Wege aus der Wohnungsnot: Mieterbund kritisiert Leitlinien-Entwurf
Weil die Corona-Pandemie nahezu alles überlagerte, ist eine der größten Problemzonen der Konstanzer Lokalpolitik fast aus den Schlagzeilen verdrängt worden. In einem Brief an den OB brachte sie der Mieterbund jetzt in Erinnerung. Der am 1. Juli in Kraft getretene neue Mietspiegel dokumentiert schonungslos das Versagen der städtischen Wohnungspolitik. In den vergangenen drei Jahren ist die Durchschnittsmiete weiter gestiegen – um über zehn Prozent. Der Mieterbund-Vorsitzende Herbert Weber verlangt Gegenmaßnahmen. Einen wohnungspolitischen Vorstoß der Verwaltung findet er enttäuschend.
Anlass des Schreibens war eine Vorlage der Stadtverwaltung für den Haupt- und Finanzausschuss, mit der die 2018 im Handlungsprogramm Wohnen (HaProWo) formulierte Absicht festgezurrt werden soll, städtische Bauplätze an Zielgruppen zu vergeben, die im unteren und mittleren Preissegment bauen wollen. Dazu hat die Stadtspitze ihre Fachleute jetzt Leitlinien verfassen lassen, die laut eigenen Angaben Spekulation vorbeugen und Bauherren an entsprechende Vergabekriterien binden sollen.
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Geplant sind dafür sogenannte Konzeptvergaben, wie sie für Baugemeinschaften schon gelten. Diese Vergabearten will man im Rathaus nun auch auf Bauvorhaben im mittleren Preissegment (geplant gemäß HaProWo: rund 1300 neue Wohneinheiten bis 2030) ausdehnen sowie auf den Teil des geförderten Wohnungsbaus (HaProWo-Ziel: 2000 Einheiten), der nicht von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Wobak abgedeckt wird. Die „Leitlinien Konzeptvergabe“, so die Verwaltung, sollen künftig garantieren, einerseits den unterschiedlichen Anforderungen für die städtischerseits im Handlungsprogramm definierten Rahmenbedingungen gerecht zu werden, und gleichzeitig ein einheitliches Vorgehen möglich zu machen.
Städtische Vergabepläne „eine Enttäuschung“
Für Herbert Weber, den langjährigen Frontmann der MieterInnen-Organisation am Bodensee und zugleich Stadtrat der SPD im Konstanzer Gemeinderat, ist der von der Verwaltung dazu vorgelegte Entwurf indes „eine Enttäuschung“. Das Ziel, bezahlbares Wohnen im unteren und mittleren Preissegment zu schaffen, hadert Weber mit der Vorlage, finde sich nur als allgemeiner Grundsatz, nicht jedoch in „den entscheidungsrelevanten Mindestanforderungen und Auswahlkriterien“. Diese indes müssten „klare Priorität“ haben. Zudem bildeten die Auswahlkriterien die „Notwendigkeit der dauerhaften sozialen und gemeinwohlorientierten Bewirtschaftung“ nur unzureichend ab. Konkret: Der Spekulation vorbeugende lange Preisbindungen seien zwar erwähnt, entscheidend „ist jedoch, dass auch nach Ablauf der Preisbindung die Mieten auf einem sozialverträglichen Niveau verbleiben“.
