Werbung für die AfD – ja oder nein?
Soll, darf man Werbung für die AfD machen? Wo hört unternehmerische Verantwortung auf, wo fängt demokratisches Selbstverständnis an? Darüber streiten zwei Konstanzer Werbemanager. Der eine stellt AfD-Plakate auf und findet das nicht schlimm, der andere fürchtet, „nun wird die AfD salonfähig“. Über die Auseinandersetzung zwischen Ralph J. Schiel von der Werbeagentur „naturblau“ und Christoph Schwarz von der SCHWARZ-Außenwerbung GmbH:
„Mir ging es darum, Vorschubleistung für rechte Gesinnungen in Konstanz (und auch anderswo) nicht unkommentiert zu lassen und ein Zeichen für Engagement – auch auf Unternehmerseite – für Integration und Toleranz zu setzen“, schreibt Ralph J. Schiel, Gründer und Geschäftsführer der kleinen, aber feinen „Werteagentur naturblau“ über seinen Mailwechsel mit Christoph Schwarz, dem Juniorchef der SCHWARZ-Außenwerbung GmbH, die in Konstanz das Geschäft mit Plakatwänden und Stellschildern monopolisiert.
Drei solcher großflächigen Plakatwände hatte die AfD vom 3. bis 12. 11. gemietet – sie werden also noch in dieser Woche wieder entfernt; zwei wurden abgelichtet, eines, das noch am Döbele platziert ist, wird hier auch gezeigt.
Negative Folgen für das Zusammenleben?
„Eine unternehmerische Unterstützung der AfD“, nennt Schiel die Werbeaktion und warnt „als Inhaber einer Werbeagentur, Konstanzer Bürger und Mensch mit Migrationshintergrund … vor negativen Folgen für das integrative Zusammenleben der Konstanzer BürgerInnen.“ Besonders den „zahlreichen – zum Großteil ehrenamtlich – vor Ort tätigen Menschen wird ihre Arbeit durch die offene Kommunikation von Stammtischparolen sicherlich nicht erleichtert“, meint der Werbechef und bringt auch die Stadt Konstanz ins Spiel, wenn er schreibt: „Eine von Ihnen unterstützte Werbung mit rechten Inhalten widerspricht den mannigfachen integrativen Bemühungen der Stadt Konstanz nicht nur in der aktuellen Flüchtlingsfrage, sondern auch in der Charta der Vielfalt und Konstanzer Erklärung“.
Und Schiel belässt es nicht bei Kritik, sondern hat auch einen Vorschlag für seinen Kollegen parat: „Lassen Sie die Zahlungen, die Sie von der AfD für die Kampagne bekommen haben, in vollem Umfang Flüchtlings- und Integrationsorganisationen zukommen“.
„Wir können hier keine Zensur betreiben“
Die Antwort von Christoph Schwarz lässt nicht lange auf sich warten. Bereits am Folgetag schreibt er unter anderem, „dass unser Haus Werbeträger vermarktet und bewirtschaftet/plakatiert, jedoch nicht für den Inhalt der Werbung verantwortlich zeichnet.“ Zudem sei die AfD eine in der Bundesrepublik zugelassene Partei – „wir können hier keine Zensur betreiben“. Und er denkt in die Zukunft, wenn er schreibt: „Im nächsten Jahr sind Landtagswahlen – uns liegt noch kein Auftrag vor -, aber wenn die AfD im kommenden Jahr in ganz Baden-Württemberg Wahlkampfwerbung betreiben möchte, können wir die Partei doch nicht ablehnen… Eine Stadt kann auch unmöglich sagen, dass z. Bsp. die SPD, die CDU, die FDP etc. Plakate an den Laternenmasten aufhängen darf, die für den Landtag kandidierende Partei AfD jedoch nicht. Auf welcher Rechtsgrundlage sollen wir als SCHWARZ-AW hier eine Zensur ausüben, wenn andere Stellen versagen?“
Schließlich wird Schwarz offensiv und beklagt mangelnde Fairness: „Wir haben uns auch nicht, wie Sie schreiben, auf eine unternehmerische Unterstützung der AfD eingelassen. Die Kampagne wurde weder von uns initiiert, gestaltet oder gezielt gebucht. Noch erhält die Partei von uns in irgendeiner Form Sonderkonditionen oder sonstige finanzielle Hilfe, so dass wir es nicht fair finden, uns eine Unterstützung der AfD zu unterstellen.“
Wenig mehr als eine Woche stehen die Plakatwände in Konstanz – neben dem Döbele auch an der neuen Rheinbrücke – dann werden sie abgebaut. Lohnt das den Streit oder zumindest die Diskussion? Wohl doch, denn, wie Christoph Schwarz richtig schreibt: Im März 2016 wird ein neuer Landtag gewählt und bis dahin stehen uns solche und noch ganz andere Debatten zuhauf ins Haus.
hpk
Die Aussenwerbung ist derzeit – im elektronischen Zeitalter! – nicht im Aufwind. Man erkennt das zum Beispiel an leeren Litfaßsäulen. Darum wird wohl jede Gelegenheit benutzt, Quadratmeter zu verkaufen. Wählt man bei Wahlen unreflektiert „nur Plakattafeln“, ist Schwarz dafür sicher nicht verantwortlich zeichnend. Ob indes ein Unternehmen jede Plakatidee anzunehmen hat, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Vielleicht einfach eine Frage des Geschmacks? Besonders in politischen Bezügen? Doch: „….negative Folgen für das integrative Zusammenleben der Konstanzer BürgerInnen“ durch dieses zeitweilige „Plakätle“ mag ich nicht zu erkennen. Konstanz, meine ich, tickt ein Stück reflektierter (auch ohne „Antifa“-Plakatzusatztext!.
Tja lieber Dennis,
um bei deiner Argumentation zu bleiben: Wie wird/soll sich die Fa. Schwarz dann verhalten, wenn die NPD an sie heran tritt?
Also nochmal überlegen – dann schreiben!!
Ich denke, die Fragestellung in der Überschrift ist bereits falsch. Denn das, was die Firma „Schwarz-Außenwerbung“ auf ihren Plakatwänden präsentiert, ist nicht Werbung FÜR die AfD, sondern Werbung VON der AfD.
Natürlich steht es jedem Unternehmen frei, im Sinne der eigenen Philosophien Zeichen zu setzen, indem Verträge nur mit ausgewählter Klientel abgeschlossen werden. Doch wer einmal damit begonnen hat, seine Wände für politische Parteien zur Verfügung zu stellen, wird es gerade dann schwer haben, wenn es um eine Kraft geht, die – wie Herr Schwarz richtig anmerkte – bislang weder verboten ist, noch unter einer besonderen Beobachtung steht.
Abgesehen von rechtlichen Fragen halte ich es auch für kaum möglich, der AfD Flächen für Werbung zu enthalten, ohne dabei nicht mit Fragen von Fairness, Neutralität und Gleichbehandlung überführt zu werden. Denn tatsächlich macht „Schwarz-Außenwerbung“ nichts Anderes als sonst: Sie stellt Werbeflächen zur Verfügung, wie es Geschäftsfeld des Unternehmens ist. Mit Selektion mag sich eine Firma zwar Sympathien beim politischen Gegner einfangen; gleichzeitig wird sie aber angreifbar. Und ob sich ein Unternehmen derart engagieren will, bleibt seine alleinige Entscheidung. Man mag es als wenig couragiert bezeichnen, aber nach reiner Sachlichkeit bewertet hat sich „Schwarz“ vollkommen legitim verhalten.