Wird das Theater finanziell vernachlässigt?
In einer Pressekonferenz am vergangenen Freitag informierte der Intendant des Stadttheaters, Christoph Nix, gemeinsam mit dem Technischen Leiter Holger Bueb und weiteren Theatermitarbeiterinnen und -mitarbeitern über den prekären Zustand des Hauses und die fehlenden finanziellen Mittel seitens der Stadt zur Sanierung. Sein Vorwurf: Das Theater werde vernachlässigt.
Das Stadttheater zählt zu den ältesten, dauerhaft bespielten Bühnen Europas, seit 1607 wird hier inszeniert. Ein Kriterium, das nicht alltäglich ist und mit entsprechendem Stolz gepflegt werden müsste, sollte man meinen. Dass ein historisches Gebäude aufwendig zu sanieren ist, ist ebenfalls auch einem Laien bewusst. Betrachtet man das Theatergebäude unter diesem Blickwinkel, wird bereits von außen klar, dass es auf der Prioritätenliste der Stadt nicht ganz oben steht.
Schon eine Beschilderung zum Theater sucht man in der Innenstadt vergebens, hat man das Haupthaus dennoch gefunden, so steht man vor einer fleckigen Fassade, an der die Jahre und die Witterung ihre Spuren hinterlassen haben. Im Inneren sieht man bei genauer Betrachtung ebenfalls Mängel: kaputte Fliesen, notdürftig abgeklebte Elektrik im Zuschauerraum, abgewetzte Sessel, kaum Platz für Rollstühle, die Klimaanlage ist veraltet. Hinter den Kulissen aber geht es erst richtig los: kaum Stauraum für die Bühnenelemente, die Requisite in einer Art Teeküche ohne Entlüftung oder vernünftigen Werkraum, Räume sind gesperrt, da sie über keine gültigen Rettungswege verfügen und stellenweise liegen Rohre und Leitungen offen.
Lastenaufzug als Arbeitsrisiko
Hinter die Hauptbühne des Theaters gelangen Schauspieler und Techniker über ein Treppenhaus. Schwere Elemente werden mit einem Lastenaufzug transportiert. Dieser funktioniert schon seit Längerem nicht mehr einwandfrei, wie Holger Bueb, Technischer Leiter am Theater, bestätigt und es auch bereits im Mai 2018 an die Stadt gemeldet wurde. In der vergangenen Woche jedoch sei Bueb selbst fast in den Schacht gestürzt. Die Aufzugtür im ersten Stock, also auf Bühnenhöhe, öffnete sich, doch der Aufzug stand noch im Erdgeschoss. Wäre Bueb rückwärts gelaufen oder mit unüberschaubarem Material in den Händen, was beides im Alltag des Technikers durchaus passiert, wäre er in den Schacht gestürzt.
Als der Defekt der Stadt gemeldet wurde, kam von deren Seite die Rückmeldung, man werde sich zeitnah um das Problem kümmern, solange sollen die Mitarbeiter bitte die Treppe nutzen, so Bueb. Wer in den letzten Wochen eine Inszenierung im Großen Haus besucht hat, weiß, dass die Bühnenelemente nicht nur aus ein paar Kleinigkeiten bestehen, sondern aus massiven Elementen: meterhohe Bäume in „Die Brüder Löwenherz“, Straßenlaternen in „Von Mäusen und Menschen“ und zahlreiche Möbel und Instrumente in „Ewig Jung“. Diese drei Stücke wechseln wöchentlich mehrmals, wie sich dem aktuellen Spielplan entnehmen lässt.
Muss das Theater schließen?
Nix wendet sich nun an die Öffentlichkeit. Als Intendant stehe er vor einer Entscheidung, die er nicht aus Provokationsgründen an die Presse herantrage, wie er mehrfach erklärt. Seine Zeit sei gelaufen, es gehe ihm um die Zukunft des Hauses. In einer Erklärung zeigt er auf, wie dem Theater nach und nach „der Geldhahn zugedreht wird“, so der Intendant. Anfragen zu Gesprächen würden seitens der Stadtverwaltung zum Großteil nicht beantwortet, berichtet er weiter. Im Haushaltsplan für 2019/20 seien 120.000 Euro nicht mehr enthalten, die in den Vorjahren eine Erneuerung von Technik, Ton und anderen Verschleißteilen sicherte. Warum er sich gerade jetzt an die Presse wendet? Dies sei Anfragen von Touristen geschuldet, warum das Haus in einem solch desolaten Zustand sei und nun eben auch nach dem Vorfall mit dem Lastenaufzug.
