Warum sich der Konstanzer Gemeinderat für Tiere einsetzen soll

Tiere hinter Gittern – damit soll Schluss sein. Die Tierrechtsorganisation PETA, bekannt für spektakuläre, manchmal auch grenzwertige Aktionen zum Tierschutz, appelliert an den Konstanzer Gemeinderat, ein kommunales Wildtierverbot für Zirkusbetriebe zu erlassen. Auszugsweise dokumentieren wir das aktuelle PETA-Schreiben an die Stadträte. Und es fragt sich, warum eine solche Initiative nicht auf die Sea-Life-Tiere am Bodenseeufer erweitert werden soll

 

„An die Mitglieder der Stadtratsfraktionen

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich schreibe Ihnen im Namen von PETA Deutschland e.V., einer Schwesterorganisation von PETA USA, der weltweit größten Tierrechtsorganisation mit über 3 Millionen Mitgliedern und Unterstützern.

Wir bitten Sie darum, in Ihrer Stadt ein kommunales Wildtierverbot für Zirkusbetriebe nach dem erfolgreichen Vorbild von Städten wie Potsdam, Köln, Speyer, Heidelberg oder Worms zu initiieren. Denn auch in diesem Jahr starben in deutschen Zirkussen wieder mehrere Elefanten einen qualvollen Tod wegen der systembedingt artwidrigen Haltungsbedingungen in reisenden Zirkusbetrieben. Tiger wurden auch im Jahr 2012 wieder mit der Peitsche durch die Manege getrieben, Bären müssen weiterhin vor Publikum tanzen und Löwen überwiegend in winzigen Käfigwagen leben. Allein in diesem Jahr haben deshalb wieder zahlreiche Städte wie Darmstadt, Siegen, Bonn oder Heppenheim ein kommunales Verbot für Wildtiere im Zirkus beschlossen.

Tierschützer, Experten und die Mehrheit der Bevölkerung vertreten mittlerweile die Ansicht, dass Wildtiere wie Elefanten, Bären oder Tiger in einem reisenden Zirkusbetrieb systembedingt nicht artgerecht gehalten werden können. Im Jahr 2010 sprach sich die Bundestierärztekammer für ein Verbot von Wildtieren im Zirkus aus und im November 2011 stimmte der Bundesrat nahezu einstimmig in einer Entschließung für ein solches Verbot. Drei repräsentativen Umfragen von 2010 und 2011 zufolge finden rund zwei Drittel der Deutschen Wildtiere im Zirkus nicht mehr für zeitgemäß. 14 europäische Länder haben bereits Verbote oder deutliche Beschränkungen bezüglich der im Zirkus genehmigten Tierarten erlassen. Allerdings hat die Bundesregierung im Dezember 2011, nur wenige Wochen nach der Bundesratsentschließung, im Bundestag gegen ein Verbot von Wildtieren im Zirkus gestimmt. Die jüngst von der Bundesregierung vorgestellte Tierschutznovelle stellt nach Ansicht von 17 großen deutschen Tierschutzverbänden sogar eine Verschlechterung für Wildtiere im Zirkus dar.

Angesichts dieser fortwährenden Blockade-Haltung der Bundesregierung möchten immer mehr Städte und Gemeinden daher selbst ein kommunales Wildtierverbot für Zirkusbetriebe einführen. Doch durch einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 30.07.2008 und nachfolgenden Klageandrohungen diverser Zirkusbetriebe gibt es bei einigen Kommunalverwaltungen eine erhöhte Verunsicherung, was die Rechtskonformität eines kommunalen Wildtierverbotes betrifft. Daher gehen wir nachfolgend ausführlich auf die rechtliche Situation ein:

Eindeutige Rechtslage pro Wildtierverbot im Zirkus neuerdings auch laut dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), in der am 23.05.2012 im Bundeskabinett vorgestellten Novelle des Tierschutzgesetzes:

„Der Beruf des Tierlehrers ist in der Regel nicht auf die Arbeit mit einer bestimmten Tierart oder mehreren bestimmten Tierarten beschränkt. Viele Tierlehrer arbeiten mit mehreren Tierarten, teils verteilt auf ihre berufliche Laufbahn, teils gleichzeitig. Manche Tierlehrer haben sich allerdings auf wenige Tierarten oder eine bestimmte Tierart spezialisiert, dies insbesondere bei sehr ausdifferenzierten Tiernummern. Ein Tierlehrer hat aber in der Regel die Möglichkeit, eine Tierart, mit der er arbeitet, zu wechseln und seine Kenntnisse und Fähigkeiten bei einer anderen Tierart anzuwenden. Insoweit stellen Verbote oder die Einschränkung der Haltung bestimmter Arten wildlebender Tiere im Zirkus keinen Eingriff in die Berufswahlfreiheit dar.“

Eindeutige Rechtslage pro Wildtierverbot im Zirkus laut dem Bundesjustizministerium:

PETA liegen ministeriumsinterne Stellungnahmen bezüglich der Verfassungskonformität eines Wildtierverbotes in Zirkusbetrieben vor. Diese Stellungnahmen sind bereits 2005 vom federführenden Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) im Rahmen der regierungsinternen Abstimmung zum Bundesratsbeschluss von 2003 eingeholt worden. Aus den Stellungnahmen der beteiligten Ministerien geht eindeutig hervor, dass ein Wildtierhaltungsverbot („Verbot mit der Möglichkeit der Genehmigung von Ausnahmen“) weder auf europäische noch auf nationale verfassungsrechtliche Bedenken stößt. Es ist nämlich nicht von einem Berufsverbot gemäß Art. 12 GG die Rede, sondern es wird nur („lediglich“) die Berufsausübungsfreiheit tangiert, ein bedeutender Unterschied, den das Justizministerium in seiner Stellungnahme vom 29.04.2005 sehr ausführlich darlegt. Auch das Bundeswirtschafts- und das Bundesinnenministerium machen keine verfassungsrechtlichen Bedenken geltend.

Auch auf EU-Ebene ist die Rechtsposition, Wildtiere in Zirkussen auf nationaler Ebene zu verbieten, durch zwei rechtskräftig abgeschlossene Verfahren bereits verankert.

Wir bitten Sie, angesichts der in hohem Maße bedrückenden Situation für Wildtiere in deutschen Zirkusbetrieben, eine Initiative für ein Wildtierverbot in Ihrer Stadt hervorzubringen. Bitte nehmen Sie sich die Zeit, weitere Informationen über die fortwährend und in hohem Maß tierquälerischen Zustände auch in großen deutschen Zirkusbetrieben auf unseren Internetseiten abzurufen:

www.peta.de/zirkus (allgemein), www.peta.de/circuskrone, www.peta.de/kronezoo, www.peta.de/rettetmausi, www.peta.de/renz, www.peta.de/maya

Mit freundlichen Grüßen

Peter Höffken.. Diplom-Zoologe / Kampagnenleiter Tiere in der Unterhaltungsbranche“