Wie gehabt: Theater ums Theater

Neuer Zoff zwischen Stadtspitze und Stadttheater in Konstanz: Die dringend nötige Diskussion über die finanzielle und personelle Ausstattung an Deutschlands ältestem Theater, lange geplant für die heutige Sitzung des Kulturausschusses, wurde kurzerhand und reichlich selbstherrlich von Kulturbürgermeister Osner abgesetzt – nächste Diskussion in der nächsten Sitzung: Am 16. November, immerhin noch 2016.

Auf 23 Seiten beschreibt das Führungspersonal des Konstanzer Theaters die Nöte des Stadttheaters – Grundlage für eine Generaldebatte im Kulturausschuss. Doch dazu kommt es nicht: Zur Überraschung aller setzte Andreas Osner den Tagesordnungspunkt ab – und rechtfertigte das leidlich unbeholfen in der letzten Sitzung des Gemeinderates (s. dazu auch: „Die Scala-Freunde rühren sich wieder, Theaterdonner“ auf der heutigen seemoz-Startseite). Dass dieser Aufschub auf dem Rücken des Theaterpersonals ausgetragen wird, scheint außer den betroffenen Beschäftigten niemanden wirklich zu kümmern.

Rechtswidriger Betrieb?

Denn in ihrem Dossier beschreiben die Theaterleute hautnah, wo sie der Schuh drückt. Neben einem gehörigen Maß an Eigenlob (vor allem, wenn es um den Vergleich mit anderen Theaterhäusern geht) werden Schwachstellen benannt: „Bei der Spielstätte Stadttheater handelt es sich (…) um eine Großbühne, die (…) von einem Bühnenmeister betreut werden muss. Aus diesem Grund wird das Stadttheater seit Jahren rechtswidrig betrieben, da eine Bühnenmeisterstelle fehlt.“ Oder: „Die Vorstellungen in Spiegelhalle und Werkstatt müssen aufgrund von Personalengpässen in der Regel ohne Requisite und Maske auskommen.“ Oder: „Es gibt keine Hausmeisterstelle“. Und so kommt das Papier zu dem Schluss, dass allein im Bereich ‚Technik und Werkstatt‘ mindestens 3,5 zusätzliche Stellen gebraucht werden,

So etwas liest kein Dienstherr gerne. Neue Stellen, mehr Geld – das ist wie Gift für die Bürgermeister und die bürgerlichen Stadtherren und -damen im Gemeinderat, die den Stadtbetrieb wie einen Konzern ausschließlich nach betriebswirtschaftlichen Kriterien führen wollen. Da ist kein Platz für fürsorgliches Vorgesetzten-Bewusstsein, wie sich schon vor wenigen Monaten bei der Diskussion um die Erhöhung der Schauspieler-Gehälter zeigte.

Regie- oder Eigenbetrieb?

Außerdem plädieren die Theaterfachleute für eine Umwandlung ihres Regiebetriebes in einen Eigenbetrieb und reagieren damit offensichtlich auf eine Stellungnahme der Kämmerei, die unserer Redaktion leider nicht vorliegt. Schließlich würden, so schreiben die Theaterautoren, von den 143 in Deutschland öffentlich betriebenen Theatern nur noch 31 Häuser in Form des Regiebetriebs geführt. „Sowohl der Deutsche Bühnenverein als auch der Deutsche Städtetag halten den Regiebetrieb für die Theater nicht mehr (für) zeitgemäß“.

Eine solche Umorganisation könnte der Intendanz neue Spielräume für wirtschaftliche Entscheidungen öffnen. Vermutlich sind es gerade solche Vorschläge, die dem Theater mehr Eigenständigkeit ermöglichten, die den Bürgermeistern gegen den Strich gehen – frei nach dem Motto: Noch mehr Selbstständigkeit für Nix – wo kommen wir denn da hin? Genau in diese Kerbe zielt jedoch das Dossier, wenn kritisiert wird: „Obwohl vertraglich zugesichert, verfügt das Theater Konstanz bis heute über keine neu gefasste Dienstordnung. Auch das im Oktober 2015 vorgelegte Organigramm hat der zuständige Bürgermeister bis heute nicht bestätigt.“ Solche Formulierungen sind es wohl, die der Rathausspitze die Zornesröte auf die Stirn malen. Und nicht „Angriffe auf einzelne Mitarbeiter“, die vor Verteilung des Papiers erst noch ausgebügelt werden müssten – das hatte der OB noch in der letzten Ratssitzung zu Protokoll gegeben.

Unterfinanziert?

Fast schon selbstverständlich, dass ein solches Positionspapier nicht ohne Wehklagen ob der finanziellen Ausstattung auskommt. Zahlreiche Tabellen und Statistiken sollen belegen: Das Theater ist unterfinanziert, die Zuschüsse von Stadt und Land reichen nicht aus, anderen Theatern in vergleichbaren Städten geht es besser. So würden beispielsweise die Kosten für Freilichtaufführungen auf dem Münsterplatz nicht ausreichend ausgeglichen und der Aufwand für drei Spielstätten in der Stadt nicht gebührend berücksichtigt. Allein – solche gebetsmühlenartig vorgetragene Klagen werden nicht deshalb erhört, weil man sie stets wiederholt.

Ohne eine grundsätzliche Debatte über Sinn und Wert des Theaters in dieser Stadt müssen solche Wehklagen verpuffen. Doch eben diese inhaltliche Auseinandersetzung ist offensichtlich von der Verwaltungsspitze nicht gewollt. Weil man Christoph Nix madig machen will? Oder weil man den kulturellen Wert eines solchen – auch touristischen – Kleinods nicht wahrnimmt? Oder weil man schlicht Kulturbanause ist?

hpk