Was man in der Stadt so fragt und flüstert
Geht das großspurig angekündigte Veranstaltungshaus am Seerhein bereits jetzt auf dem Zahnfleisch und entwickelt sich zu einem finanziellen Desaster, das sich gewaschen hat? Klotzt man dennoch weiter und gönnt sich ein Konzerthaus dazu, ohne die BürgerInnen zu fragen? Wie lange braucht man für den Bau einer Synagoge? Weitere zehn Jahre oder gar noch länger? Könnte Konstanz ein Amtsblatt finanzieren, das in alle Haushalte geliefert wird, sehr zum Ärger des Südkuriers? Antworten gibt es hier….
Ende 2014 hat die Israelitische Religionsgemeinschaft (IRG) Baden die Konstanzer Verwaltung wissen lassen, dass sie auf den Bau einer Synagoge in der Sigismundstraße endgültig verzichte. Bei ihrer Absage sparte die IRG auch nicht mit Kritik: Da die Stadt der IRG das in Frage kommende Grundstück der IRG noch nicht übertragen habe, könne man das Bauvorhaben nicht mehr realisieren. Stilles Aufatmen auch im Gemeinderat, denn über zehn Jahre lang hatte die IRG die Stadt hingehalten und das Gelände entwickelte sich zu einem innerstädtischen Müllplatz. Die Linke Liste Konstanz (LLK) regte daraufhin an, umgehend über eine alternative Nutzung des Grundstücks nachzudenken. Nun aber steht die IRG erneut auf der Matte, erklärte den Rückzug vom Rückzug und bat Oberbürgermeister Uli Burchardt, das Thema wieder auf die Tagesordnung zu setzen, verbunden mit der Aussage: „ (…) dann seien Sie versichert, dass die IRG Baden unverzüglich mit den notwendigen Baumaßnahmen beginnen wird“. Doch daran glaubt wohl kaum jemand mehr.
Mit der Stadt lässt sich Geld verdienen. Vor allem der Südkurier profitiert davon und zwar nicht zu knapp. Allein im vergangenen Jahr spülten „amtliche Bekanntmachungen“, die in der hiesigen Tageszeitung veröffentlicht wurden, etwa 65 000 Euro in die Verlagskassen. An diesem fetten Zubrot möchte sich der Südkurier noch lange laben. Kein Wunder also, dass deren Verlagsobere ziemlich unruhig werden, wenn die Sprache auf ein Amtsblatt für Konstanz kommt. Denn sie wissen: Ihre Zeitung, die im Jahresabo rund 250 Euro kostet, erreicht längst nicht alle KonstanzerInnen, ein Amtsblatt, gratis und flächendeckend verteilt an die örtlichen Haushalte, allerdings schon. Was also spricht gegen die Herausgabe eines Amtsblatts, das auch im Internet abrufbar sein sollte? Interessant werden könnte dieses auch für Anzeigenkunden und die zu erwartenden Werbe-Einnahmen würden zur Finanzierung des Vorhabens beitragen. Durchkalkulieren könnte man es ja mal.
Ein Denkmal auf der Oberen Laube möchte an den Reformator Jan Hus erinnern, der wegen seiner Kritik an der damaligen Amtskirche während des Konziljubiläums (1414-1418) auf dem Scheiterhaufen endete. Am 6. Juli, also genau zum 600. Todestag von Hus, soll das Denkmal aufgestellt werden. Im Vorfeld gingen die Meinungen über das Kunstwerk, einem Geschenk der Tschechoslowakisch-Hussitischen Kirche, recht weit auseinander. Schließlich aber gab es grünes Licht für die milde Gabe. Die LLK hatte allerdings darauf bestanden, dass auf dem Denkmal nicht nur an Hus erinnert werde, sondern auch der Name von Hieronymus von Prag eingearbeitet werden sollte. Denn auch er wurde einige Monate nach Hus von der mordlüsternen Konzilsbande auf den Scheiterhaufen geschleppt. Jubiläumsorganisatorin Ruth Bader fragte bei der tschechischen Künstlerin nach und die willigte ein. Immer noch bockig zeigt sich die Katholische Glaubensgemeinschaft: Bis heute weigert sie sich standhaft, die beiden Reformatoren offiziell und umfänglich zu rehabilitieren.
Die Euphorie für das Veranstaltungshaus am Seerhein versandet, der Jubelchor der UnterstützerInnen ist so leise geworden, dass man ihn kaum mehr wahr nimmt. Aus dem „Haus für alle Konstanzerinnen und Konstanzer“ ist klammheimlich ein „Haus für Konstanz“ geworden. Und auch die einst vorgelegten optimistischen Zahlen aus der Abteilung Träumer und Phantasten werden fast wöchentlich korrigiert, die Zustimmung im Gemeinderat schwindet und zu öffentlichen Begehungen der teuren Stätte verirren sich nur wenige. Schon jetzt ist zu befürchten, dass die versprochene Kostendeckelung, die bei rund 18 Millionen Euro für Kauf und Umbau liegt, wohl kaum einzuhalten sein wird. Interessant auch, wie analog dazu sprachliche Korrekturen vorgenommen werden, vor allem, wenn es um das imaginäre Konzerthaus geht, das auf dem Nachbargrundstück geplant ist und sicher nicht unter 30 Millionen Euro zu verwirklichen sein wird. Noch vor kurzem erklärte OB Burchardt, diesem zweiten Schritt ginge selbstverständlich ein Bürgerentscheid voraus. In der letzten Gemeinderatssitzung war von ihm in dieser Angelegenheit das Wörtchen „eventuell“ zu vernehmen. Kleine Elbphilharmonie am Bodensee, ich hör dir gewaltig trapsen.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Autor: H. Reile