„Kneifen, wenn es beim Wohnungsbau ernst wird“

„Politik und Verwaltungsspitze haben durch jahrelanges Zögern die Wohnungsnot in Konstanz mit verschuldet. Das Handlungsprogramm Wohnen ist daher eine späte, aber notwendige Kurskorrektur,“ sagt der Vorsitzende des Mieterbunds Bodensee, Herbert Weber. Das Programm müsse so schnell wie möglich beschlossen werden.

Wenig Verständnis zeigt der Mieterbund für den Widerstand aus den Reihen von CDU und Freien Wählern in Konstanz gegen das Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme. „Die bürgerlichen Fraktionen bereiten einen Rückzug aus dem Wohnungsprogramm vor, bevor es beschlossen wurde,“ kritisiert Weber. „Alle reden von bezahlbaren Wohnungen. Doch wenn es ernst wird, kneifen sie.“

„Wer eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme mit einer Enteignung gleichsetzt, täuscht die Öffentlichkeit. Es ist egal, ob dies aus Unkenntnis oder mit Vorsatz geschieht.“, ergänzt Mieterbund-Vorstandsmitglied Winfried Kropp. Die Verwaltung habe lediglich auf geltendes Recht hingewiesen. Die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme diene dazu, einem großen Mangel an Wohnungen oder Arbeitsplätzen schnell abzuhelfen. Manche Bebauungsplanverfahren dauern unverhältnismäßig lange, sagt Kropp. Das Instrument der Entwicklungsmaßnahme kann die Planung und Bau beschleunigen. „Wer es mit Wohnungsbau in Konstanz ernst meint, darf nicht ohne Not auf die Instrumente des Baugesetzbuchs verzichten,“ betont Kropp.

Noch schärfer kritisiert Jan Welsch, Spitzenkandidat der Jusos für die Gemeinderatswahlen am 25. Mai, die Einlassungen der CDU-Gemeinderatsfraktion zum „Handlungsprogramm Wohnen“. Der städtische Technische und Umweltausschuss hatte am vergangenen Dienstag über Maßnahmen zur Behebung der Wohnungsnot beraten und einstimmig – auch mit den Stimmen von CDU und Freien Wählern – beschlossen, Eigentümer von Bauland notfalls zur Überbauung der Grundstücke zu zwingen. Diese widersprüchliche Haltung verärgert Welsch, der dem bürgerlichen Lager vorhält, sich einerseits im Kommunalwahlkampf bezahlbaren Wohnraum auf die Fahnen zu schreiben und dann, „wenn es ernst“ werde, „der Spekulation mit dem wenigem Bauland in Konstanz Tür und Tor“ zu öffnen.

Das Städtebaurecht erlaube eine Enteignung nur als letztes Mittel, darauf weist Weber in seiner aktuellen Presserklärung hin. Auch in den laufenden Sanierungsgebieten in der Stadt wäre eine Enteignung theoretisch möglich gewesen. „Beim Sanierungsgebiet Altstadt mit Niederburg beispielsweise hat das niemanden interessiert,“ weist Weber auf die widersprüchliche Argumentation hin. Das Konzept von Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn hingegen zeuge von Mut und Tatkraft, so Weber.

Autor: PM/hpk