Wie viele Abstimmungen braucht ein Gemeinderat?
Und wie häufig dürfen StadträtInnen „falsch“ abstimmen und es dann noch einmal versuchen? Spannende Fragen, die in der Sitzung des Konstanzer Gemeinderates am 16. Mai beantwortet werden dürften. Es geht dabei nicht um ein Allerweltsproblem, sondern um die ideologisch besetzte Frage von Straßenumbenennungen. Konkret: Um die Von-Emmich-Straße in Konstanz und um die monatelange Diskussion ihrer Umbenennung – jetzt zum dritten Mal
Die beiden Gemeinderäte der LLK (Linke Liste Konstanz), Vera Hemm und Holger Reile, sind erstaunt und sauer: Zum dritten Mal soll am 16.5. über die Von-Emmich-Straße in Konstanz-Petershausen abgestimmt werden, obwohl die neue Namensgebung zweimal schon beschlossene Sache war. In einer aktuellen Presseerklärung fragen sie nach den Gründen und bekräftigen ihren Standpunkt. seemoz veröffentlicht die Erklärung im Wortlaut und fügt die fragliche Rechtsgrundlage gleich mit an:
Linke Liste besteht auf Umbenennung der von-Emmich-Straße
Bereits zweimal – Ende März 2012 und Ende September 2012 – hat der Gemeinderat beschlossen, die von-Emmich-Straße umzubenennen. Bei der letzten Abstimmung, 21 RätInnen stimmten für die Umbenennung, 17 dagegen, wurde auch die Zurückweisung der Umbenennung in die Straßenbenennungskommission abgelehnt. Nach Ansicht der Linken Liste Konstanz (LLK) hätte die Umbenennung längst stattfinden müssen, denn die Entscheidung dafür war eindeutig.
Auf unsere Anfrage bei der letzten Gemeinderatssitzung am 25.4., warum bisher nichts passiert sei, erklärte Oberbürgermeister Uli Burchardt zu unserer Verwunderung, das Thema käme nun bei der nächsten GR-Sitzung am 16.5. erneut auf den Tisch. Dafür gäbe es angeblich triftige Gründe, vor allem den Protest einiger AnwohnerInnen der von-Emmich-Straße. Außerdem wurde darauf verwiesen, dass der Oberbürgermeister laut § 9 der Geschäftsordnung des Gemeinderates das Recht habe, innerhalb von sechs Monaten eine bereits getroffene Entscheidung nochmal auf die Tagesordnung zu bringen.
Wir fragen uns: Wie oft muss über einen gemeinderätlichen Beschluss abgestimmt werden, bis er einigen GemeinderätInnen passt? Wir erkennen keinen Wiedervorlagegrund, der laut § 9 nur dann greifen würde, wenn „neue Tatsachen oder neue wesentliche Gesichtspunkte“ zu erkennen sind. Das ist hier nicht der Fall. Und: Unserer Meinung nach handelt es sich bei dem § 9 um einen Gummiparagraphen, bei dessen Auslegung in diesem Fall Willkür und Mauschelei eine nicht unbeträchtliche Rolle spielen. Dieser Eindruck verstärkte sich, als wir erfahren mussten, dass die FDP nach der letzten Abstimmung über die Umbenennung bei einem gemeinderätlichen Umtrunk nach der Ratssitzung erklärte, sie habe „falsch“ abgestimmt und sei nun gegen eine Umbenennung.
Wie auch immer: Die LLK bleibt bei ihrer Forderung, die von-Emmich-Straße nun endlich umzubenennen. Wir unterstützen auch den Vorschlag der Verwaltung, die Kosten, die den betreffenden BürgerInnen nachweislich für die Ummeldung entstehen, zu ersetzen.
Vera Hemm, Holger Reile
Linke.Liste Konstanz (LLK)
§ 9 Verhandlungsgegenstände, Geschäftsordnung des Gemeinderates Konstanz
- Der Gemeinderat verhandelt über Vorlagen der Verwaltung oder aufgrund von Anträgen aus der Mitte des Gemeinderates. Die Vorlagen der Verwaltung sind in der Regel schriftlich vorzulegen und zu begründen und in der Regel von zuständigen Ausschüssen vorzuberaten. Soweit Vorlagen finanzielle Auswirkungen beinhalten, ist in der Begründung darauf einzugehen. Der Oberbürgermeister kann Angelegenheiten, die der Entscheidung des Gemeinderates vorbehalten sind, in den beschließenden Ausschüssen vorberaten lassen. Das Ergebnis der Vorberatung ist dem Gemeinderat schriftlich mitzuteilen.
- Ein durch Beschluss des Gemeinderates erledigter Gegenstand kann innerhalb von 6 Monaten erst dann wieder behandelt werden, wenn dies wegen neuer Tatsachen oder neuer wesentlicher Gesichtspunkte gerechtfertigt erscheint.
Autor: PM/hpk
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