Keine Gnade vor den Augen des Mietrechtsexperten findet schließlich die Absicht, eine offene Konzeptvergabe, bei der gewählte Kommunalgremien außen vor blieben, als Regelfall festzuschreiben. Das betreffe den „Kernbereich der Planungshoheit der Gemeinde“. Soziale Stadtentwicklung brauche aber „Bürgerbeteiligung und Entscheidungen durch demokratisch legitimierte Gremien.“
Kritik übt Weber überdies am Zustandekommen des Leitlinien-Entwurfs. Dem Rathaus wirft er vor, ihn „keineswegs gründlich im Bündnis für Wohnen“ erörtert zu haben, in dem neben VertreterInnen von Verwaltung und Gemeinderat verschiedene wohnungsmarktpolitische Akteure versammelt sind. Der Mieterbund-Chef wörtlich: „Ich rate Ihnen dringend, das Thema zunächst in Politik und Arbeitskreis zu beraten, damit eine fachkundig basierte Entscheidung möglich wird, die den Konstanzer Wohnungsmarkt tatsächlich entlastet.“
Rathaus weist Vorwürfe zurück
Hat der Mieterbund-Chef mit den harschen Vorwürfen den Finger in eine offene Wunde gelegt? Dafür spricht die ungewohnt kurze Reaktionszeit. Gerade mal zwei Tage brauchte es für einen Antwortbrief aus dem Rathaus, in dem Uli Burchardt seinen Baubürgermeister alle Vorwürfe zurückweisen ließ. Karl Langensteiner-Schönborn betont, der Leitlinien-Entwurf berücksichtige „Spekulationsfreiheit“ als „selbständiges Auswahlkriterium für die Vergabe einer Grundstücksoption bei allen Verfahren“ durchaus, so würden Genossenschaften, Erbpacht sowie die Dauer der Miet- bzw. Kaufpreisbindung „entsprechend positiv gewichtet“. Langensteiner-Schönborn verwies zudem auf die Funktion der Wobak, deren im Handlungsprogramm festgeschriebene Rolle beim Bau geförderten Wohnraums von den Leitlinien unberührt bliebe und deren Funktion „uneingeschränkt unterstützt“ werde.
Mit diesen ziemlich unkonkreten Ausführungen gibt sich Herbert Weber indes nicht zufrieden. In einer Replik auf Langensteiner-Schönborns Antwort begrüßt er zwar, dass der Baubürgermeister die Bedeutung von Spekulationsfreiheit und sozial-orientierten Wohnungsbauakteuren herausstellt. Der Mieterbund bleibe aber bei seiner Auffassung, „dass die dauerhafte und nicht nur befristete Garantie von Sozial- und Preisbindungen durch gemeinwirtschaftlich agierende Träger nicht ausreichend im Kriterium Spekulationsfreiheit berücksichtigt wird“. Auch in Sachen Entscheidungsfindung gibt er nicht klein bei. Es sei gut, dass der Bürgermeister die Hoheit der kommunalen Selbstverwaltung nochmals betone. Davon sei allerdings „weder im Beschlussantrag noch in den Leitlinien Konzeptvergabe“ die Rede. Weber beharrt deshalb auf einer im ersten Brief vorgeschlagenen Erweiterung des städtischen Beschlussantrags, die sicherstellen soll, dass in allen Grundstücksangelegenheiten der Gemeinderat immer das letzte Wort hat (siehe Kasten). Der Haupt- und Finanzausschuss, dem das Verwaltungspapier bei seiner Sitzung am 10.7. zur Vorberatung vorlag, sah das vermutlich ähnlich, verwies er es doch zur Überarbeitung zurück.
Der Gemeinderat (bzw. HFA) behält die Entscheidungskompetenz über die Vergabe städtischer Grundstücke für den Wohnungsbau. Soweit diese nicht durch die ortsansässigen, dauerhaft tätigen Bestandshalter entwickelt werden, schlägt die Verwaltung dem Gemeinderat vor, welche Verfahrensart der Konzeptvergabe angewandt werden soll.
Kommentar: Zu kurz gesprungen
Die Intervention des Mieterbund-Vorsitzenden Weber ist aus Sicht einer dem Gemeinwohl verpflichteten Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik unbedingt unterstützenswert. Es ist höchste Zeit, gerade auf diesem wichtigen kommunalpolitischen Sektor belastbare Pflöcke einzurammen. Unverbindliche Absichtserklärungen, das zeigen praktisch ungemindert steigende Mieten, sind sinnlos. Wer Spekulation wirksam bekämpfen will, muss Mietpreise dauerhaft niedrig halten. Das klappt nicht, wenn Wohnungsunternehmen nach Auslaufen wie immer gearteter Preisbindungen freie Hand haben. Und wer eine Baupolitik will, die sich wirklich am öffentlichen Bedarf orientiert und nicht profitgetriebenen Investoren das Feld überlässt, muss das Heft des Handelns in der Hand behalten.
