Was ist da los in Venezuela?

Zu einer Veranstaltung über die Lage in Venezuela lädt am kommenden Mittwoch das „Solidaritätsbündnis Venezuela Bodensee“ ein. Als Referent gewonnen hat es den Deutsch-Venezolaner Carolus Wimmer (Foto), in der Vergangenheit in verschiedenen Ämtern für die linke Regierung tätig und aktuell Präsident des venezolanischen Friedenskomitees (COSI). Das Mitglied der KP Venezuelas wird über die dramatische Lage in dem sozialistisch regierten Land berichten.

Denn Venezuela steckt trotz seines Ölreichtums in einer tiefen Wirtschaftskrise. Hyperinflation, Versorgungsengpässe und Schmuggel drohen die in den letzten zwei Jahrzehnten der „bolivarianischen Revolution“ erreichten sozialen und politischen Errungenschaften zunichte zu machen. Nicht verwunderlich, dass der ultrarechte Flügel der neoliberalen Opposition, der aktiven Rückendeckung der USA gewiss, zurück an die Macht drängt, mit allen, auch illegalen Mitteln.

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Über die Ursachen der dramatischen Krise wird in der hiesigen Linken gestritten. Während die einen Versäumnisse der Regierung Maduro etwa beim wirtschaftlichen Aufbau und im Kampf gegen die Korruption beklagen, verweisen andere auf die beständige Sabotagepolitik der von den Fleischtöpfen verdrängten Oligarchie und den von der USA geführten Wirtschaftskrieg. Die Veranstaltung bietet Gelegenheit, bei einem nachzufragen, der die Verhältnisse aus erster Hand kennt. Die Einladung der VeranstalterInnen im Wortlaut.


Hände weg von Venezuela!

Anlässlich einer Protestkundgebung einiger tausend Menschen gegen die amtierende Regierung eines Landes erklärt der Wortführer den mit großer Mehrheit gewählten Staatspräsidenten für abgesetzt und ermächtigt sich selbst zum Nachfolger. Nur wenige Stunden danach erkennen die USA den Mann an, einige Zeit später ziehen mehrere EU-Länder nach, darunter die Bundesrepublik. Das ist undenkbar, weil es gegen alle parlamentarisch-demokratischen Gepflogenheiten verstößt? Ist es nicht, sondern so geschehen im Januar 2019 in Venezuela.

Der Mann heißt Juan Guaidó und ist die Galionsfigur rechter Oppositionskräfte, die zum Sturz der sozialistischen Regierung um den Präsidenten Nicolás Maduro blasen. Hiesige Medien malen den Konflikt als eine Auseinander­-setzung zwischen einem finsteren Diktator und demokratischen Hoffnungsträgern, die der venezolanischen Bevölkerung Befreiung von Not und Unterdrückung bringen wollen. Mit der Wirklichkeit hat diese Erzählung wenig zu tun. Sie verschweigt, dass zwar viele Angehörige der Mittelschichten sich den von Teilen der reichen Elite organisierten Protesten angeschlossen haben, die Regierung aber nach wie vor Unterstützung bei der ärmeren Bevölkerung genießt.

Wer die Lage in dem Land verstehen will, muss hinter die medial aufgebauten Kulissen blicken. Von Beginn der „bolivarischen Revolution“ an, die 1998 mit dem Wahlsieg von Hugo Chávez begann, wollen die USA diesen ihren Interessen zuwiderlaufenden Prozess beseitigen. Der Grund: Nicht nur bekämpft Washington seit jeher alle linken Aufbruchversuche im als eigenen Hinterhof betrachteten Südamerika; Venezuela ist ein rohstoffreiches Land und verfügt über die weltweit größten bekannten Erdölvorräte.

Doch alle Putschversuche (etwa 2002), Mordanschläge, ökonomischen Angriffe und die Förderung einer von Washington abhängigen Opposition fruchteten nichts. Zu breit war die Basis für das Programm der sozialen Umgestaltung in der Bevölkerung. So entstanden Sozialprogramme, die Menschen aus den Unterschichten ärztliche Versorgung, Wohnraum und den Zugang zu Bildung ermöglichten und die Armut im Land halbierten. Hinzu kamen basisdemokratische Rätestrukturen, die den Keim einer Selbstregierung der Gesellschaft bilden sollten.

Nun wittern die USA und die von ihr gepäppelte Opposition indes Morgenluft, weil das Land in eine tiefe Wirtschaftskrise geraten ist. Geschuldet ist sie einerseits dem Wirtschaftskrieg der USA (Sanktionen, Beschlagnahme von Staatsvermögen etc.) und der Obstruktion der rechter Opposition (Sabotage, Schmuggel etc.). Verantwortung für die Krise trägt aber auch die Sozialistische Partei unter Nicolás Maduro selbst, die es versäumt hat, in dem immer noch vom Erdölexport abhängigen Venezuela den Aufbau einer produktiven Volkswirtschaft in Angriff zu nehmen. Die Abhängigkeit vom „Erdölrentismus“ fördert Korruption, torpediert die emanzipatorischen Umgestaltungsbestrebungen und macht anfällig für Angriffe von außen, wie sich jetzt zeigt.

Nachdem der Putschversuch im Januar gescheitert ist, droht US-Präsident Trump mit einer Militärintervention, auch Guaidó redet einen Bürgerkrieg herbei. An den Grenzen sind US-Truppen aufmarschiert, flankiert wird das Säbelrasseln durch politischen Druck – alles, um den gewünschten „Regime Change“ herbeizuführen. Dabei zündelt die deutsche Bundesregierung durch ihre völkerrechtswidrige Unterstützung Guaidós kräftig mit.

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Gerade deswegen ist es für uns wichtig, auch hier am Bodensee klar Stellung zu beziehen, aufzuklären und Solidarität zu organisieren. In dieser Situation vermeintlich neutral bleiben zu wollen, hieße, den Putschversuch indirekt zu unterstützen und zu legitimieren. Deshalb fordern wir: Schluss mit den Kriegsdrohungen gegen Venezuela; Sofortige Aufhebung aller gegen Venezuela und seine Repräsentanten verhängten Strafmaßnahmen! Freigabe aller von internationalen Banken und Finanzinstitutionen blockierten Vermögenswerte! Sofortige Normalisierung der diplomatischen Beziehungen mit Venezuela!


MM/jüg (Foto: privat)

Wann? Mittwoch, 19.6., 19.00 Uhr. Wo? Konstanz, Treffpunkt Petershausen (Georg-Elser-Platz 1). Eintritt frei.