Wie verbraten wir unsere Millionen?

seemoz-nicht-oeffentlichZeltfestival, vhs-Fusion, Zuschüsse fürs Theater, Investitionen in die Gemeinschaftsschule – der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) des Konstanzer Gemeinderates hat gestern zahlreiche Projekte auf den Weg gebracht – oder auch gestoppt. Letztlich entscheiden muss der Gemeinderat (GR) am 17. Dezember, doch das HFA-Votum gilt gemeinhin als richtungsweisend. Ärgerlich allein die Geheimnis­krämerei der Stadtverwaltung, die eine offene Bericht-erstattung einmal mehr verhindert.

Es ging um kurzfristige Änderungen im Haushaltsentwurf, der in zwei Wochen den GR passieren soll: Mit einem Investitionsvolumen von 50,3 Mio. Euro (inklusive Rückstau aus 2015) protzt der Konstanzer Haushalt; zu verdanken ist das vor allem den sprudelnden Einnahmen aus der Gewerbesteuer, die statt der angepeilten 38 Millionen fast 59 Millionen Euro in den Stadtsäckel spülen. Das weckt Begehrlichkeiten, und so musste der HFA kurz vor Torschluss der Haushaltsberatungen über etliche Zusatzwünsche befinden. In aller Kürze – das ist vor allem der häufig nicht öffentlichen Beratung geschuldet, über die wir nicht berichten dürfen – hier die wichtigsten Entscheidungen:

Die Fusion der Volkshochschulen Radolfzell und Konstanz/Singen scheint in trockenen Tüchern. Der Ausschuss stimmte dem Vertrag in nicht öffentlicher Sitzung zu. Einzelheiten, gerade zu den finanziellen Auswirkungen, wurden nicht bekannt gegeben.

Zeltfestival vor dem Aus: Nachdem Kreuzlingen jüngst (seemoz berichtete) seine finanzielle Unterstützung aufgekündigt hatte, waren auch die Konstanzer StadträtInnen nicht bereit, ihr Engagement von zugesagten 90 000 Euro zu erhöhen. Das aber reicht nach Aussagen des Veranstalters nicht – die Tage des gerade erst erneut gestarteten Festivals scheinen wieder gezählt.

Eine zusätzliche Geldspritze für das Stadttheater wurde abgelehnt. Wie viel und wofür? Auch darüber können wir leider nicht berichten – der Ausschuss behielt seine Geheimnisse aus nicht öffentlicher Beratung für sich.

40 000 Euro wurden bewilligt, um den Schulhof des Humboldt-Gymnasiums auszubauen.

Die neue Gemeinschaftsschule, die im Herbst 2016 eröffnet werden soll, erhält zusätzliche 800 000 Euro für die Ausstattung ihrer Fachklassenräume. Warum es zu einer Verdoppelung dieser Kosten in so kurzer Zeit gekommen ist, wurde zwar heftig diskutiert, aber letztlich nicht aufgeklärt.

Für ein Depot des Rosgartenmuseums werden 50 000 Euro, in den nächsten drei Jahren sogar insgesamt 1,8 Millionen, bereit gestellt. Nach Aussagen von Museumsdirektor Engelsing ist das „ein Quantensprung für die wissenschaftliche Aufbereitung des Bestands“.

Fahnen auf der Rheinbrücke: Warum diese Flattermuster auf Antrag der CDU-Fraktion für 17 500 Euro angekauft werden, erschließt sich nicht nur dem Schreiberling nicht.

Die lange geplante Erneuerung des DJK-Sportplatzes am Tannenhof mit einem Kunstrasen für immerhin 570 000 Euro wird in das Jahr 2016 vorgezogen.

90 000 Euro darf die Erweiterung der Uferpromenade am Seerhein kosten. Damit wird ein Weg zwischen Ufer und Reichenaustraße direkt neben dem Bodensee-Forum finanziert. Wäre mal lohnend, alle diese Zusatzkosten zum ohnehin schon sündhaft teuren Forum zu summieren …

Vor dem Forum soll ein Landesteg für 400 000 Euro installiert werden. Irgendwann soll da womöglich ein Wassertaxi anlegen. Auch das gehörte in die Rubrik ‚Zusatzkosten‘.

Die Z-Brücke am Bahnhof Petershausen soll endlich in Angriff genommen werden – 4,1 Millionen Euro darf das nach Ansicht des HFA kosten. Aber man habe aus früheren Fehlern im Brückenbau gelernt und nun exakt kalkuliert, war von den Stadtplanern zu vernehmen.

Der Antrag der SPD-Fraktion, die Erneuerung der Marktstätte vorzuziehen, fand keine Mehrheit. Nach Aussage der städtischen Fachleute könnten die Planungen nicht rechtzeitig fertig gestellt werden. Die SPD „relativierte“ daraufhin ihren Antrag, was wohl zukünftig als Synonym für ‚Rückzug‘ verstanden werden darf.

Rheinsteig: Zur Umsetzung des C-Konzeptes der innerstädtischen Verkehrserneuerung soll der Rheinsteig in 2016 aufgefrischt werden – C-Konzept hin oder her: Diese Sanierung ist ohnehin nötig.

Wie und von wem das alles geleistet werden soll, wurde dann einmal mehr in ‚nicht öffentlicher‘ Sitzung beraten – der zweiten an diesem Sitzungstag. Da sollte es vor allem um die Entfristung der Beschäftigten-Verhältnisse der Liste B gehen, die vermeintlich weniger wichtige Aufgaben erfüllen (seemoz berichtete). Einen Vorgeschmack auf diese Art der Personalpolitik gab vorab schon einmal Bürgeramtschef Fischer, der für die verständlichen Engpässe in der Ausländerbehörde sogenannte Starter-Verträge vorschlug – Auszubildende ohne Anschlussvertrag sollen kurzfristige Arbeitsverträge erhalten, um die Personallücken zu schließen. Solche Vorschläge nennt man wohl: Alibi-Lösung.

hpk