Was wird aus dem Ravensberg-Gelände?
Das im Besitz der Firma Ravensberg befindliche Areal nahe dem Bahnhof Petershausen ist ein Filetstück, das neu gestaltet werden soll. Dabei hat die Stadt einiges mitzureden. Am morgigen Dienstag debattiert der Technische und Umweltausschuss über die Eckpunkte der Entwicklungsplanungen, am Donnerstag dann auch der Gemeinderat. Nach den schlechten Erfahrungen in den letzten Jahren etwa mit dem Vincentius-Gelände ist Wachsamkeit gefragt, um etwaigem Spekulationswildwuchs den Riegel vorzuschieben.
Die künftige Nutzung des Ravensberg-Areals startet jetzt. „Mit einem Aufstellungsbeschluss soll das Bebauungsplanverfahren eingeleitet werden. Mit dem Bebauungsplan soll Planungsrecht für die Entwicklung eines Mischgebietes mit Schwerpunkt Wohnen geschaffen werden, sollte dies erforderlich sein. Die Rahmenbedingungen bilden die Grundlage für einen durchzuführenden Wettbewerb,“ heißt es in den Sitzungsunterlagen.
Das fragliche Gebiet zwischen der Schneckenburgstraße, der Steinstraße, der Zeppelin-Gewerbeschule sowie der Gustav-Schwab-Straße gehört dem Unternehmen Ravensberg Gruppe, die es auch behalten will. Anders als bei einer Grundstücksveräußerung hat die Stadt hier also kein Vorkaufsrecht, aber letztlich doch recht viel mitzureden.
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Es war einmal … eine Bahnunterführung
Das alles hat eine lange, sogar sehr lange Vorgeschichte: Die an das Ravensberg-Areal angrenzende Zeppelin-Berufsschule zwischen Bahnhof, Pestalozzistraße und Steinstraße soll zu einem Berufsschulzentrum erweitert werden. Hier soll in Zukunft die Wessenbergschule mit untergebracht werden, die ja jetzt noch am Seerhein am Winterersteig residiert. Für diesen Bau benötigt der Betreiber, der Landkreis Konstanz, mehr Platz, und Ravensberg als Nachbar hat 3.000 Quadratmeter im Osten seines Grundstücks an den Landkreis abgegeben.
Zum Ausgleich dafür hat Ravensberg im Westen etwa 2.500 Quadratmeter direkt an der Schneckenburgstraße erhalten. Diese gehörten bereits früher einmal Ravensberg, wurden aber 1965 von der Stadt Konstanz gekauft, um dort eine Bahnunterführung zu erbuddeln – woraus bekanntlich bis heute nichts wurde. Diese Fläche wird derzeit vor allem als Parkplatz genutzt und durch eine schmucke Hecke vor allzu begehrlichen Blicken geschützt.
Das Ravensberg-Areal, auf dem einige Gebäude vor sich hinstehen und zum Teil auch -gammeln, wurde also quasi nach Westen verschoben. Was aus dieser attraktiven Fläche am Bahnhof Petershausen wird oder zumindest werden könnte, soll jetzt in einem städtebaulichen und architektonischen Realisierungswettbewerb ermittelt werden. „Gemäß den vertraglichen Regelungen im Zusammenhang mit den Grundstücksgeschäften sind die Rahmenbedingungen für den Wettbewerb im Technischen und Umweltausschuss zu beraten und zu beschließen.“ Die Stadt darf also ein Wörtchen mitreden. Das Grundstück, um das es geht, umfasst übrigens immerhin 12.237 Quadratmeter, und das ist kein Pappenstiel.
Stadt setzt Rahmenbedingungen
„Ziel der Planung ist die Entwicklung des Plangebiets mit einem Gebäudekomplex mit einem überwiegenden Anteil an Wohnbebauung und einem untergeordneten Anteil an Gewerbenutzung. Es soll ein kompakter, aber dennoch qualitativ wertiger Gebäudekomplex entstehen, der die Entwicklung des Quartiers Bahnhof Petershausen zu einem urbanen Stadtteil mit eigener Identität, hoher Nutzungsmischung und zukunftsweisenden Bauformen fortführt und den sozialen und ökologischen Ansprüchen gerecht wird, so wie es der Rahmenplan für das Quartier formuliert hat. Die Gewerbenutzung ist dabei im Wesentlichen für das bestehende Bürogebäude der Ravensberg GmbH und dessen bauliche Erweiterung an der Steinstraße vorgesehen. Darüber hinaus soll gewerbliche Nutzung in der Gustav-Schwab-Straße und in der Erdgeschosszone entlang der stark befahrenen Schneckenburgstraße möglich sein. Für die auf dem Plangebiet entstehenden Neubauten wird ein Wohnungsmix angestrebt, der einen größeren Anteil an familiengerechten Wohnungen vorsieht.“ Es sollen dort, so klar ist das natürlich jetzt noch nicht, mehr als 60 Wohneinheiten entstehen, und zwar „überwiegend“ Mietwohnungen.
Diese Wohnungen sollen zu 90 Prozent mit regenerativer Wärme versorgt werden. Es soll Freiräume und Grünflächen geben und klimafreundlich gebaut werden. Außerdem müssen pro Wohnung zwei Fahrradabstellplätze geschaffen und die Autos in eine Tiefgarage oder ein Parkhaus verbannt werden, die von der Schneckenburgstraße aus angefahren werden.
Wer darf dort in Zukunft wohnen?
In welchem Preissegment diese Wohnung allerdings liegen sollen, dazu gibt es in der Vorlage lautes Schweigen: „Da die Wohnnutzung baurechtlich bereits zulässig ist und es sich bei dem zur Verfügung gestellten städtischen Grundstück nicht um einen Flächenzuwachs handelt, ist eine Zielgruppenbindung nicht anzusetzen.“ Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Stadt bei der Übergabe der 2.500 Quadratmeter direkt an der Schneckenburgstraße Auflagen sozialer Art gemacht hätte, um einen erklecklichen Teil der Flächen für bezahlbaren Wohnraum zu reservieren. Die Bürgerfragestunde in der Gemeinderatssitzung am Donnerstag bietet eine glänzende Gelegenheit, einmal nachzufragen, und schon im TUA dürften es einige StadträtInnen genauer wissen wollen.
Nach den Luxus-Fehlentwicklungen auf anderen Grundstücken in Konstanz wie dem Vincentius ist hier notfalls die Öffentlichkeit gefragt, Druck zu machen, auf dass dort nicht hinterrücks ein weiterer, für Normal- und Geringverdiener unerschwinglicher, aber für den Bauherrn hoch profitabler Luxustempel entsteht.
Luciana Samos (Foto: Stadtverwaltung Konstanz, leicht nachbearbeitet)
TUA: 21. Januar 2020, ab 16 Uhr im Sitzungssaal des Verwaltungsgebäudes Laube, Untere Laube 24 (über dem Bürgerbüro). Die Sitzungsunterlagen sind hier zu finden.
Gemeinderat: 23. Januar 2020, ab 16 Uhr im Ratssaal im Rathaus, Kanzleistraße 15.