Wohnungsbau im Schwaketental?
Bevor WaldschützerInnen heute ab 14 Uhr im Schwaketenwald demonstrieren, trafen sich die wichtigsten Widersacher in dieser Debatte zum Gespräch. Der Umweltverband BUND Konstanz und der Mieterbund Bodensee fordern gemeinsam für Konstanz: Vorrang für sozialen Wohnungsbau, der sich an Menschen mit niedrigeren und mittleren Einkommen richtet. Aber nicht in allen Fragen wurde Einigkeit erzielt.
BUND-Geschäftsführerin Antje Boll betonte: „Flächenverbrauch ist das Maß, wie umweltverträglich eine Stadt ist.“ Daher fordere der Umweltverband eine dichte Bauweise und lehnt freistehende Einfamilienhäuser als Siedlungsform für Konstanz generell ab. Damit fand sie die Zustimmung von Herbert Weber, dem Vorsitzenden des Deutschen Mieterbunds Bodensee: „In Konstanz gibt es nur dann bezahlbaren Wohnraum, wenn wir den verfügbaren Grund und Boden effektiv nutzen.“
„Stadtgrün ist kein Luxus“
Beide Verbände wollen gemeinsam darauf dringen, dass bei neuen Baugebieten Geschosswohnungsbau mit flächen- und energiesparender Bauweise Vorrang haben soll.
Gerade bei verdichteter Bauweise müsse auf ausreichende Spiel- und Erholungsflächen für die jüngere und ältere Bewohner geachtet werden. Aus dem Sanierungsgebiet Petershausener Bahnhof müsse gelernt werden. Während die städtische Wohnungsbaugesellschaft WOBAK bei ihrem energetisch vorbildlichen Bauvorhaben gezeigt habe, wie sich eine dichte und kostengünstige Bauweise mit hoher Lebensqualität für die Bewohner umsetzen lasse, sehe die Gestaltung des öffentlichen Raums zu wenig Grün vor. Andere Bauherren hätten zudem jeden verfügbaren Quadratmeter zugebaut.
Die Sicherung von ökologischem Stadtgrün wie Blühstreifen und der Schutz einheimischer Bäume sei daher kein Luxus, sondern diene einer lebenswerten Stadt. Dies gelte auch für innerstädtische Biotopflächen, die gesichert und neu geschaffen werden sollen.
„Eigenbedarfskündigung kommt Ausweisung gleich“
„Für viele Konstanzer bedeutet eine Eigenbedarfskündigung, dass sie faktisch aus der Stadt gewiesen werden,“ machte Mieterbund-Vorstandsmitglied Winfried Kropp auf die sozialen Folgen des angespannten Wohnungsmarkts aufmerksam. Die zügige Umsetzung des Handlungsprogramms Wohnens der Stadt sei daher die zentrale soziale Aufgabe der Stadt Konstanz. Bebaubare Grundstücke sollten vorrangig solchen Bauherren zur Verfügung gestellt werden, die die Gewähr dafür bieten, dass sie Wohnungen im unteren und mittleren Preissegment errichten. Die Stadt müsse daher ihr Ziel, in jedem Neubaugebiet mindestens 30 Prozent sozialen Wohnungsbau umzusetzen, mit Nachdruck verfolgen, fordern BUND und Mieterbund übereinstimmend.
Der Umweltverband trage die Forderung des Mieterbunds nach einer sozial gestaffelten Zweitwohnungssteuer in Konstanz mit, so BUND-Vorstandsmitglied Karl-Ulrich Schaible. Wer sich eine große Zweitwohnung leisten könne, sei auch in der Lage eine höhere Zweitwohnungssteuer aufzubringen.
Steigende Preise und zunehmende Mieterverdrängung?
Keine Einigung erzielten BUND und Mieterbund Bodensee in der Frage, ob das Nutzwaldgebiet im Schwaketental für den Wohnungsbau geeignet wäre. Antje Boll erklärte, dass der BUND eine Bebauung des Waldgebiets unter allen Umständen ablehne. Der Wald sei wichtig für die Erholung und zum Schutz von Tier- und Pflanzenarten. Der BUND fordere die Stadt auf, die Steuerungsschrauben im Handlungsprogramm Wohnen anders zu stellen, hin zu mehr innovativen Geschosswohnungsbau und höherem Anteil an Wohnungen mit Mietpreisbindung. Auf diese Weise seien die vorhandenen überplanten Flächen ausreichend.
Herbert Weber verwies darauf, dass das Handlungsprogramm Wohnen der Stadt stocke, weil die Grundstücke in möglichen Baugebieten praktisch nicht zur Verfügung stünden. Die 110 Hektar zusätzliche Siedlungsfläche gebe es nur auf dem Papier, so Weber „Wer unseren Wohnungsmarkt wirksam entlasten will, muss schnell ein größeres Baugebiet entwickeln. Dies ist die Stadt Konstanz ihren Bürgern schuldig“, sagte der Mieterbund-Vorsitzende und SPD-Stadtrat. Konstanz verfehle ansonsten schon bald das zu niedrig bemessene Neubauziel von etwa 400 Wohnungen pro Jahr. Die Folgen wären weiter steigende Preise und zunehmende Mieterverdrängung.
