,3 Prozent hinauslaufen würde. Das jedoch hält ver.di für „völlig unzureichend“. Denn, so Landesbezirksleiterin Leni Breymaier erst letzten Dienstag auf einer Streikkundgebung in Heilbronn: “Die Wirtschaft boomt. Wenn jetzt kein Geld für den öffentlichen Dienst da ist, hat das etwas mit der gewollten chronischen Unterfinanzierung des Staates zu tun. Wir stehen hier, weil wir das nicht hinnehmen.”

20120323-214439.jpgNach Auskunft von Vertrauensleuten und Betriebsräten ist die Streikbereitschaft unter den städtischen Beschäftigten enorm hoch. „400 Gewerkschafter werden warnstreiken, 400 werden am Montag auch zur zentralen Streikveranstaltung nach Stuttgart fahren – es hätten aber gut und gerne doppelt so viele Kolleginnen und Kollegen sein können“, weiß Berthold Maier und fährt fort: „Auch bei den Kindertagesstätten hätten gerne 100 Prozent der Erzieherinnen mit gemacht. Wir belassen es bei 50 Prozent. Auch, um die Beeinträchtigungen für die Eltern möglichst gering zu halten“. Deshalb werden am Montag diese Einrichtungen bestreikt:

Kindertagesstätten: Geschlossen bleiben das Kinderhaus Paradies, das Kinderhaus am Rhein, die Kita Litzelstetten, Villa Kunterbunt und die Kinderkrippe Urisberg. Bei Problemfällen, so die Gewerkschaft, würden die übrigen Kitas aushelfen.

Stadtverwaltung: Die Beschäftigten im Bürgerbüro werden sich ebenso am Warnstreik beteiligen wir die des Gemeindevollzugdienstes, gemeinhin Ortspolizei genannt. Während ver.di nicht davon ausgeht, dass der Service des Bürgerbüros etwa durch Beamte aufrecht gehalten werden kann, dürfte der Ausfall der „Knöllchenjäger“ an diesem Tag nur wenige Bürger wirklich ärgern. Auch andere Bereiche der Stadtverwaltung dürften vom Warnstreik betroffen sein.

TBK und EBK: Wieder, wie schon beim ersten Warnstreik am 7. März, beteiligen sich die Mitarbeiter der Technischen Betriebe sowie der Entsorgungsbetriebe am Warnstreik; so dürfte die Müllabfuhr am Montag nur stark eingeschränkt möglich sein.

Fähre: Der Fährbetrieb Staad-Meersburg wird von 4.45 bis 20.45 Uhr am Montag bestreikt. Nur für Fußgänger besteht die Möglichkeit, per Schiff vom BSB-Hafen nach Meersburg zu gelangen.

Busse: Allein mit Rücksicht auf die SchülerInnen, die zu Abiturprüfungen erwartet werden, verkehren die Stadtbusse bis 8.30 Uhr nach Fahrplan. Danach aber wird der Busverkehr bis zum Beginn der Nachtschicht am Montag komplett lahm gelegt. Ausnahmen: Die Linie 908, die mit der Schweiz zusammen betrieben wird, und zwischen Konstanz und Kreuzlingen/Landschlacht betrieben wird. Und die Linie 4, die in Kooperation mit der BSB verkehrt, und die Stadtteile Allmannsdorf, Mainau, Wallhausen und Dettingen – allerdings nur im 30-Minuten-Takt – bedient. (Fahrplan-Informationen der Stadtwerke unter Tel.: 803666 oder 803333).

Auch in Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Offenburg und Baden-Baden wird der Montag zum Streiktag; die Gewerkschaft rechnet mit insgesamt 20 000 Beschäftigten, die sich am Warnstreik beteiligen werden – allein auf der zentralen Kundgebung Montag Mittag in Stuttgart erwartet ver.di 8000 Teilnehmer.

An den Tagen nach dem Konstanzer Warnstreik, am Dienstag und Mittwoch, 27. und 28.3., werden die bundesweiten Tarifverhandlungen in Potsdam fortgesetzt. „Kommt es dann wieder zu keiner Einigung“, so die Konstanzer Gewerkschafter auf ihrer gestrigen Pressekonferenz, „werden wir über Ostern weitere Schritte beraten. Ein flächendeckender Großstreik wäre dann nicht mehr ausgeschlossen“. Und Berthold Maier weiß auch, warum: „Oder möchten Sie als Erzieherin, der in jüngster Zeit immer mehr pädagogische Aufgaben abverlangt werden, mit 1600 Euro am Monatsende nach Hause gehen“?

Autor: hpk

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