Wieviel Theater braucht die Stadt und was darf es kosten?
Neben dem Konstanzer Stadttheater gibt es mehrere kleine Theaterinitiativen, die das kulturelle Leben ungemein bereichern. Dazu gehören möchte auch das Theater „Mephisto & Co“, das seine Stücke im Schloss Seeheim präsentiert. Nun liegt der Verwaltung ein Antrag von Mephisto & Co vor, mit dem sich aber nur wenige Entscheidungsträger anfreunden wollen. Denn die Theatergruppe bittet die Stadt um eine „institutionelle Förderung“ in Höhe von stattlichen 37 000 Euro
Der Kulturausschuss beschäftigt sich schon länger mit dem Thema und der Antrag stieß bereits im Frühjahr 2012 auf deutliche Gegenwehr. CDU-Rat Müller-Fehrenbach erklärte, seine Fraktion sei „schockiert über die Höhe des Antrags“. Zuletzt habe man über den Kulturfonds Fördergelder zwischen 1 700 und 3 200 Euro gewährt und „nun käme ein Antrag für das Zwanzigfache“. Auch Heinrich Everke (FDP) empfahl, „zurückhaltend“ zu sein. Bei den Sozialdemokraten kam ebenfalls wenig Freude auf und Anne Mühlhäußer (FGL) befürchtete „Überschneidungen“ und eine „Konkurrenz zum Stadttheater“.
Auch die Linke Liste Konstanz hält den Antrag für „völlig überzogen“ und verweist ihn ins „Reich der Fantasie“.Einzig Anselm Venedey (FWG) hielt eine Förderung in dieser Höhe für angebracht, denn die Theatergruppe biete ein „hohes künstlerisches Niveau“ und verzeichne „beachtlichen Erfolg“. Bei der letzten Gemeinderatssitzung am 17.10. tauchte der Punkt dann auf der Tagesordnung auf und die Verwaltung schlug vor, eine „wiederkehrende“ Förderung in Höhe von 25 500 Euro abzusegnen. Doch dazu kam es nicht, die Angelegenheit wurde in den Kulturausschuss zurück verwiesen und steht dort am 19.11. erneut zur Debatte.
Mephisto & Co (s. Foto zur letzten Aufführung) wurde von der Juristin Eva Patricia Dietrich 2009 in Konstanz gegründet. Seitdem wurden acht Projekte, darunter fünf neue Stücke und drei Wiederaufnahmen umgesetzt. Die Theatergruppe, bestehend aus professionellen Akteuren, residiert in der Belle Etage von Schloss Seeheim, der Aufführungsraum verfügt lediglich über 50 Sitzplätze. Man wolle, so Dietrich in einer Projektvorstellung, mit dem Theater „einen Raum schaffen, der sich durch Inhalt, Form und Haltung von anderen Theatern unterscheidet“. Auf die Fahnen geschrieben hat sich Mephisto auch „Werte ohne erhobenen Zeigefinger zu vermitteln“. Die Theatergruppe ist seit 9. Januar 2013 beim Amtsgericht Konstanz als Verein eingetragen, seine Mitglieder kommen fast ausnahmslos aus München. Zwischen 2009 und 2012 wurde Mephisto mit einer Summe von 6 700 Euro durch die Konstanzer Projektförderung und den Kulturfonds unterstützt. Außerdem erhielt das Theater zwischen 2010 und 2012 vom Landesverband freier Theater Baden-Württemberg Gelder in Höhe von 40 000 Euro. Viel Holz für wenige und teure Aufführungen, sagen Kritiker.
Befremdlich und fast schon erpresserisch fanden jene dann auch die Einlassung Dietrichs, das Theater könne seinen Betrieb nur halbwegs aufrecht erhalten, wenn der Gemeinderat wenigstens den von der Verwaltung vorgeschlagenen Zuschuss von 25 000 Euro gewähre. Lieber wären ihr natürlich die 37 000 Euro, „um das Theater Mephisto & Co weiter in der Form der letzten Jahre betreiben zu können“. Läge der Zuschuss allerdings unter 25 000 Euro, sei es ihr „nicht möglich, den Betrieb aufrecht zu erhalten, sofern sich keine anderen größeren Beträge aufbringen lassen“. Die Höhe der Förderung der Stadt Konstanz, so Dietrich weiter, entscheide letztendlich darüber, ob Land und Bund gewillt sind, aus ihren Töpfen ebenfalls größere Summen zur Verfügung zu stellen.
Eine einfache Rechnung, die allerdings eine Mehrheit des Gemeinderates aus durchaus nachvollziehbaren Gründen so nicht mittragen will. Eva Patricia Dietrich hat nun ein Problem: Da ihr Antrag in den Kulturausschuss zurückverwiesen wurde, könne sie die Antragsfrist auf Förderung durch das Land Baden-Württemberg nicht einhalten. Steht also das Projekt vor dem Aus? Für eine Stellungnahme war Frau Dietrich leider nicht zu erreichen.
Dass es auch etwas bescheidener geht, zeigt Gela Homburger, die Initiatorin des „Zimmertheaters“ am Münsterplatz. Seit über einem Jahr bereichert sie mit bemerkenswerten Theateraufführungen, Lesungen oder Konzerten die hiesige Kulturszene. Und zwar völlig ohne Zuschüsse aus dem Stadtsäckel – die allerdings wären ihr zu gönnen.
Autor: Holger Reile
37.000 Euro? Tatsächlich eine komplett absurde Forderung für eine „freie“ Truppe dieser Machart. Zumal Frau Eva Patricia Dietrich ja nicht – wie der Autor des Artikels wohl weiß – mit dem Plastiklöffel im Mund geboren wurde.
