Was steckt hinter der EU-Handelspolitik?
Alles weiter wie gehabt – so in etwa könnte man die Sondierungsgespräche der GroKO-Parteien zusammenfassen. Das gilt für viele Bereiche, insbesondere aber für die Handelspolitik. Dabei wäre hier ein Umdenken dringend nötig, wie eine Veranstaltung der VHS und des Konstanzer Bündnisses für gerechten Welthandel zeigt.
In wesentlichen Punkten waren sich die christ- und sozialdemokratischen Spitzenpolitiker am Freitag einig: etwas weniger Glyphosateinsatz, aber kein effektiver Klimaschutz, ein paar Änderungen im Steuersystem, aber keine Anhebung des Spitzensteuersatzes. Vor allem aber beschlossen sie bei ihren Sondierungsverhandungen: Deutlich weniger Flüchtlinge. Und: Beibehaltung der Freihandelsideologie. Man trete weiterhin für freien Handel ein, heißt es in einem Sondierungspapier, „nach dem Vorbild von CETA“.
Ausgerechnet CETA, das umstrittene europäisch-kanadische Wirtschafts- und Handelsabkommen, gegen das in den letzten Jahren Hunderttausende auf die Straße gegangen waren, das von namhaften Organisationen (wie dem Deutschen Richterbund, dem Kulturrat, den Gewerkschaften und vielen weiteren Verbänden und Initiativen abgelehnt wird – und dessen Ratifizierung das Konstanzer Bündnis für gerechten Welthandel mit seinem Aufruf an die baden-württembergischen Grünen verhindern will.
Besondere Klagerechte für Investoren, Deregulierungsräte, Liberalisierungszwang, Privatisierungsdruck und schrittweise Abbau der (oft erkämpften) Umwelt-, Verbraucherschutz- und Arbeitsstandards: Das sind nicht nur Bestandteile von CETA, sondern wesentliche Elemente vieler anderer Handelsabkommen, die die EU derzeit verhandelt. Denn die Brüsseler Kommission hat ihre handelspolitische Offensive verstärkt. Das geplante Freihandelsabkommen mit Japan steht kurz vor dem Abschluss; beim für Natur und Menschen gleichermassen problematischen Abkommen mit südamerikanischen Mercosur-Staaten herrscht weitgehend Einigkeit; ein neues Abkommen mit Mexiko ist fest verabredet. Außerdem führt die EU derzeit geheime Gespräche mit Indonesien, Australien, den Philippinen und über einem Dutzend weiterer Staaten.
Bei all diesen Verhandlungen geht es weniger um Zölle als um die Beseitigung von sogenannten Handelshemmnissen – also Regeln zum Schutz der Natur, des Verbrauchers, der Beschäftigten. Was treibt die EU zum Abbau einst erkämpfter Rechte? Warum ignoriert sie die massiven Proteste? Welche Ziele verfolgt sie? Welche Konzepte und Vorstellungen stecken hinter der europäischen Handelspolitik (nach außen) und der Haushaltspolitik (nach innen)? Und weshalb will sie mit Investitionsschutz-Klauseln internationalen Konzernen Klagemöglichkeiten gegen demokratische Entscheidungen einräumen?
Darüber informiert der Soziologe und Theologe Peter Schönhöffer in seinem Vortrag „Die Rolle der EU in der globalen Handelspolitik“. Der Referent ist Mitbegründer der globalisierungskritischen Bewegung attac, arbeitet als Lehrer an einer freien Schule, ist Initiator und Motor der ökumenischen (Basis-)Versammlung in Mainz und plädiert für ein Umdenken: Die EU-Wirtschaftspolitik, so seine These, nimmt uns die Luft zum Atmen und verbaut die Zukunft.
Pit Wuhrer (das Foto zeigt die Stuttgarter Demo gegen TTIP und CETA 2016. © Pit Wuhrer)
Donnerstag, 18. Januar, 19.30 Uhr, in der VHS Konstanz, Katzgasse 7; Eintritt 7 Euro.
Die Veranstaltung wird organisiert von der Volkshochschule Konstanz und dem Konstanzer Bündnis für gerechten Welthandel – gegen TTIP, CETA und TiSA.