Um eine entscheidende Frage drückt sich auch der Mieterbund indes herum: Warum fordert er nicht, dem Verkauf städtischen Grund und Bodens generell einen Riegel vorzuschieben? Die Bodenvergabe nur noch in Erbpacht würde die Souveränität über die Nutzung der darauf errichteten Immobilien verbindlich sichern. Ein Modell, wie das funktionieren kann, hat die Linke Liste jüngst vorgelegt. Auch Luigi Pantisano übrigens, der neuer Oberbürgermeister in Konstanz werden will, hat diese Lösung auf dem Zettel. Der Herausforderer hat sich festgelegt: „Als Oberbürgermeister werde ich keine städtischen Grundstücke und Immobilien an Investoren verkaufen, sondern an die städtische WOBAK, Genossenschaften oder gemeinnützig in Erbpacht vergeben, damit mehr bezahlbare Wohnungen entstehen.“
J. Geiger
Bild: Auf dem Vincentius-Areal entstehen hochpreisige Wohnobjekte, mit denen die LBS Profite machen will. Die Stadt bleibt außen vor. (O. Pugliese)
Herr Weber, schön, dass Sie sich zu Wort melden! Ich weiß gar nicht, womit ich anfangen soll.
Vielleicht am besten mit jemandem, um den man als SPD-Mitglied in Bodenfragen kaum herumkommt:
• Hans-Jochen Vogel fordert mehr Grundstücke in kommunaler Hand – und das schon seit Langem (1). Mehr dazu unten.
• Anfang 2017 haben die Basler mit 67 % für die Initiative „Boden behalten – Basel gestalten“ und damit für das Ende des Ausverkaufs der Ressource Bauland gestimmt. Ein populäres Programm, mit dem man politisch gewinnen kann (2).
• Mit einer aktiven Liegenschaftspolitik gelingt es der strukturell mit Konstanz gut vergleichbaren Stadt Tübingen, dass die Preisgestaltung in neuen Quartieren „zu 90 % fair und zu 10 % frei“ ist. Es gibt je ein Drittel sozialen Wohnungsbau, ein Drittel für besonders innovative Genossenschaften oder Baugruppen und ein Drittel freien Markt, größtenteils gebunden an den Mietspiegel (3).
• Bei immer schon privaten Grundstücken sind 30 % Sozialwohnungen im Austausch gegen Planungsrecht keine neue Erfindung, sondern in vielen Städten der Republik seit Jahrzehnten Standard. In München z.B. seit 1994 (4)
• Immer schon private Grundstücke sind etwas grundsätzlich Anderes als städtische oder spitälische Grundstücke oder eben solche mit dinglichen Vorkaufsrechten zugunsten der Stadt (die in aller Regel früher mal städtisch waren).
• Wir alle wissen auch, dass eine solche Quote nicht ausreicht, die stetig aus der Bindung fallenden Wohnungen zu kompensieren, und dass Schwellenhaushalte gar nicht erst von ihr profitieren (5).
• Sie wissen sehr gut, wie viel Geld man mit der Privatisierung öffentlichen Wohnraums machen kann. Letztlich zahlt das alles ja die Mieterin/Nutzerin. Plakativstes Beispiel ist der Verkauf der ca. 20.000 ehemals landeseigenen Wohnungen für ca. 1,4 Milliarden 2012 und ihr Weiterverkauf 2015 für ca. 1,9 Milliarden Euro an das Unternehmen, das heute Vonovia heißt. Der Mieterbund hat das sicher aufmerksam verfolgt (6).