PM/hpk
Oh je, Herr GJM, wohin haben Sie denn jetzt wieder gezielt? Getroffen haben Sie jedenfalls: zumindest meinen Schalk, der auch Beiträgen, die es nicht wirklich verdienen, Aufmerksamkeit widmet. Vielleicht ist Ihr Beitrag auch eine hinterhältige Probebohrung in die Medienkompetenz der seemoz-Leserschaft? Also die Welt beneidet (pfui) uns, das heißt Sie, mich, Herrn Kropp und vermutlich noch einige mehr. Dass Sie diesen Neid unbeschadet aushalten, steht für mich außer Frage, den Herrn Kropp wird allerdings wohl kaum einer beneiden, hat er es schließlich noch nicht einmal zu Eigentum gebracht. Ich wäre durchaus von manchen zu beneiden, habe ich mich doch längst davon entfernt, die alte Leier vom heiligen Eigentum zu schlagen, ohne das es keinen Sozialstaat gäbe. Ich fürchte, dass da zumindest quantitativ was nicht sein kann, sonst würde ja, angesichts des Wildwuchses der privaten Vermögen der oberen fünf Prozent der Bevölkerung, der Sozialstaat inzwischen nicht mehr von einer wohltemperierten Hängematte mit hohem Spassfaktor zu unterscheiden sein. Da sollten wir uns einfach mal umschauen, ob das tatsächlich zutrifft.
Aber es geht Ihnen wohl im Kern um die Konstanzer Wohnungssituation, zumindest bezieht sich Ihr Kommentar auf einen entsprechenden Beitrag.
Die hohen Mieten kommen also „nicht nur“ von den Grundstückspreisen, auch die Handwerkerpreise sind da „im Wesentlichen“ schuld, liest man. Ein bisschen übers Ziel hinaus erklärt! Es sei denn „nicht nur“ ist das Unwesentliche, das zusammen mit dem Wesentlichen 100% ergibt. Dann wäre das mit den Grundstücken ja vom Tisch, und die Handwerker, die aus allen Teilen des Landes nach Konstanz kommen, um sich da eine goldene Nase zu verdienen (über 20% Konstanz-Zuschlag, oder sogar mehr?) folgen eben auch nur der freien, engpassorientierten Marktwirtschaft, die bei Ihnen ja neben dem Eigentum im Schrein des Allerheiligsten steht. Und dass Plattenbauten ein Synonym für nicht marktkonformen Wohnungsbau sind, das wissen wir schließlich genau, haben wir uns doch extra an dieser Stelle im antisozialistischen Katechismus ein Eselsohr gemacht. Da bin ich immerhin geneigt, Ihnen halbwegs zuzustimmen, Plattenbauten strahlen ja nicht einmal das sozialromantische Flair eines Obdachlosenasyls aus und haben womöglich noch Heizung, Strom und Warmwasser. Was sollen wir denn jetzt machen? Wegziehen? Wegbleiben?
Wie auch immer, Herr Kropp hat es bisher nicht geschafft auch Eigentümer zu werden. Vielleicht will er das auch nicht. Nur eine Systemänderung kann wohl das jetzige Wohnungsbauprogramm auf dem Kopf stellen. Letztendlich haben wir noch „kapitalistische Freiheiten“ in den demokratischen Staaten, die den Wohlstand und auch den Sozialstaat gefördert hat, worum uns die Welt beneidet. Frag mich nur, ob man diese Kommentierung hier zulässig ist.
Preiswerter Wohnbau hängt nicht nur von den Grundstückspreisen ab. Im Wesentlichen bestimmen die Handwerker die Kosten im Wohnungsbau und an dessen Preisen, besonders in Konstanz, kann auch Herr Kropp nicht drehen. Höhere Wohnblocks in Plattenbauweise sind ja auch nicht gewünscht, oder Herr Kropp?
Gerd J. Moersch
Zwei Bemerkungen: Wenn der Grundstücksinhaber 125.- Euro pro qm haben möchte und Dir die Stadt 25.- € anbietet, wer würde denn da verkaufen wollen? Tatsache ist doch, daß die Stadtverwaltung schlichtweg keine akzeptablen Erwerbspreise bietet. Deswegen schlummern seit vielen Jahren einige mögliche Baugebiete vor sich hin. – Was mir bei der bisherigen Diskussion fehlt, ist die Notwendigkeit, die dortige Hochspannungsleitung in die Erde zu bringen. Und dass diese Talsenke erst mal „entsumpft“ werden müsste. Wohnen in/an der Talsohle wollte ich da nicht.
