Warnstreik und Oscar-Verleihung auf der Marktstätte
Die gute Nachricht: Busfahrer streiken (noch) nicht. Sonst aber sind Müllmänner und Pfleger, Krankenschwestern und Beschäftigte der Städte Konstanz, Singen und Radolfzell, von TBK und EBK, für Montag von ihrer Gewerkschaft ver.di zum Warnstreik aufgerufen. Es wird eine große Demonstration durch die Konstanzer Innenstadt geben und auf der Marktstätte eine Oscar-Verleihung
Nach dem ergebnislosen Auftakt der ersten Tarifrunde für den öffentlichen Dienst am Donnerstag in Potsdam macht die Gewerkschaft ver.di jetzt Druck: Flächendeckend im ganzen Landkreis Konstanz werden am Montag viele Beschäftigte der Kommunen warnstreiken. Und aus den Betrieben hört man: „Die Streikbereitschaft ist genauso groß wie die Wut auf die Arbeitgeber“. Besonders sauer sind die GewerkschafterInnen auf Innenminister Thomas de Maizière und Freiburgs OB Salomon, die Verhandlungsführer auf Arbeitgeber-Seite, die kein Angebot vorlegten und stattdessen die Gewerkschaftsforderung „maßlos“ nannten.
Tarifforderung 2014: Ein Sockelbetrag von 100 Euro und 3,5, Prozent Tariferhöhung – das ist die Kernforderung der Gewerkschaft ver.di. Darüber hinaus geht es um 30 Tage Urlaub für alle sowie um Spartenregelungen für Krankenhäuser und den Nahverkehr; befristete Arbeitsverhältnisse sollen zudem erschwert und die Übernahme von Auszubildenden erleichtert werden.
Und die Gewerkschafter sehen sich im Recht: „Die Bundestagsabgeordneten spendieren sich eine Diätenerhöhung von 10 Prozent und wir sollen in die Röhre gucken?“ fragt Klaus Hauser von den Technischen Betrieben Konstanz. Und Margrit Zepf, ver.di-Geschäftsführerin, gibt zu bedenken: „Die Stadtkassen gerade in Konstanz sind derzeit gut gefüllt. Wann, wenn nicht jetzt, sind unsere Forderungen erfüllbar?“ Ihre Stellvertreterin Hanna Binder verweist überdies auf die Haushaltssituation gerade in Baden-Württemberg: „Verglichen mit Bundesländern im Norden und Osten geht es unseren Kommunen geradezu rosig.“ Daniel Babulenko von den EBK weiß, „dass die Löhne schon jetzt nicht ausreichen – Dreiviertel meiner Kollegen sind auf einen Zweit-Job angewiesen“.Sein Kollege Steffen Hoschka ergänzt: „Die Privatwirtschaft zahlt bei gleicher Qualifikation 20 Prozent mehr“. Und Ursula Hanser von der Stadtverwaltung Singen verweist auf das hohe Preisniveau, „weshalb“, so Felix Lachnit, Betriebsratsvorsitzender in der Konstanzer Stadtverwaltung, „die soziale Komponente eines Sockelbetrags von 100 Euro so wichtig ist: Das begünstigt die Beschäftigten mit unteren Einkommen, die unter den hohen Preisen besonders schmerzlich leiden“.
Tatsächlich sind gerade die Eingangsgehälter lächerlich niedrig. So kriegt eine Reinigungskraft gerade mal 1 729,86 Euro brutto pro Monat, der Müllwerker wird mit 1 875,29 abgespeist und die Erzieherin mit 2 093,38. „Vielleicht überspringt nach dieser Tarifrunde eine Krankenschwester im Endgehalt endlich mal die 3 000-Euro-Schwelle“, hofft Gewerkschafterin Zepf.. Bisher muss sie sich mit 2 980,84 Euro zufrieden geben.
Allein im Landkreis Konstanz sind rund 5000 bei den kommunalen Einrichtungen Beschäftigte von den aktuellen Tarifverhandlungen betroffen, die Ende nächster Woche fortgesetzt werden. „Sollten sich die Arbeitgeber auch dann wieder nicht bewegen, werden wie unsere Aktionen in der letzten März-Woche verstärken“, droht Margrit Zepf. Und dann sind wohl auch die Busfahrer dabei.
Zum ersten Warnstreik am Montag, 17. März, werden Kolleginnen und Kollegen aus Singen und Radolfzell gegen 11 Uhr nach Konstanz kommen, so die Organisatorin Binder. Der Demonstrationszug soll dann von der Marktstätte über die Fahrradbrücke zum Benediktinerplatz und zurück über die alte Rheinbrücke zur Marktstätte führen, wo ab 12 Uhr auf einem roten Teppich die „Oscars“ verliehen werden: Die Beschäftigten, ohne deren Arbeit nichts in dieser Stadt liefe, feiern sich dann selber – „wir sind es wert“.
[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Autor: hpk
Die Eingangslöhne und Gehälter müssen vor allem in den unteren Bereichen dringend drastisch erhöht werden. Nicht nur in den (Uni-) Städten sondern auch im Umland sind die Mieten, Neben- und Lebenshaltungskosten, Kindergartenplätze usw. nicht mehr zu erbringen. Hoffentlich nehmen möglichst viele Beschäftigte, Gewerkschafter und Bürger an den Warnstreiks am Montag teil. Auch Rentner sollten sich unbedingt daran beteiligen. Wir sind es wert. Alle – ohne Ausnahme.