Eine Pressemitteilung seitens der Stadt dementiert die Aussagen des Theaters größtenteils. In den letzten Jahren seien knapp drei Millionen Euro in bauliche Maßnahmen des Theaters geflossen und auch für den kommenden Haushalt seien 90.000 Euro zusätzlich zu den 600.000 Euro-Budget allein für Sanierungzwecke vorgesehen. Der Lastenaufzug unterliege der Inspektion des TÜV und würde „in Kürze umgebaut und optimiert“. Einige Details bleiben in der Erklärung der Stadtverwaltung aber im Unklaren oder unerwähnt, insbesondere wie die Angelegenheit des Lastenaufzuges einzuschätzen ist. Eine erneute Stellungnahme wurde von seemoz angefordert und wird an dieser Stelle publiziert, sobald sie eintrifft.
Das Ping-Pong-Spiel zwischen Theater und Stadt, zwischen Nix und Kulturbürgermeister Osner, spitzt sich immer mehr zu. Zuletzt war das Theaterstück „Mein Kampf“ ein Keil, der diesen Konflikt immer weiter vorantrieb. Um den erlittenen Imageschaden zu ermitteln, gab Osner ein Gutachten in Auftrag, das um die 17.500 Euro kostete, aber eher dem eigenen Image schadete. Das Theater kündigte nun an, mit einer Benefizveranstaltung am 13. Dezember das Geld wieder einzuspielen und an soziale Einrichtungen in Konstanz zu spenden. Aus diesem Topf wurde nämlich das Gutachten bezahlt – seemoz wird in den nächsten Tagen auf diese Veranstaltung noch eigens eingehen.
Kleine Seitenhiebe, immer und immer wieder. Man könnte es doch auch einfach mal gut sein lassen – beide Seiten! Bei zuviel Lärm um Nichts läuft man bekanntlich Gefahr, in die Fußstapfen des Jungen zu treten, der immer und immer wieder zum Spaß den Wolf rief. Als dieser tatsächlich kam, eilte niemand mehr zu Hilfe. Ähnlich erscheint es hier. Die Kommunikation zwischen Theater und Stadtverwaltung ist dermaßen überstrapaziert, dass im Ernstfall keiner mehr reagiert. Und dieser Ernstfall ist mit dem defekten Lastenaufzug eingetreten. Wäre ein Mitarbeiter tatsächlich verunglückt – was wäre dann? Alle Instanzen wären informiert gewesen, keine hat reagiert.
Veronika Fischer (Fotos: Theater Konstanz)
Ich frage mich gerade, welche Schlussfolgerungen über das intellektuelle Niveau von Herrn Nix zu ziehen sind, wenn er dieses im gleichen Atemzug anderen offensichtlich abspricht….
Willkommen in Amerika:
Auch Seemoz scheint nicht mehr in der Lage zu sein zwischen einem sachlich und historisch beschreibbaren Zustand, dem maroden und baurechtlich gefährlichen Zuständen des Theaters und dem politischen Stillstand unterscheiden zu können.
Weder rufe ich zum Spaß nach Wölfen, noch habe ich Scharmützel mit dem Kulturbürgermeister:
ich biete ihm unentwegt Formen der Zusammenarbeit an, aber intellektuell oder inspirierend muss ich doch gar nicht konkurrieren; es ist einfach nicht mein Niveau.
Und wenn ein Oberbürgermeister den Verwaltungs- und den Vermögenshaushalt verwechselt, stattdessen nur über Facebook a la Trump kommuniziert und irgendwelche Jungunionisten „Hurra“ rufen, dann ist auch das nicht mein intellektuelles Niveau. Ob es das der Stadt sein will, müssen irgendwann die KonstanzerInnen entscheiden.
Von seemoz und anderen Medien wünsche ich mir nur beim richtigen Namen genannt und nicht von einer Lidl-Psychologie interpretiert zu werden.
Alle Baumängel sind den Bürgermeistern schriftlich seit Jahren bekannt und insgesamt habe ich sieben Mal Gemeinderäte und Bürgermeister durch die maroden Zustände geführt.
Es geht nicht um Luxus, es geht um Sicherheit und um offene Augen und ob es zum guten Ton gehört, statt dem Kopf den Daumen zu bewegen.
Das Konstanzer Theater bleibt auf Erfolgskurs: hat jemand daran Zweifel?
„Im Ernstfall reagiert keiner mehr“, was ist denn das für ein Argument? Man kann das Gerangel sehen, wie man will, aber ein defekter Lastenaufzug stellt eine potentielle Gefahr dar. Da stellt sich nicht die Frage, wer auf diesen Mangel hingewiesen hat, sondern es ist Handlungsbedarf. Genauso wenig spielt eine Rolle, wie viel bereits investiert wurde.