Weihnachtspost für Familie Bernadotte

Der Inhalt eines Offenen Briefes, der an den Tod ehemaliger KZ-Häftlinge auf der Insel Mainau erinnert, (seemoz berichtete am 12.10. 2011) dürfte die gräfliche Familie wohl überraschen. Unmissverständlich fordern die Unterzeichner des Briefes die Bernadottes auf, sich nun endlich ihrer geschichtlichen Verantwortung zu stellen und dabei mitzuwirken, mit einer Gedenktafel an die 33 KZ-Opfer zu erinnern, die auf ihrer Insel gestorben sind.

Der Konstanzer Historiker Arnulf Moser hat schon vor Jahren ein Buch mit dem Titel „Die andere Mainau 1945“ geschrieben, in dem er über das Schicksal der ehemaligen französischen KZ-Opfer berichtete, die nach Ende des Zweiten Weltkrieges auf die Insel Mainau gebracht wurden. Dort sollten sie sich von den unmenschlichen Strapazen erholen, die sie in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten erleiden mussten. 33 NS-Opfer konnten nicht gerettet werden, sie verstarben auf der Insel Mainau und wurden dort beerdigt. 1946 ließ Graf Lennart Bernadotte die Toten exhumieren, sie wurden auf den Konstanzer Hauptfriedhof umgebettet. Er wollte nicht, dass seine Blumeninsel mit dem NS-Terror in Verbindung gebracht werden könnte.

Vor allem in den vergangenen Monaten wurden Graf Lennarts Nachfahren mehrmals gebeten, mit einer Gedenktafel auf die damaligen Vorgänge hinzuweisen. Doch immer wieder blockten Graf Björn und Gräfin Bettina ab. Man würde eventuell auf der Webseite der Insel Mainau einen Vermerk platzieren, mehr aber nicht. Auf eine Nachfrage auch von seemoz ließ Florian Heitzmann, Pressesprecher der Mainau, wissen, dass man sich des Themas annehme, die diesbezügliche „Recherche“ aber noch „einige Monate“ dauern könnte. Es bleibt sein Geheimnis, was da noch recherchiert werden soll. Nun wurde es auch der Deutsch-Französischen Vereinigung (DFV) zu bunt. Hier ihr Offener Brief an die Familie Bernadotte im Wortlaut:

Gräfin Bettina Bernadotte
Graf Björn Bernadotte
Insel Mainau
78465 Konstanz

Offener Brief an die Geschäftsführung
der Insel Mainau GmbH

Sehr geehrte Gräfin Bernadotte,
sehr geehrter Graf Bernadotte,

in dem jüngst von der Deutsch-Französischen Vereinigung (DFV) herausgegebenen Buch „Französische Spuren in Konstanz“ (Universitätsverlag Konstanz) wurden die sichtbaren, aber auch die verschütteten französischen Spuren in Konstanz durch die vergangenen Jahrhunderte aufgezeichnet.

Die Suche nach Hinweisen auf die französischen Spuren in den 1930iger und 1940iger Jahren auf der Insel Mainau war hierbei nicht erfolgreich. In Anknüpfung an das von Dr. Arnulf Moser verfasste Werk „Die andere Mainau“ haben wir insbesondere eine Hinweistafel auf den Friedhof der auf der Insel Mainau verstorbenen ehemaligen KZ-Häftlinge vermisst.

Auffallend ist auch, dass die auf der Homepage der Mainau GmbH abgelegte Chronik der Insel die Zeit zwischen 1932 und 1961 komplett ausspart. Während lokalgeschichtlich durchaus auch weniger relevante Ereignisse („erste Besiedlungsspuren auf der Insel Mainau reichen bis 3000 v.Chr. zurück“) ebenso wie Geschäftsführerwechsel aufgeführt werden, schweigt sich die offizielle Mainau über die spannungsgeladenen 40er Jahre aus

Exakt ein Jahr nach unserem diesbezüglichen schriftlichen Hinweis ist seither vergangen und nichts ist geschehen. Trotz mehrfacher Ankündigungen wurde weder die Website der Mainau GmbH überarbeitet noch eine Gedenktafel für die auf der Insel Mainau verstorbenen KZ-Häftlinge angebracht.

Die an der Kreuzung von Sigismundstraße und Bahnhofstraße angebrachte Stele, auf der die Namen der nach Gurs deportierten Konstanzer Juden aufgeführt sind, könnte Ihnen hierfür als Beispiel dienen. Die Entscheidung für die Errichtung der Gurs-Säule legte Zeugnis ab für das Bekenntnis zur Aufarbeitung dieser dunklen Vergangenheit. Wir sind davon überzeugt, dass eine analoge öffentliche Gedenktafel für die verstorbenen französischen Staatsangehörigen auch der Insel Mainau anstehen würde. Ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn auch sein Name vergessen ist, weswegen wir an Sie appellieren, an der Stelle des ehemaligen Friedhofes auf der Insel Mainau eine Gedenktafel für jeden der nachfolgend aufgeführten auf der Insel Mainau verstorbenen ehemaligen KZ-Häftlinge anzubringen und in einem Text auf deutsch und französisch auf den geschichtlichen Hintergrund einzugehen.

Andre,August

Baixas, Emilie

Bovec, Andre

Caillon, Aime

Caillot, Georges

Delelis, Marcel

Detry, Marcel

Diche, Maurice

Gahinet, Vincent

Gambier, Robert

Granier. Lionel

Henry, Auguste

Hosotte, Jean

Nicolas, Marcel

Perigrosse, Edmond

Ponclet, Henry

Trottain, Paul

Brill, Eugenie

Chittre, Louis

Collin, Jean

Hauchard, Jean

Jakobs, Peter

Jouany, Marcel

Keravec, Simon

Krebs, Berthold

Labaume, Marcel

Limandas, Josef

Muller, Silvos

Raparie, Giullaume

Roussellot, Bernard

Tounzi, Mohamed

Vitale, Marcel

Vronke, Jean

Mit freundlichen Grüßen

Claus-Dieter Hirt                                  Dr. Arnulf Moser                           Daniela Frey

 

 

Unterzeichnet haben diesen Brief bisher:

Claus-Dieter Hirt, Dr. Arnulf Moser, Daniela Frey, Dr. Uwe Brügmann, Dr. Gert Zang, Heribert Kölsch, Marion Vogel, Prof. Dr. Winfried Sennekamp, Dr. Maria Sennekamp, Holger Reile, Dr. Ottomar Neuss, Monika Küble, Andre Bare, Beate Steg-Bayer, Katrin Brüggemann, Peter Salomon, Werner Allweiss, Anne Mühlhäußer, Ulf Göpfrich, Bernhard Scheuter, Stefan Frommherz, Frauke Dammert, Friedrich Kratzer, Emanzipatorische Gruppe Konstanz, Hannah Fleischhauer, Lars Düllberg, Dr. Nina Hasiwa, Alexander Stiegeler, Erich Gropper, Jürgen Wiedemann, Peter Müller-Neff, Rudolf Wein, Eva-Maria Steiger, Hendrik Riemer

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Autor: PM-DFV/hr