Was ist bloß in den Baubürgermeister gefahren?

Ignoriert Kurt Werner neuerdings demokratisch gefällte Beschlüsse der Ausschüsse des Gemeinderats? Denn für die Gemeinderatssitzung am kommenden Donnerstag bringt er unversehens eine neue, unabgestimmte Lösung für die Sanierung des Münsterplatzes in die Diskussion. Das ist auch dem in letzter Zeit agilen Seniorenrat aufgefallen, der postwendend protestiert. Man fragt sich: Was soll das, Herr Werner? 

Zur Geschichte dieser unendlich-unsäglichen Geschichte des Münsterplatzes: Der seit 2003 stückweise sanierte Münsterplatz war nie barrierefrei – das Holperpflaster aus Natursteinen ist zwar hübsch anzusehen, aber von Behinderten (und auch von Kinderwagen-Schiebern und Rollator-Nutzern, selbst von Stöckelschuh-Passantinnen und Radfahrern) nicht schadensfrei benutzbar; die in mehrfachen Versuchen abgeschliffenen Pflasterränder konnten das Problem nie lösen. Von Anfang an protestierten der Senioren-Beauftragte Conrad Schechter, der Stadtseniorenrat und verschiedene, einsichtige Stadträte gegen diese Ignoranz. Doch Baubürgermeister Kurt Werner war stets die Ästhetik wichtiger als die Barrierefreiheit.

Wann respektiert das Baudezernat ein Votum?

Das gilt offensichtlich bis auf den heutigen Tag. Denn der Seniorenrat protestiert in einer aktuellen Stellungnahme unmissverständlich: “Wann endlich wird das Votum der mobilitätseingeschränkten Menschen in unserer Stadt auch vom städtischen Baudezernat respektiert?“

Gemeint ist damit die flott aufgetauchte Idee (die dem letzten TUA-Beschluss widerspricht), nun Wackersteine statt des vorgesehenen Sandsteinbelages zu nutzen. „Das Abrollverhalten auf dem Sandsteinbelag für Gehhilfen, Rollstühle und Kinderwagen ist unbestreitbar besser,“ gibt der Seniorenrat zu bedenken und verweist zudem auf eine bessere Sichtbarkeit für Sehbehinderte.

Fast schon flehentlich bittet der Stadtseniorenrat alle Mitglieder des Gemeinderates, das empfehlende Votum des TUA vom 05.02.2013 zu bestätigen; „dann wäre eine nachhaltige, menschenfreundliche Gestaltung des Münsterplatzes endlich realisierbar.“

Warum werden Vorschläge regelmäßig ignoriert?

Überdies soll am Donnerstag noch über einen Ergänzungsantrag der SPD-Fraktion entschieden werden: Brigitte Leipold möchte gerne eine Y-förmige Ergänzung der Münsterplatz-Querung hin zur St. Johann-Gasse. Das ist nur zu verständlich, denn die Familie Leipold wohnt in der Niederburg und nutzt diese Gasse regelmäßig auf ihrem Weg in die Innenstadt. Doch auch andere Niederbürgler werden für diesen Vorschlag dankbar sein.

Man fragt sich, warum das Baudezernat alle diese Vorschläge nicht erst seit heute nicht berücksichtigen mag. Und man fragt sich, was Bürgermeister Werner treibt, das TUA-Diskussionsergebnis zu konterkarieren. Ein solcher Parforceritt ist unter Demokraten zumindest ungewöhnlich. Auch Kurt Werner sollte darüber noch einmal nachdenken…

Autor: hpk

Weiterer Link:

Endlich ein Weg über den Münsterplatz

 

Und für alle, die es genau wissen wollen: Hier das Schreiben des Stadtseniorenrates an sämtliche Mitglieder des Konstanzer Gemeinderates im Wortlaut:

 

Pflaster auf dem Münsterplatz
Vorlage für die Gemeinderatssitzung am 26.02.2013

Wann endlich wird das Votum der mobilitätseingeschränkten Menschen in unserer Stadt auch vom städtischen Baudezernat respektiert? Schon wieder wird durch die Vorlage des Baudezernates für die Gemeinderatssitzung am 26. Februar d. J. versucht, dem Wackensteinpflaster das Wort zu reden.

Der TUA hat in seiner Sitzung am 05.02.2013 dem Baudezernat einen eindeutigen Auftrag mehrheitlich erteilt. Der Inhalt dieses Beschlusses wurde mehrheitlich von den mobilitätseingeschränkten Menschen gefordert.

In der jetzt vorliegenden Sitzungsvorlage wird erstmals eine neue, bisher nicht bekannte und nicht diskutierte Variante für die Querung über den Münsterplatz beschrieben. Dabei wird außerdem auf eine Pflasterung des Basler Münsterplatzes verwiesen; entscheidende Nachteile dieser Pflasterung werden nicht genannt, möglicherweise übersehen.

Der von den mobilitätseingeschränkten Menschen geforderte Sandsteinbelag sowohl im Randbereich als auch in der Querspange über den Münsterplatz zerstört nicht den Gesamtzusammenhang des Münsterplatzes (so die Meinung des Baudezernates), denn er wird sich in den übrigen Pflasterbelag einfügen und die Bedürfnisse der Menschen berücksichtigen. Das ist der entscheidende Gesamtzusammenhang, der vom Baudezernat aber nicht gesehen wird. Der mit dem Münstersandstein korrespondierende Sandsteinbelag hat gegenüber dem Wackensteinbelag außerdem den Vorteil, dass er leichter zu reinigen ist und im Winter leichter von Schnee und Eis frei geräumt werden kann (Folgekosten). Das Abrollverhalten auf dem Sandsteinbelag für Gehhilfen, Rollstühle und Kinderwagen ist unbestreitbar besser. Das Basler Münster (auch dort ist es das prägende Merkmal des Platzes) ist aus rotem Sandstein gebaut. Ein ausreichend harter roter Sandsteinbelag, der für eine Pflasterung geeignet ist, gibt es möglicherweise nicht. Dies alles wird in den umfangreichen Basler Unterlagen völlig außer Acht gelassen.

Unser Münster ist aus grauem Sandstein gebaut. Folgendes Zitat aus der Begründung in der Sitzungsvorlage des Baudezernates für den gesägten Wackensteinbelag ist außerdem auffällig: Diese Steine unterscheiden sich merklich im Gehkomfort, optisch beeinträchtigen sie jedoch die Qualität des Platzes nicht.“ D. h., die optische Erkennbarkeit des Weges mit gesägten Wackensteinen ist nicht beabsichtigt. Es würde also den sehbehinderten Menschen eine Pflasterung in der Querung über den Münsterplatz zugemutet, die sie nur schwer oder überhaupt nicht finden können. Dies ist inakzeptabel.

Von den jetzt dargestellten zwei Varianten ist aus der Sicht des Stadtseniorenrates nur die Variante 3 a akzeptabel. Die Variante 3 b entfernt sich zu weit weg vom Haupteingang des Münsters und ließe dieses städtebaulich prägende Gebäude quasi links liegen. Außerdem wird so der Weg von der Wessenbergstraße bis zur Brückengasse und weiter bis zum Stadttheater länger. Die Variante 3 a wäre im Bereich des Haupteinganges des Münsters bis zu dessen Treppenaufgang zu verbreitern, was der Verbindung zwischen Münsterplatz und Münster entspräche.

Der Stadtseniorenrat bittet alle Mitglieder des Gemeinderates, das empfehlende Votum des TUA vom 05.02.2013 zu bestätigen; dann wäre eine nachhaltige, menschenfreundliche Gestaltung des Münsterplatzes endlich realisierbar.