„Weil eine exzellente Universität auch exzellente Bedingungen für Studierende braucht!“

Am Freitag besuchten Ministerpräsident Kretschmann und Wissenschaftsministerin Olschowski die Universität Konstanz. Aus diesem Anlass formulierte die Studierendenvertretung der Uni als Gesprächsgrundlage ein Positionspapier mit konkreten Forderungen an die Politik in Land und Bund. Wir dokumentieren hier dieses Papier, das etliche Probleme anspricht, die auch andere Menschen mit schmalem Geldbeutel aus eigener leidvoller Erfahrung kennen.

Mentale Gesundheit

Ein Studium an sich ist oft psychisch sehr beanspruchend – ein Umstand, der sich im Zuge der Covid-19 Pandemie massiv verschlimmert hat. Wir fordern einen konkreten und langfristigen Plan, wie die mentalen Belastungen von Studierenden besser aufgefangen werden können, beispielsweise durch zweckgebundene Gelder an Studierendenwerke, damit diese psychologische Beratungsangebote ausbauen können. Zusätzlich sollte strukturell überlegt werden, wie das Studium in Zukunft mit weniger Druck zu gestalten ist.

Stellung der studentischen Hilfskräfte

Studentische Hilfskräfte sind die Säulen der Lehre und Forschung. Einen solchen Job muss man sich bei den bisherigen Bedingungen als Studierende aber erst einmal leisten können. Wir fordern daher tarifrechtliche Rahmenbedingungen für studentische Hilfskräfte, so wie es bei allen anderen Universitätsangestellten auch der Fall ist. Existenzsichernde Gehälter für studentische Hilfskräfte sind bei steigenden Lebenshaltungskosten ein Muss. Als Zielmarke einer Mindestvergütung sollten, nach dem Verbraucherpreis-Index, 14€ für ungeprüfte Studierende, 16€ für Personen mit Bachelorabschluss und 19€ für Menschen mit Masterabschluss angestrebt werden. Außerdem braucht es transparente, allgemeingültige Regelungen zur Arbeitszeiterfassung, zu Urlaubs- und Krankentagen sowie Überstunden. Ebenso fordern wir die Abschaffung der Entlohnungshöchstgrenzen, die durch das Land für studentische Hilfskräfte vorgegeben werden.

Bezahlbarer Wohnraum

Die Studierendenwerke bilden die Grundversorgung an studentischem Wohnraum in den Universitätsstädten. Gerade in Ballungsräumen wie Konstanz sind diese auf einem angespannten Wohnungsmarkt essenziell. Um ihren jetzigen Bestand zu halten oder auch zu erweitern, fehlt eine ausreichende Finanzierung.

Der private Markt ist nicht in der Lage, dieses Defizit aufzufangen. Sozial geförderter Wohnraum ist so gut wie nicht vorhanden. Um dieser negativen Entwicklung entgegenzuwirken, halten wir Richtlinien im neuen Landesentwicklungsplan für ein effektives und effizientes Mittel. Hierdurch könnte bei neuen Wohnbauprojekten ein Prozentsatz an Wohnraum für Studierende vorgesehen werden. Des Weiteren sollte das Zweckentfremdungsverbot für Wohnungen verschärft sowie Verstöße dagegen stärker sanktioniert werden.

Energiekrise

Von einer Krise in die Nächste – was letztes Jahr noch die Covid-19 Pandemie war, ist heute die Energiekrise, die auch vor den Universitäten keinen Halt macht. An vielen Hochschulen wie auch in Konstanz hat dies Energiesparmaßnahmen zur Folge, durch die der reguläre Studienbetrieb gestört wird. Viel zu frühe Bibliotheksschließungen, die drohende Umstellung auf einen Onlinebetrieb sowie verlängerte Schließzeiten über die Weihnachtszeit können Studierende gerade an kritischen Punkten im Studium massiv behindern. Eine Zukunftsplanung sollte dementsprechend eine nachhaltige sowie unabhängige Energieversorgung der Universitäten vorsehen. In Krisensituationen müssen Universitäten finanziell unterstützt werden, um den Betrieb sichern zu können.

Finanzierung Studierendenwerke

Die Studierendenwerke haben den Auftrag, sich um die sozialen Belange der Studierenden zu kümmern. Es fällt ihnen aufgrund von chronischer Unterfinanzierung und steigenden Kosten jedoch immer schwerer, die soziale Last der Studierenden so gut wie möglich aufzufangen. Wir fordern daher, einen höheren Anteil der Gelder im Hochschulfinanzierungsvertrag für die Studierendenwerke zu veranschlagen, sowie eine jährliche Erhebung individueller Mehrbedarfe.

Digitale Infrastruktur und Lehre

Digitale Lehre soll als Ergänzung verstanden werden, nicht als Ersatz für Präsenzveranstaltungen, die unersetzbar für den sozialen Austausch zwischen den Studierenden und Lehrenden ist. Die digitale Ausstattung der Universitäten muss sichergestellt werden, damit für Studierende mit kleinem Geldbeutel die Möglichkeit geschaffen werden kann, sich Hardware auszuleihen. Bürokratische Prozesse im Alltagsbetrieb sollten digitalisiert werden. Gesetzliche Grundlagen, um die Einreichung von Haus- und Abschlussarbeiten sowie die Abwicklung von Verwaltungsunterlagen zu ermöglichen, wären ein kurzfristiger Minimalanspruch.