Daß der Umgang des „Genossen“ Nix mit öffentlichen Geldern gelegentlich einer genaueren Betrachtung bedürfte – auch dies könnte den Autor des Artikels gelegentlich interessieren mögen – ist ein anderes Thema.
Und Gela Homburger macht sehr viel richtig. Dies ist sogar aus der Ferne und nach wenigen Besuchen in der alten Heimat zu beurteilen.
Herzlichst
C. Lugerth
Lieber Herr Müller,
mich würde wirklich mal interessieren, wie diese 120000 Zuschauer zustande kommen!
Viele Grüße…
Oh, das ist sie wieder: Die Diskussion um Kulturgelder!
Meine Haltung ist eindeutig:
1.)Christoph Nix macht hervorragendes Theater für vergleichsweise wenig Geld!
2.)Seine „Ausflüge“ wie sie es nennen, sind notwendig. Nur so sind Kontakte zu Armin Petras und andeeren großen Intendanten zu knüpfen!
3.)Armseelig ist dieses permanente Mießmachen! Seid doch mal stolz auf über 120000 Zuschauer pro Spielzeit! Dass sind Leute die gehen gerne ins Theater und lösen ganz regulär ihre Karte! Die sind doch nicht erfunden!
Lieber Herr Aster,
das Stadttheater unter Herrn Nix, dass ist bekannt, verschlingt die Millionen für überteuerte Regiegagen und Ausflüge in fremde Landen (Malawi, Kongo, Togo, Kuba, Spanien, England, Italien) … Jedenfalls ist es das, was einem am Theater erzählt wird, wenn man nachfragt.
Ich stimme ihnen zu: Das Geld, dass in das Theater fließt sollte endlich mal den einfachen Angestellten zufließen. Ein Beispiel: Ein Regieassistent bekommt so um die 1500 Euro vor Steuer, Regisseure (Eröffnungsregie Jo Fabian) 30000 Euro für 6 Wochen arbeit… Wo ist da das Verhältnis? Da werden sie mir zustimmen! Oder? Natürlich!
Lieber Herr Hirsch,
ich frage mich wie Herr Aster, ob sie das ernst meinen mit Mephisto? Die machen doch nun wirklich nur seichteste Kost!
Liebe Frau Eisenfuss,
die Hoffnung stirbt zu letzt… Das kann ich leider nicht bestätigen. Denn sonst würde die Diskussion hier auf Seemoz länger und strenger geführt werden. Aber vielleicht ist das ja wieder mal ein Anfang für eine Debatte! Schön wäre es.
Generell muss mehr Geld in die Freie Szene fließen!
Lieber Herr Hirsch,
Ihrem Beitrag habe ich nicht entnehmen können,
inwiefern
a) das Stadttheater nicht
b) Mephisto besser als das Stadttheater
„ihrem eigentlichen Zweck nach (kommt): Kultur für die Bürger der Stadt zu machen.“
Das wäre für das Verständnis Ihres Kommentars hilfreich.
Und was die „Ausbeutung der Mitarbeiter am Stadttheater“ betrifft, ist das ja wohl eher ein Argument für die Notwendigkeit, das Stadttheater finanziell so auszustatten, dass die Mitarbeiter angemessener bezahlt werden können. Oder wofür „verschlingt“, wie Sie schreiben, das Stadttheater Millionen?
Danke für Aufklärung.
Da kann ich mich dem obigen Kommentar nur anschließen. Die Konzentration auf die etablierten Kulturbetriebe war in Konstanz bisher sehr ausgeprägt und die freie Szene gerät da schnell ins Hintertreffen. Es ist schon erstaunlich wie unkritisch der Gemeinderat in den letzten Jahren z. B. mit dem Stadttheater umgegangen ist, da lassen sich alle blenden und scheuen den Blick hinter die Kulissen, es wäre aber auch zu unbequem sich damit auch noch auseinandersetzen zu müssen. Eine kleine aber feine Vielfalt in der Theaterszene zu unterstützen, würde mit Sicherheit etwas Bewegung in die Kulturszene bringen und der Stadt in ihrer Behäbigkeit nur gut tun. Man kann nur hoffen, dass sich der neue OB und der neue Kulturbürgermeister als etwas moderner und beweglicher erweisen, als es bisher zu beobachten war. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Lieber Herr Reile,
sie haben mit Ihrer Meinung nicht ganz recht – glaube ich.
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die Freie Szene in Konstanz wachsen muss.
Fördergelder sind knapp, vergleicht man die Millionen die das Stadttheater unter Herrn Dr. Nix verschlingt.
Was gilt es zu tun: Grundsätzlich eine Debatte über die Zuschüsse an die Kulturinstitutionen und die freue Szene. Da wird man sich wundern! Zum einen Misswirtschaft in der Philharmonie, Ausbeutung der Mitarbeiter am Stadttheater, Selbstverliebtheit in den Museen, Verschnarchtheit in der Bib…
Zurück: Die Forderungen von Mephisto wirken überhöht – ABER was ist das alles im Vergleich zu den HUNDERTTAUSENDEN die die städtischen Kulturbetriebe jährlich in Konstanz in den Sand setzen.
Ganz nebenbei kommen die Kulturbetriebe noch nicht einmal ihrem eigendlichen Zweck nach: Kultur für die Bürger der Stadt zu machen.
Wo sind denn (außer den oberen Zehntausend) die Theatbesucher? Sicher nicht in der katastrophalen Operninszenierung für Arme am Stadttheater. Dann ist mir die Komödie am Seerhein noch lieber.
Weiter so, ihr Hirsch