„Wir müssen mit Notlösungen leben“
Platzmangel in den Unterkünften, belegte Sporthallen, besorgte Bürger. Doch trotz aller Probleme mit der Unterbringung von Geflüchteten setzt die Stadt auf einen offenen Dialog und punktet mit Veranstaltungen wie der Bürgeranhörung zur geplanten Gemeinschaftsunterkunft in der Byk-Gulden-Straße am letzten Montag.
Die Stühle in der Aula der Regenbogenschule reichten nicht aus, um den knapp 70 interessierten BürgerInnen Platz zu bieten. Bürgermeister Andreas Osner und Ludwig Egenhofer vom Landratsamt Konstanz – überrascht über das rege Interesse – informierten über die Flüchtlingsunterkunft Campus, die derzeit auf dem P&R Parkplatz in der Byk-Gulden-Straße realisiert wird. Die Belegung mit bis zu 170 Geflüchteten ist ab Mitte März/April geplant. Es handelt sich um eine Wohncontainer Siedlung mit einer Leichtbauhalle in der Mitte: Ehemalige Bürocontainer, erstanden von der Stadt für einen symbolischen Euro, werden umgebaut zu Wohncontainern. „Es ist nicht schön und kein ansprechendes Quartier, aber wir wir sind froh, dass es keine Turnhalle ist“, sagt Bürgermeister Osner.
„Stück für Stück in eine menschenwürdige Unterbringung“
„Mittelfristig wollen wir die Turnhallen freimachen, doch was kurzfristig ist, kann ich ihnen leider nicht sagen.“, so Egenhofer. Eigentlich sollte jede geflüchtete Person um die 4,7m² Wohnraum bekommen, doch diese Zahl wird in den Konstanzer Unterkünften oft nicht erreicht.
Ein wichtiger Punkt in der Konstanzer Integrationsdebatte ist auch die Zusammensetzung der nach Konstanz kommenden Personen. Bisher wurden dem Landkreis vor allem Männer zugewiesen, sie machen etwa 75% der hier ankommenden Menschen aus. „Die Tendenz geht nun aber in Richtung Familien“, so Osner. Die Stadtverwaltung hofft durch den steigenden Anteil an Familien auf eine veränderte Struktur in den Unterkünften.
Ludwig Egenhofer sprach über die Möglichkeiten, sozialpädagogische und psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen. Doch dazu bedarf es Menschen mit entsprechender Ausbildung. Derzeit suchen Stadt und Landkreis händeringend nach Sozialarbeitern. „Der Bedarf ist groß, aber der Markt ist bundesweit wie leergefegt“, so Osner. Dennoch sind die entsprechenden Behörden stark angewachsen. „Pro Monat werden im Schnitt 10 neue Mitarbeiter eingestellt“, so Egenhofer.
„Gibt es denn eine Hausordnung?“
„Wer kommt denn nach Konstanz, sind das meistens Kriegsflüchtlinge oder politisch Verfolgte?“, fragte jemand. In Konstanz gäbe es Geflüchtete aus 29 Nationen, doch die große Mehrzahl stammen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Eine Anwohnerin wollte wissen, an wen sie sich den wenden solle, „wenn es auf dem Spielplatz wieder zugeht.“ Und verlangte nach konkreten Ansprechpartnern. Ein weiterer vermutete gar komplette Regellosigkeit in den „Asylantenheimen“ und fragte: „Gibt es denn da so etwas wie eine Hausordnung?“ Ja, die gebe es selbstverständlich, genauso ein Besuchsverbot ab 22 Uhr, um die Nachtruhe einzuhalten. Dass Polizei und Zoll routinemäßig alle Unterkünften anfahre, sei jedoch absolut kein Indiz für Probleme oder eine erhöhte Kriminalität, sondern diene nur dazu, Präsenz zu zeigen.
Bürgermeister Osner bemühte sich um Verständnis von beiden Seiten. „Schwarze Schafe gibt es überall“, sagte er und verwies auf die zahlreichen Veranstaltungen in Konstanz, in denen sich Geflüchtete von Geschehnissen wie in Köln distanzieren. „Die Mehrheit sagt ganz klar: Wir benehmen uns nicht wie die.“
Ein Mitarbeiter einer anliegenden Firma ist besorgt um seine Parkmöglichkeit. „Werden die Parkplätze in der Byk-Gulden-Straße denn ersetzt?“ Nein, diese fallen erst einmal weg, aktuell ist an keine 1zu 1-Kompensation gedacht. „Das ist aber auch kein Firmenparkplatz, sondern ein öffentlicher Park&Ride-Parkplatz“, ergänzt der Bürgermeister. „Was kostet das eigentlich den Landkreis?“ Für 2015 wisse man das noch nicht, entgegnet Egenhofer. Bürgermeister Osner beantwortet die Frage grundlegender: „Es geht hier um Menschrechte und Teilhabe, die jedem zustehen. Und wenn wir das so schaffen wollen, dann kostet uns das einfach Geld. Punkt.“ „Haben die Menschen eine Kochgelegenheit?“, fragt eine ältere Dame. Ja, die gebe es überall. Eine Vertreterin der evangelischen Kirchengemeinde fragt ganz konkret: „Wie können wir helfen, was ist nötig? Wer koordiniert das?“ Eine Frau will wissen: „Wie sieht das mit Beschäftigung aus? Gibt es die Möglichkeit, dass diese Menschen geringfügig entlohnten Arbeiten nachgehen können?“
Osner dazu: „Das ist ein wichtiger Punkt, es geht um Integration und Teilhabe. Aber die Lösung haben wir leider nicht. Es gibt dennoch bereits verschiedene Modellprojekte, die müssen jetzt stärker in die Fläche gebracht werden.“ Zum Beispiel haben die Mainaubetriebe letzten Sommer neun geflüchtete Personen eingestellt, die Technischen Betriebe Konstanz beschäftigen ebenfalls 19 Menschen für Gelegenheitsarbeiten und bieten gleichzeitig einen Deutschkurs an.
Zum Schluss der Hinweis auf einen empfehlenswerten Internetauftritt: www.konstanz-fuer-fluechtlinge.de.
Rafael Cueva Garcia