• Der Immobilienmarkt digitalisiert und internationalisiert sich rasant. Sie können in Konstanz gar nicht so viel bauen, wie der Weltmarkt gerade an Betongold verlangt. Masse macht nix mehr billiger. Einen guten Überblick gibt das hier verlinkte Interview mit Frauke Burgdorff („Wir müssen den Boden zurückerobern“) im Deutschen Architektenblatt – wirklich sehr lesenswert! (7)
Die Fachwelt ist sich also seit Jahren weitgehend einig (*), und es gibt hunderte Beispiele, an denen es auch die Politik hautnah miterlebt: Es ist letztlich nie hilfreich, kommunale Grundstücke aus der Hand zu geben, und seit einigen Jahren ist es besonders schlecht.
((*) Vielleicht abgesehen von einigen eher marktliberalen Playern wie der Empirica Aktiengesellschaft, die gerade im Auftrag der schwarzgelben Landesregierung NRW den Mieterschutz aufweicht (8)).
Und doch findet die örtliche Politik (also pars pro toto Sie) – wider die herrschende Meinung der Fachwelt und wider gewichtige Stimmen aus dem gemäßigten linken und sogar aus dem konservativen Spektrum – immer wieder Gründe, anders zu handeln:
• Vincentius: Wenn man Geld braucht, muss man sein Grundstück nicht verkaufen, sondern kann es auch behalten und beleihen. Die Raten bezahlt man, indem man einem Dritten gegen Zins erlaubt, die Früchte aus dem Grundstück zu ziehen. Das ist nach Möglichkeit ein vertrauenswürdiger Erbpachtnehmer, der zum Selbstkostenpreis vermietet und damit Spekulation ausschließt. Ein zigfach bewährtes Modell in langer sozialdemokratischer Tradition – mehr dazu unten.
• Siemens-Areal: Warum haben Sie nicht einfach für die Ausübung des Vorkaufsrechts gestimmt? Diese Option stand ja zur Wahl. Wenn Sie den Eindruck haben, dass es anderen an Mut fehlt, gibt es immer noch den eigenen. Die Preisdifferenz war rund 24 zu 28 Millionen – bei 400 Wohnungen wären das Mehrkosten von nur 10.000 Euro pro Wohnung, die die Stadt in eine eigene Flächenentwicklung hätte mitnehmen müssen. Ein ausgesprochen überschaubares Risiko für ein absolut erstrebenswertes Ziel. Wo war Ihr innerer Hans-Jochen Vogel?
Führen wir uns vor Augen: Es gab für die gesamte Fläche Vorkaufsrechte (überwiegend unabwendbar), seit 1985 den stadtweiten Grundsatz, Gebiete erst zu entwickeln, wenn 60 % der Flächen städtisch sind (9), und 2014 speziell für das Siemensareal den Beschluss zur Prüfung sanierungsrechtlicher Instrumente (10). Eine bessere Ausgangslage kann man sich kaum wünschen.
Die 2017 beschlossene Lösung erfüllt mit 30 % sozialgebundenen Wohnungen nun gerade so die Minimalbedingungen des Handlungsprogramms Wohnen. 60 %-Beschluss? Sanierungsrecht? Kein Wort dazu in der Vorlage, keine Nachfrage aus Ihren Reihen (11).
Am Ende eines fast drei Jahre andauernden Prozesses hinterlässt bei der größten und wichtigsten städtischen Innenentwicklungsfläche aus dem Munde eines der fachlich beschlagensten Entscheider ein Satz wie „Wenige Tage vor Ablauf der gesetzlichen Fristen gab es auch keinen wirklichen Spielraum mehr, den ein politisches Gremium hätte nutzen können“ kein gutes Gefühl.
Ich komme nun endlich zu Hans-Jochen Vogel, der sich wünscht, „…dass die Gemeinden ihren Anteil an wohnungsrelevanten Grundstücken und Gebäuden kontinuierlich auf mindestens 30 Prozent ausdehnen sollen. Damit würde ein angemessener Bodenanteil aus dem Bereich der Marktregeln in den Bereich der Regeln des sozialen Allgemeinwohls überführt. Die Gemeinden sollten in diesem Bereich Mieten anbieten, die 30 Prozent der Einkommen nicht übersteigen. Auch sollten sie einmal erworbene Grundstücke nur noch im Wege des Erbbaurechts weitergeben.“ (12)
Sie müssen zugeben: Herr Vogel formuliert das so schön und druckreif, dass Sie fast nur noch „Beschlussantrag“ drüberschreiben und es über Ihre Fraktion den Gemeinde- und Stiftungsräten vorlegen lassen müssten.
