Was geschah wirklich in der Singener Teestube?

20130904-000134.jpgDie Nerven lagen blank in der Nacht auf den 28. August im Singener Jugendtreff „Teestube“: 26 Polizeibeamte aus Singen, den angrenzenden Gemeinden und sogar aus Konstanz stürmten die „Teestube“, es kam zu Rangeleien, es gab Verletzte. Und jetzt gibt es gegenseitige Vorwürfe und natürlich unterschiedliche Darstellungen beider Seiten

Dabei ging es nur um eine lächerliche Ruhestörung – doch Gerd Kauschat vom Förderverein Teestube Singen spricht in einer Pressemitteilung von „überflüssiger Polizeigewalt“. Dass Gewalt angewendet wurde, bestätigt auch Michael Aschenbrenner, Sprecher der Konstanzer Polizeidirektion – es kam zum Einsatz von Pfefferspray, es kam sogar zu einem Unfall mit Pfefferspray, als die Kappe einer Spraydose abriss und das ausströmende Gas Polizisten wie Teestuben-Besucher gleichermaßen verletzte.

Doch damit erschöpfen sich die Gemeinsamkeiten in der Berichterstattung. Während Kauschat von einer „ungesetzlichen Beschlagnahmung“ von Handies und Kameras spricht, verteidigt Aschenbrenner seine Kollegen: „In dem Trubel ließen sich keine Quittungen ausstellen“. Man habe stattdessen am Tag darauf die Bescheinigungen auf der Wache ausgestellt. Dem widerspricht Gerd Kauschat, der berichtet, auf der Wache seien die jungen Leute genötigt worden, ihre Handies ohne Bescheinigung einzusammeln. Auch den Vorwurf der „unterlassenen Hilfeleistung“ will die Polizeidirektion nicht auf sich sitzen lassen – schließlich seien die Verletzten gemeinsam von Gästen einer nahen Gaststätte versorgt worden.

Mittlerweile laufen polizeiliche Vernehmungen, aber auch schon Dienstaufsichtsbeschwerden. Mittlerweile sind Anwälte eingeschaltet und bei der Polizei wird Schadensbegrenzung versucht.

Im Anschluss dokumentieren wir zunächst die Presseerklärung des Fördervereins Teestube und letztlich die Mitteilung der Polizei.

Autor: hpk

Überflüssige Polizeigewalt bei Einsatz in der Teestube

Singen – In der Teestube fand in der Nacht vom 27.08.2013 auf 28.08.2013 ein Polizeieinsatz im Zusammenhang mit einer Ruhestörung bei einem Konzert statt, bei dem insgesamt neun Besucher der Teestube z.T. erheblich verletzt wurden. Gegen 22.45 Uhr tauchten drei Beamte der Polizei vor der Teestube auf, da nach Angaben der Beamten ein Anruf eines Nachbarn erfolgt war. Dabei fiel bereits auf, dass den Beamten die der Polizei vor einem Monat benannte Ansprechpartnerin für Konzerte nicht bekannt war. Den Beamten wurde daraufhin die Ansprechpartnerin erneut benannt. Das Konzert wurde dann mit deutlich reduzierter Lautstärke fortgesetzt.

Gegen 23.15 Uhr tauchten dann mehrere Streifenwagen vor der Teestube auf. Erneut versuchten die Beamten nicht, die benannte Ansprechpartnerin zu erreichen, sondern verschafften sich unter
Einsatz von Pfefferspray (in geschlossenen Räumen!), angeblich zur Beschlagnahme der Musikanlage, Zutritt zur Teestube, obwohl Ihnen bereits an der Tür angeboten wurde, die Anlage auszuhändigen. Im weiteren Verlauf des Einsatzes drangen Beamte der Polizei, der Bundespolizei und des Zolls sowohl in den Bereich des Jugendzentrums, wie auch in die angeschlossene Jugendwohngemeinschaft ein.

