Werner Heyde, alias „Dr. Sawade“

Anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus wird kommenden Montag im ZfP Reichenau Martin Krupinski, Leiter der Abteilung für Forensische Psychiatrie am Universitätsklinikum Würzburg, ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte beleuchten. Es geht um den ehemaligen Psychiatrie-Professor Werner Heyde, einen der Haupttäter der massenhaften Morde an Kranken während der NS-Zeit.

Werner Heyde, geboren 1902, studierte Medizin und begann im Sommer 1926 seine Universitätskarriere an der Psychiatrischen und Nervenklinik in Würzburg. 1936 trat Heyde in die SS ein und bildete in ganz Deutschland KZ-Lagerärzte für die Selektion von Häftlingen für die Zwangssterilisationen aus. Gleichzeitig war er Oberarzt und Gutachter an der Würzburger Klinik und zudem Gutachter für die „Gestapo“ (Geheime Staatspolizei).

Ab Sommer 1939 war Heyde an der Planung der mit dem Euphemismus „Euthanasie“ bezeichneten Krankenmorde beteiligt und zunächst alleiniger Obergutachter. Parallel dazu wurde er 1939 Direktor der Psychiatrischen und Nervenklinik Würzburg. Nach dem Umzug der Zentrale der Krankenmorde in die Tiergartenstraße 4 in Berlin wurde Heyde im Sommer 1940 zum medizinischen Leiter der später sogenannten „Aktion T4“, bei der ca. 100.000 Menschen von den Nationalsozialisten ermordet wurden, überwiegend in den zu Tötungsanstalten umgebauten Bernburg, Brandenburg, Grafeneck, Hadamar, Hartheim und Sonnenstein. Dort wurden sie mit Kohlenmonoxid umgebracht.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Heyde Ende Mai 1945 in der Nähe von Flensburg interniert und anschließend der deutschen Justiz überstellt. Mit Hilfe gefälschter Papiere gelang ihm die Flucht und aus Werner Heyde wurde „Dr. Fritz Sawade“. Unter diesem Namen bekam er eine gut bezahlte Anstellung als Sportarzt und trat auch als Gerichtsgutachter auf. Vielen seiner ehemaligen NS-Kollegen war die wahre Identität Sawades bekannt, sie deckten ihn aber.

Im November 1957 flog der Schwindel auf. Die Ermittlungen gegen Heyde übernahm die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft unter dem legendären Fritz Bauer, der eine umfangreiche Anklageschrift erstellte. Heyde wurde angeklagt, „heimtückisch, grausam und mit Überlegung mindestens 100 000 Menschen getötet zu haben“. Bevor es zum Prozess kam, nahm sich Werner Heyde im Zuchthaus Butzbach das Leben.

MM/hr (Weitergehende Informationen auch über wikipedia)


Wann? 27. 1. 2020. Der Vortrag beginnt um 10.30 Uhr. Wo? ZfP Reichenau, Feuersteinstr. 55, im Hörsaal in Haus 20 (1. OG).