Und jetzt – wie versprochen – noch ein paar Beispiele, wie ganz im Sinne sozialdemokratischer Politik im Rest der Republik dauerhaft der Spekulation entzogener Wohnraum geschaffen wird, ohne dass man zwingend ein kommunales Wohnungsbauunternehmen bemühen muss. Es reicht dabei erfahrungsgemäß, die eigene Bürgerschaft im eigenen Interesse handeln zu lassen.
• Das Mietshäuser-Syndikat. Menschen schließen sich in einer GmbH zusammen, bauen in dieser Rechtsform ihr Haus und gewähren einer zuverlässigen übergeordneten Instanz ein Vetorecht in allen Verkaufsfragen. Diese übergeordnete Instanz bildet sich hier aus hunderten gleichgesinnten Projekten, so dass ein Verkauf von Haus, Grundstück oder Wohnung nie erlaubt würde (13). In Freiburg z.B. wurden so (als Ergebnis einer vorangegangenen kommunalen Konzeptvergabe übrigens) 2017 drei Gebäude bezogen, die allen 150 Bewohnern dauerhaft für 6,50 bis 7,00 Euro nettokalt Wohnraum bieten – mit großem Sozialwohnungsanteil und im KfW-55-Standard (14) (15).
• Die Stiftung Trias als Erbbaurechtsgeber einer Projektgenossenschaft. Gleiches System: Löste sich die Genossenschaft aus Profitgier auf, fiele das Gebäude an die Stiftung zurück, die es gemäß Stiftungszweck so lange im Bestand hält, bis eine neue Genossenschaft gefunden ist, die sich den ursprünglichen Zielen verpflichtet fühlt (16).
Bundesweit sind hunderte Projekte auf diese Weise umgesetzt worden, und es würde mich wundern, wenn sich in einer Stadt wie Konstanz nicht die Kraft fände, dies – neben etablierten Akteuren wie der WOBAK – zum Regelfall werden zu lassen.
Hätten Sie und Ihre Gemeinderatskolleginnen und -kollegen sich nur um die Grundstücke dafür bemüht, was hätten die Konstanzerinnen jetzt für eine Freude am gemeinsamen sozialverträglichen Stadtmachen!
Nun ist es – im Gegenteil – nicht ausgeschlossen, dass rund 70 % von den hunderten Wohnungen auf dem Siemens-Areal an einen noch viel schlimmeren Finger als die Vonovia gehen. Der Markt wird das nun regeln. Der Rat leider nicht mehr.
Beste Grüße, Nils Jansen
Quellen:
(1) https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/immobilien/gegen-steigende-bodenpreise-hans-jochen-vogel-fordert-mehr-grundstuecke-in-kommunaler-hand/25256648.html
(2) http://neue-bodeninitiative.ch/
(3) https://www.tuebingen.de/Dateien/neujahrsrede_2018.pdf
(4) https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Referat-fuer-Stadtplanung-und-Bauordnung/Stadt-und-Bebauungsplanung/SoBoN.html
(5) https://www.konstanz.de/stadt+gestalten/bauen+_+wohnen/handlungsprogramm-wohnen
(6) https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.weiterverkauf-lbbw-wohnungen-die-angst-vor-der-preisschraube.b1793268-bfc1-47ca-965c-260c00e35f2a.html
(7) https://www.dabonline.de/2019/04/30/bodenfrage-besitz-kommunal-bodenpreise/
(8) https://www.rundschau-online.de/news/politik/mieterschutz-gelockert-fuer-viele-mieter-verschlechtert-sich-die-lage-in-nrw-36724782
(9) https://www.konstanz.sitzung-online.de/public/vo020?VOLFDNR=3024
(10) https://www.konstanz.sitzung-online.de/public/vo020?VOLFDNR=1000583
(11) https://www.konstanz.sitzung-online.de/public/vo020?VOLFDNR=1002419
(12) https://www.inwo.de/grundsteuerreform-aktuell/mehr-gerechtigkeit-interview-mit-hans-jochen-vogel/
(13) https://www.syndikat.org/de/
(14) https://3haeuserprojekt.org/
(15) https://www.syndikat.org/de/projekte/schwerelos/
(16) https://www.stiftung-trias.de/home/
Der ehemalige Mitarbeiter der Stadt Konstanz, Nils Jansen, wirft mir vor durch mein Abstimmungsverhalten im Gemeinderat der Grundstücks- und Wohnungsspekulation Vorschub geleistet zu haben:
Die Meinung ist frei, auch wenn sie sich nicht durch Fakten untermauern lässt.