Politische Partizipation

Politische Entscheidungen, welche studentische Belange betreffen, benötigen studentische Meinungen. Um möglichen Problemen hier vorzubeugen, sehen wir die Institution eines studentischen Sachverständigenrates im Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst als pragmatische Lösung. Mandatiert durch die Landesstudierendenvertretung könnten studentische Vertretungen in den jeweils zuständigen Ausschüssen des Landtages beratend tätig sein. Einer Ideologisierung durch die Abhängigkeit von Parteipolitik wird so bei der Weitergabe von studentischen Anliegen an die Landespolitik entgegengewirkt.

§62a LHG

Universitäten brauchen eine engagierte Studierendenschaft. Der neu eingeführte §62a LHG untergräbt diesen Grundsatz und unterstellt ein Grundmisstrauen. In ungenauen Formulierungen im Absatz 3, welche zum Beispiel die Zusammensetzung des urteilenden Gremiums betreffen, sehen wir ein Risiko durch rechtliche Ungenauigkeiten zu Lasten der Studierenden. Diese Norm muss bei der nächsten Novellierung revidiert werden.

Studiengebühren

Seit dem Wintersemester 2017/18 zahlen Zweitstudierende sowie Studierende aus dem Nicht-EU-Ausland Studiengebühren an baden-württembergischen Universitäten. Die Studierendenvertretung der Universität Konstanz hat sich von Anfang an gegen diese gestellt, da Studiengebühren nicht nur Studierende unnötig belasten, sondern auch den Studienstandort Baden-Württemberg strukturell schwächen, was sich beispielsweise an den deutlich gesunkenen Zahlen an ausländischen Studierenden zeigt. Da das Land Baden-Württemberg gerade einmal 3 Millionen Euro durch die Studiengebühren einnimmt – eine vergleichsweise geringe Zahl – und im Gegenzug bestimmte Studierende aber massiv finanziell belastet werden, empfinden wir die Studiengebühren als unverhältnismäßig.

Bauliche Infrastruktur

Es regnet aus den Decken, die Gebäude zerbröseln, ganze Balkone stürzen ab. Die Schaffung sowie Instandhaltung baulicher Infrastruktur – insbesondere Lehrräume, Sportstätten, Bibliotheksinfrastruktur sowie direkt anschließende Außenbereiche – und deren Betrieb sollten vom Land priorisiert und nach Kräften unterstützt werden. Hierbei soll ein gegenseitiges Hin- und Herschieben der Verantwortung zwischen Land und Kommune vermieden werden.

Anbindung Konstanz an das Schienennetz und vergünstigtes 49-Euro-Ticket

Die Anbindung von Konstanz an das deutsche Schienennetz mit nur einem Gleis ist mangelhaft. Zusätzlich werden die Hauptverbindungen Richtung Offenburg (Schwarzwaldbahn) und Richtung Stuttgart (Gäubahn) von Schienenersatzverkehr sowie verspäteten und ausfallenden Zügen geplagt. Diese Situation hat sich im letzten Jahr noch wesentlich verschlimmert. Dass die Gäubahn ab 2025 nicht mehr zum Stuttgarter Hauptbahnhof fährt, sondern schon in Vaihingen endet, bedeutet zusätzliche Probleme für Studierende. Damit Konstanz weiter ein attraktiver Studienort für Studierenden aus ganz Deutschland bleibt, fordern wir daher, dass die Anbindung von Konstanz an das deutsche Schienennetz deutlich verbessert werden. Außerdem fordern wir die Einführung eines vergünstigten 49-Euro-Tickets für Studierende.

Befristete Arbeitsverträge für Promovierende und Rechtsreferendar:innen

In einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urt. v. 20.1.2021 – 7 AZR 193/20) wurde darauf hingewiesen, dass nach §2 Abs. 1 WissZeitVG nur die Befristung von Arbeitsverträgen mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit zulässig ist. Promovierende, die mit einem Promotionsstipendium gefördert werden, dürfen andererseits in der Regel nur Nebentätigkeiten mit einem Umfang von maximal einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit wahrnehmen. Für Promovierende mit Stipendium ist es daher kaum möglich, eine Anstellung an der Universität zu bekommen. Obwohl dringend benötigt, fehlen sie in der Lehre und können keine Lehrerfahrungen sammeln, die für einen erfolgreichen Weg in der Wissenschaft essenziell sind. Diese Rechtsprechung geht darüber hinaus auch an den Bedürfnissen des Fachbereichs Rechtswissenschaften vorbei: Lehrstuhlstellen als wissenschaftliche Mitarbeiter:innen werden oftmals mit Rechtsreferendar:innen besetzt, welche neben dem juristischen Referendariat aber nur begrenzt eine Nebentätigkeit ausüben dürfen. Wir fordern daher eine entsprechende Überarbeitung vonseiten des Gesetzgebers.

Verfasste Studierendenschaft der Universität Konstanz
Ioannis Tagos, Vorsitzender der VS
Jana Schwarz Vorsitzende der VS
Johanna Vollrath. Stellv. Vorsitzende der VS