Alle verbliebenen Besucher der Teestube sowie die Bewohner der WG, die z.T. in ihren privaten Zimmern schliefen, wurden zwangsweise zur Feststellung der Personalien auf die Straße geführt. Verletzten, die zur Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe das Singener Krankenhaus aufsuchen wollten, wurde das Verlassen des Gebäudes verwehrt. Ein daraufhin zu Hilfe gerufener Krankenwagen wurde nach dem Eindruck von Besuchern von der Polizei wieder weggeschickt. Versuche, das rüde Vorgehen der Polizei mit Kameras und Handykameras zu dokumentieren, endeten mit der Beschlagnahme fast aller vorhandenen Handys und Kameras durch die Polizei. Dabei weigerte sich die Polizei, auch auf mehrfaches Verlangen, die Beschlagnahme zu bescheinigen. Mehrere Personen, die ihren Unmut über das Vorgehen der Polizei äußerten, wurden fest- oder in Gewahrsam genommen.

Der Vorstand des Fördervereins Teestube Singen e.V. bedauert ausdrücklich, dass die Polizei in der
oben beschriebenen Weise bestehende Absprachen missachtete und dadurch unnötigerweise Menschen zu Schaden kamen. Darüber hinaus ist es offensichtlich, dass eine Eskalation ohne weiteres hätte vermieden werden können, wenn das Angebot, die Konzertanlage auszuhändigen, von der Polizei wahrgenommen worden wäre. Der Vorstand bedauert weiterhin, dass die Nachtruhe der Anwohner, die, sofern sie überhaupt beeinträchtigt wurde, ohne das unbesonnene Vorgehen der Polizei bereits vor 23.30 Uhr wieder hätte hergestellt sein können, durch den völlig unverhältnismäßigen Polizeieinsatz bis ca. 2.00 Uhr erheblich gestört war.

Für den Förderverein Teestube Singen e.V.
i.A. Gerd Kauschat

Widerstand – mehrere Polizeibeamte verletzt

Singen Am Dienstag ertönte aus einem Gebäude in der Hauptstraße gegen 22:45 Uhr sehr laute Musik. Anwohner beschwerten sich. Eine Streifenbesatzung wies die Ruhestörer an, die Musikanlage leiser zu drehen. Gleichzeitig wurde seitens der Beamten darauf hingewiesen, dass bei Missachtung der polizeilichen Weisung mit einer Beschlagnahme der Musikanlage zu rechnen sei. Gegen 23:20 Uhr musste die Polizei erneut anfahren, da die Musik immer noch in voller Lautstärke lief. Als die Beamten die Räumlichkeiten betreten wollten, um die Musikanlage der völlig uneinsichtigen Störer zu beschlagnahmen, stellten sich ca. 20 Personen in den Weg und verhinderten das Betreten der Räume, indem sie sich vor den Polizisten aufbauten und diese immer wieder zurückstießen. Weitere Personen aus anderen Zimmern kamen hinzu und bedrängten die Beamten, die daraufhin Verstärkung anfordern mussten.

Die Situation eskalierte. Die Ruhestörer gingen die Beamten körperlich an und schlugen auf sie ein. Die Polizisten waren deshalb gezwungen, Pfefferspray einzusetzen. Dabei gelang es einer Widerstand leistenden Person, den Verschluss eines Pfefferspray-Sprühgerätes abzureißen, wodurch das Pfefferspray schlagartig entwich. Die in unmittelbarer Nähe befindlichen Beamten wurden davon tangiert. Sie erlitten Reizungen auf der Haut – ein Beamter wurde an der Hand verletzt. Kräfte von umliegenden Revieren, sowie der Bundespolizei und des Zolls mussten unterstützend eingreifen. Drei Personen wurden vorläufig festgenommen. Vier Personen in Gewahrsam genommen, da sie einem Platzverweis nicht nachkamen. Gegen 26 Personen läuft ein Ermittlungsverfahren.

Hurrle/Aschenbrenner, Polizeidirektion Konstanz