1. Vincentius Krankenhaus: Vor über zehn Jahren hat der Gemeinderat – mit Zustimmung der LINKEN Liste – beschlossen, einen neuen Funktionsbau für das Klinikum Konstanz zu errichten und in diesem Zusammenhang das Vincentius-Krankenhaus von der Laube in die Luisenstraße zu verlagern. Diese Investition zugunsten einer leistungsfähigen Gesundheitsversorgung hatte ein Volumen von annähernd 100 Millionen Euro. Der Verkaufserlös des Grundstücks an der Unteren Laube war ein wesentlicher Beitrag zur Finanzierung einer unserer wichtigsten sozialen Einrichtungen. Die Investition in ein neues Krankenhaus war und ist richtig und dazu bekenne ich mich.
Vom Käufer des Grundstücks wurde verlangt, in seinem Bauvorhaben 30 Prozent Sozialwohnungen zu errichten. Dieser Beschluss war damals neu. Ich habe öffentlich und nicht-öffentlich dafür gekämpft, dass dieser Grundsatz bindend im Handlungsprogramm Wohnen verankert wurde. Das war ein wegweisender wohnungspolitischer Erfolg. Denn bis zuletzt war unsicher, ob für diese Sozialquote eine Mehrheit zustande kommen wird.
2. Nicht ich als einer von 40 Stadträten, sondern die Stadtverwaltung unter Führung von Oberbürgermeister Burchardt und Baubürgermeister Langensteiner-Schönborn hat die Verhandlungen über den Kauf des ehemaligen Siemens-Grundstücks geführt. Im Gemeinderat hat die Verwaltung berichtet, dass der jetzige Grundstückseigentümer dabei die Stadt um einen mittleren Millionenbetrag überboten hatte und empfohlen, vom Vorkaufsrecht auf Teile der Grundstücke keinen Gebrauch zu machen.
Ich persönlich hätte mir mehr Mut bei den Verhandlungen gewünscht. Aber ich habe nicht selbst verhandelt, sondern konnte wie alle anderen Mitglieder des Gemeinderats auch nur die Ergebnisse zur Kenntnis nehmen. Wenige Tage vor Ablauf der gesetzlichen Fristen gab es auch keinen wirklichen Spielraum mehr, den ein politisches Gremium hätte nutzen können.
Natürlich ist es richtig, dass das Baugesetzbuch einer Stadt viele Instrumente zur sozialen und nachhaltigen Entwicklung solcher Konversionsflächen wie dem Siemens-Gelände in die Hand gibt. Das setzt aber eine Verwaltung voraus, die gewillt ist, diese Möglichkeiten zu nutzen. Als Stadtplaner müsste Herr Jansen das wissen.
Herr Weber war sowohl Gemeinderat als auch Stiftungsrat der Spitalstiftung, als in jüngerer Vergangenheit
1. der Beschluss über den Verkauf des Vincentius-Areas und
2. der Beschluss über den Nicht-Ankauf des Siemens-Areals
getroffen wurde.
Dort entstehen Wohnungen in insgesamt oberer dreistelliger Anzahl.
Gegenstand bzw. intendierte Folge dieser Beschlüsse war, dass nur rund 30 % dieser Wohnungen einer Preisbindung unterliegen.