@Winfried Kropp:
Haben Sie eigentlich Beispiele für erfolgreiche Grunderwerbsmodelle? Ich finde auf Anhieb eher Meldungen über Misserfolge, die denen in Konstanz sehr ähnlich zu sein scheinen (die Menschen ticken wohl überall ähnlich). Hier ein Beispiel:
„Deshalb beschloss der Gemeinderat einstimmig, das Grunderwerbsmodell aufzugeben und nun ein gemischtes Verfahren bei der Erschließung neuer Wohngebiete anzustreben.“
http://www.badische-zeitung.de/bahlingen/kurswechsel-bei-neuem-bauland–106969453.html
@Winfried Kropp:
Aber Tatsache ist doch, dass der Plan z.B. bei Nördlich Hafner schon jahrelang nicht aufgeht. Die Stadt wartet und wartet, dass sie mehr als 60% erreicht, aber das passiert eben nicht. Wäre das Bauland freigegeben, dann gäbe es zwar Baulücken wie in Dettingen, aber es würde überhaupt etwas passieren.
Das mit der „Wertsteigerung ohne Leistung“ klingt für mich etwas sonderbar. Die Stadt erbringt so gesehen ja auch keine echte Leistung und profitiert von dem Grundbesitz der Ex-Eigentümer.
Eigentum hat in Deutschland nun einmal einen recht hohen Stellenwert: wenn z.B. der Goldpreis steigt, profitieren die Goldbesitzer auch, ohne „besondere Leistung“, ist das nicht das „Spiel“ bei sämtlichem Besitz?
PS: mir gehört übrigens kein Ackerland 😉
Mit dem Aufstellungsbeschluss eines Bebauungsplans wird z.B. aus landwirtschaftlich genutztem Gebiet sofort teures Bauerwartungsland. Diese Wertsteigerung kommt den Eigentümern zu Gute, ohne dass sie eine Leistung dafür erbringen. Verkaufen diese ihr Bauerwartungsland dann zu Marktpreisen weiter, ist Wohnungsbau nur noch für Reiche möglich. Die Kommune müsste zudem die erforderlichen Gemeinflächen teuer erwerben.
Zudem kann man private Eigentümer nur in ganz eng umrissenen Fällen zum Wohnungsbau zwingen, so dass viele Grundstücke im neuen Baugebiet dann lange unbebaut bleiben. Das lässt sich derzeit in Dettingen gut beobachten. Die kommunalen Grundstücke im neuen Baugebiet Schmidtenbühl sind längst bebaut, auf den privaten klaffen noch die Baulücken.
Kurz: Keine größere Stadt im Bundesgebiet verzichtet auf solche Grundwerbsmodelle. Ohne Grunderwerbsmodelle steigen nur die Preise. Außerdem entstehen weniger Wohnungen, weil teurer und mit mehr Wohnfläche gebaut wird.
Es ist im Übrigen nicht so, dass die Eigentümer ihre Grundstücke billig abgeben müssen. Sie dürfen nur ihre Planungsgewinne nicht für sich alleine einstreichen. Genug Gewinn für das Bauerwartungsland bleibt allemal übrig.
Ich muss Herrn Magulski beipflichten. Das Grunderwerbsmodell der Stadt Konstanz, wie von Herrn Magulski beschrieben und gemeindliche Vorkaufssatzungen zu Preisen von Gartenland (wie im Bereich Egg Süd oder Haffner) verhindern, dass Grundstückseigentümer Bauland auch der Stadt Konstanz zur Verfügung stellen. Diese Eigentümer können nur schwer einsehen, weshalb sie Grundstücke nicht zu einem realistischen – nicht spekulativen – Baulandpreis abgeben können, während die Stadt bei Ausschöpfung der Vorkaufsrechte sodann die Möglichkeit hat den Planungsgewinn zu 100% zu realisieren.
Kann mir jemand erklären, warum die Stadt nicht die Baubremse Nr.1 stoppen kann? Wenn ich es richtig verstehe, gibt die Stadt nur Flächen als neues Bauland frei, wenn ihr selbst mehr als die Hälfte davon gehört? Und gleichzeitig wundert sie sich, warum niemand an die Stadt zu billigen Konditionen verkaufen will und warum die derzeitigen Eigentümer selbst das Baugeschäft mit Ihrem Eigentum machen möchten und deshalb lieber abwarten und darauf hoffen, dass die anderen Eigentümer dümmer sind als sie selbst und tatsächlich die anderen alle an die Stadt verkaufen.
Für mich klingt das nach einer verfehlten Planwirtschaft, die dazu führt, dass letztendlich weder die derzeitigen Eigentümer noch die Stadt selbst bauen können. Ein vom System angelegtes Patt.
Wäre das nicht ein viel kleineres Opfer als Wälder zu roden?