Die Wette gilt: Konstanzer Bahnhof bleibt, wie er ist
Ein Bürgermeister drückt aufs Tempo: Karl Langensteiner-Schönborn warb in der gestrigen TUA-Sitzung wortreich für seine „Planung in Modulen“, mit der er den Konstanzer Bahnhof schnellstens umgestalten will. Doch viele StadträtInnen bleiben skeptisch
Ein Zuhörer wollte während der Sitzung des Technischen- und Umweltausschusses (TUA) eine gute Flasche Rotwein verwetten, dass der Bahnhof in Konstanz auch 2019 noch nicht barrierefrei werde. Doch ich mochte nicht gegenhalten und alle anderen auch nicht: Zu groß ist das Misstrauen in das städtische Planungsvermögen, zu häufig schon wurden Erwartungen enttäuscht.
Umwidmung?
Und auch gestern überwogen die Bedenken: Vor Anne Mühlhäußer (FGL) tat sich „ein Planungs-Labyrinth auf, das mehr Fragen als Antworten aufwirft“; die Steg-Lösung (seemoz berichtete) jedenfalls hält sie nicht für realistisch. Holger Reile (LLK) plädierte für die „schnellere und billigere Lösung von Fahrstühlen an der bisherigen Unterführung“. Nicht nur er wunderte sich lautstark, dass erst jetzt – dreieinhalb Jahre nach dem Planungsstart – Bedenken auftauchen, das Eisenbahn-Bundesamt könnte diese, von Bahn-Planern selber erdachte Lösung jetzt plötzlich nicht mehr genehmigen. Er wie auch Jürgen Ruff (SPD) argwöhnten, das für die Bahnhofssanierung vorgesehene Geld solle eher für den Centrotherm-Umbau zu einem Veranstaltungshaus ausgegeben werden – von solcher Umwidmung zumindest wollen beide den Oberbürgermeister Burchardt reden gehört haben.
Selbstkritik
Ansonsten gab es ganz ungewohnte Töne der Selbstkritik. Baubürgermeister Langensteiner-Schönborn kritisierte unumwunden seinen Vorgänger, weil die Genehmigungsprüfung für Fahrstühle an der bestehenden Unterführung nicht früher beantragt wurde; Anselm Venedey (Freie Wähler) nahm den Vorschlag seiner eigenen Fraktion einer Unterführung zurück („wir sehen den Mehrwert nicht mehr“), und Johann Hartwich (FDP) bekannte selbstkritisch, auch der Gemeinderat habe Stadtverwaltung und Bahn in der Vergangenheit häufig mit widersprüchlichen Forderungen überfordert.
Alternative?
Baubürgermeister Langensteiner-Schönborn will nun Zug in die Entscheidungsfindung bringen. Sollte die Genehmigungsprüfung negativ ausfallen, müsse ein Plan B her, „Planung in Modulen“ nennt er das. Und da sei seine tolle Idee einer Brücke über den Bahnhof mit Promenade, weitem Blick auf den See und einer Shopping-Meile gerade die richtige Alternative. Ein bisschen teurer zwar , aber „städtebaulich eine einmalige Chance“.
Die StadträtInnen im TUA wollten sich trotz hörbaren Grummens dem Planungsfortlauf nicht verschließen und stimmten bei jeweils einer Gegenstimme (LLK) und wenigen Enthaltungen (aus FGL und SPD) der Langensteiner’schen „Planung in Modulen“ zu. Das letzte Wort hat ohnehin der Gemeinderat, mochten sich die Ausschuss-Mitglieder gesagt haben. Und da geht die Diskussion von vorne los. Wie gesagt: Die Wette gilt…
Autor: hpk
Weiterer Text zum Thema:
17.09.2014: „Konschtanzer Lösung“ für den Bahnhof?
Der Konstanzer Bahnhof ist ein Siffloch seit langer Zeit und wird noch lange Zeit ein solches bleiben! Von wegen Visitenkarte einer Stadt!
Dazu passt die „broken windows Theorie“: wo Dreck ist, kommt noch mehr dazu!
Mit einem tiefen Seufzer,
Luana Thalmann
Vielen Dank Holger und Herr Ruff für das deutliche Betonen dieses unstreitigen Faktums. Man muss beim Namen nennen, was OB Burchardt entgegen aller Zweck- und Notwendigkeit durchzusetzen meint.
Es ist eine Erklärung der Geringschätzung gegenüber all denjenigen, die durch körperliche Einschränkungen nicht in der Lage sind, angemessen Zugang zum Bahnhof zu erhalten, wenn statt einer Renovierung der Bahnhofsunterführung eine zwecklose Stadthalle Vorrang einnimmt.
Ich kann da nur den Kopf schütteln und hoffen, das unsere eingeschränkten Mitmenschen diese Zurückstellung genauso persönlich nehmen, wie es angemessen ist.
Richtig, lieber Jürgen Ruff. Auch mir gegenüber hat OB Burchardt sinngemäß geäußert, dass er die Millionen lieber für den Umbau des Centrotherm-Gebäudes ausgeben möchte. Wobei nicht nur er schon längst weiter denkt und zwar in Richtung Konzerthaus auf dem Nachbargelände. Bisweilen habe ich den Eindruck, dass die beschlossene Bürgerbefragung zum Thema für die Konzerthaus-Euphoriker längst zur lästigen Nebensache geworden ist. Dass uns Sk-Lokalchef Rau in seinem Bericht über die gestrige Debatte „Argwohn“ unterstellt, muss nicht wundern. Schon zu KKH-Zeiten hat er sich, und der Südkurier, als Antreiber für das dann gescheiterte Projekt verstanden. Das ist diesmal auch nicht anders.
H.Reile
Dass wir uns als Konsequenz des Kaufs und Umbaus des Centrotherm-Gebäudes die Bahnhofsunterführung nicht mehr werden leisten können, ist kein Argwohn meinerseits, sondern die öffentlich in einer Sitzung der SPD-Fraktion vor der Kaufentscheidung im Gemeinderat geäußerte Antwort von OB Burchardt auf meine Frage, welche der in Konstanz geplanten Projekte zugunsten Kauf und Umbau gestrichen werden sollten: die Bahnhofsunterführung, die würde seiner Ansicht nach nicht gebraucht.
Das kann man nun bedauern oder nicht, es ist einfach eine Tatsache.