Die übrigen rund 70 % gehen ungehindert in den Markt und damit in die Spekulation. Ihr Schicksal liegt nicht mehr in der Hand des Gemeinde- oder Stiftungsrats.
Der Gemeinde- bzw. (wohl auch der) Stiftungsrat hat diese Entscheidungen freiwillig, ohne Zwang und mit weit überwiegender Mehrheit getroffen.
In beiden Fällen hätte er auch für die Haltung im Bestand bzw. den Erwerb der Grundstücke stimmen können. Dann hätten die Stadt Konstanz bzw. die Spitalstiftung als Eigentümerinnen über die preisliche Gestaltung aller dort entstehenden Wohnungen bestimmen und Spekulation über die gesamte Wertschöpfungskette ausschließen können.
In beiden Fällen – er möge mich korrigieren, sollte es anders sein – fielen diese Entscheidungen mit Herrn Webers Stimme.
Ich bin zwar kein Jurist, aber m.E. sind die ganzen Klagen gegen Mietendeckel, staatl. Wohnungsbauregulierung ect. rein ideologische Klientelpolitik. Wenn Familien, Rentner, junge Leute und ganze Berufsgruppen aus den Städten vertrieben werden, weil die Miete unbezahlbar ist, wird das zu einer sozialen Frage und da muß der Staat eingreifen.
Und jetzt noch ein Wort zu Enteignungen.
Es wird allenthalben massenhaft enteignet. Der Flughafenausbau in Stgt, Echterdingen, die Messe, die Autobahnzubringer – alles basiert auf enteignetem Grund, im Braunkohleabbau verschwinden ganze Dörfer, da fragt die CDU/FDP nicht nach „bürgerlicher Autonomie“, das wird halt durchgezogen.
Wäre der Stadtverwaltung am Wohle der Bürgerinnen gelegen, dann hätte diese auch einen Grund gegen utopische Mieten und Grundstückspreise vorzugehen.
Das Wort Bürgermeister ist zudem aber auch sehr irreführend.
Eine Umbenennung in Bürgerinnenvertreterin wäre indes hilfreich – wohl kaum ein machtgeiler Mensch würde sich um solch ein Amt bewerben. Fehlt darin doch glatt die Obrigkeit des „Meisters“.
Vielen Dank Herr Weber und vielen Dank für den notwendigen, ergänzenden Kommentar. Dass von Herrn Langensteiner-Schönborn in diese Richtung nichts zu erwarten ist sollte mittlerweile klar sein. Dass allerdings der Gemeinderat bei diesem Thema, nach den ganzen Versprechungen und Veranstaltungen im Wahlkampf, derart zahnlos und ideenlos agiert macht mich einfach nur noch sauer.
Es gibt kaum eine wichtigere Infrastruktur als die Wohnung/das Haus. Entsprechend muss dieser Bereich streng reguliert werden bzw. komplett dem Markt entzogen werden. Was haben wir durch die Liberalisierungswelle der letzten jahrzehnte bekommen? Mehrheitlich grottenschlechte Neubaugebiete mit architektonischem Einheitsbrei billigster Bauart – zu astronomischen Preisen. Die Regelung, dass Land / Wohnungen nicht an Privat verkauft werden dürfen, sollte verfassungsrang bekommen – sozusagen die Negation was gerade üblich ist.
Was nutzt es wenn eine Reihe von Regierungen langfristig aus Steuermitteln eine gut durchmischte Wohnlandschaft aufbaut wenn nur eine liberale Regierung all dies verscherbeln kann?
Da nutzt auch kein Versprechen von Luigi Pantisano, alle seine Bemühungen sind nix wert solange langfristige Entscheidungen nicht langfristig gesichert werden können.
Bis dahin wird weiter ein enormer Anteil des Einkommens der unteren und mittleren Einkommensklassen zu einem guten Teil quasi „leistungslos“ an die abgeben, welche im Immobilienroulette den besten Riecher hatten.
Ist jetzt die Frage ob wir wollen das wieder Arbeit belohnt wird oder cleveres Agieren bei Spekulation.