„Wohnungsmangel konsequent bekämpfen“
LokalpolitikerInnen werden aktiv: Auf der nächsten Gemeinderatssitzung am kommenden Donnerstag soll eine Resolution zur Wohnungssituation in Konstanz verabschiedet werden. Die SPD-Fraktion hat dazu einen Entwurf vorformuliert, den wir hier dokumentieren:
Steigende Mieten werden in unserer Stadt zunehmend zum Armutsrisiko. Sie bremsen die wirtschaftliche Entwicklung, weil Fachkräfte aus allen Branchen wegen der hohen Mieten auch gut bezahlte Arbeitsplätze in Konstanz nicht mehr antreten. Im sozialen Bereich drohen Versorgungslücken, weil es kaum noch gelingt, zusätzliche Pflegekräfte oder Erzieherinnen und Erzieher für eine Tätigkeit in Konstanz zu gewinnen.
Die Preisentwicklung auf dem Wohnungsmarkt droht zudem, Konstanzer Bürger aus der Stadt zu verdrängen. Mietrechtlich einseitige Regelungen verschärfen dieses Problem: So hat der Vonovia-Konzern, dem 625 Wohnungen in Konstanz gehören, teure Modernisierungen seiner Wohnungen in der Schwaketenstraße angekündigt. Die Mieter in der Jacob-Burckhardt-Straße müssen damit rechnen, dass ihnen schon bald Ähnliches widerfährt. Viele Bewohner werden sich die neuen Mieten nicht mehr leisten können: Sie bewerben sich bei der WOBAK, andere müssen aus der Stadt wegziehen.
Der Gemeinderat der Stadt Konstanz bekennt sich seit Jahren zu seiner Verantwortung für eine gute Wohnungsversorgung der Konstanzer Bürger und schöpft die Handlungsmöglichkeiten einer Kommune voll aus. Die Wohnungsbaugesellschaft der Stadt, die WOBAK, folgt ihrem sozialen Auftrag und schafft vorbildlich Wohnraum für Menschen mit niedrigeren und mittleren Einkünften. Mit dem Handlungsprogramm Wohnen entwickelt die Stadt zahlreiche Flächen, die für den Wohnungsbau zur Verfügung stehen.
Unsere Anstrengungen alleine reichen nicht: Um den Wohnungsmangel in Konstanz und in vielen anderen Regionen unseres Landes gezielt zu bekämpfen, brauchen wir die Hilfe von Bund und Land sowie ein abgestimmtes Handeln der politischen Ebenen und der öffentlichen und privaten Wohnungswirtschaft.
Der Gemeinderat der Stadt Konstanz fordert daher:
1. Der soziale Wohnungsbau braucht eine höhere Förderung als bislang veranschlagt oder angekündigt wurde. Wir fordern von Bund und Land, höhere Zuschüsse als bisher zur Verfügung zu stellen und die Förderprogramme so auszugestalten, dass sie von sozial orientierten Trägern wie der WOBAK tatsächlich abgenommen werden können. Vom Land erwarten wir, dass es höhere Bundesmittel mindestens in gleichem Umfang ko-finanziert.
2. Wir fordern von Bund und Land, dass sie Grundstücke gezielt an kommunale Träger zu ermäßigten Konditionen veräußern, um darauf preisgünstige Wohnungen zu realisieren.
3. Wir fordern Bundes-und Landesregierung auf, Planungsprozesse zu beschleunigen. Die schon lange versprochene Reform der Landesbauordnung ist überfällig. Die Widerspruchsverfahren in Baurechtsangelegenheiten bei den Rechtsaufsichtsbehörden müssen beschleunigt werden
4. Den Deutschen Bundestag fordern wir auf, so schnell wie möglich mit Hilfe mietrechtlicher Regelungen die irreale Preisentwicklung auf dem Wohnungsmarkt zu begrenzen. Dabei sind zwei Maßnahmen besonders wichtig:
a. Die sogenannte Modernisierungsumlage muss so schnell wie möglich von derzeit 11 Prozent der Gesamtkosten auf 4 bis 5 Prozent abgesenkt werden. Gleichzeitig ist ein Kostendeckel für umlagefähige Modernisierungen zu Lasten der Mieter erforderlich.
b. Der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete muss von vier auf mindestens acht, besser auf zehn Jahre verlängert werden. Nur so lässt sich die Mieterhöhungsspirale durchbrechen.
5. Arbeitgeber müssen wieder in Betriebswohnungen investieren. Dies gilt sowohl für private als auch für öffentliche Arbeitgeber. Der Gemeinderat appelliert insbesondere an den Gesundheitsverbund des Landkreises Konstanz dem guten Beispiel der Spitalstiftung zu folgen. Bund und Land werden aufgefordert, den Bau von Betriebswohnungen steuerlich und gegebenenfalls über Förderprogramme zu unterstützen.
6. Das Grundgesetz fordert in Artikel 14 ausdrücklich, der Gebrauch des Eigentums soll auch dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Dies gilt in besonders starkem Maße für Grund und Boden und für Wohnraum. Der Gemeinderat appelliert an das Wohnungsunternehmen Vonovia AG, keine sozial unverträglichen Modernisierungsmaßnahmen zu Lasten seiner Konstanzer Mieter durchzuführen, sondern die von den Mietern aufgebrachten Gewinne in die Instandhaltung des Wohnraums zu reinvestieren.
Herbert Weber, Jürgen Ruff
Wohlmeindende Forderungen an Bund, Land, Arbeitgeber, Vonovia und wen auch immer kann eine Gemeinderatsfraktion leicht stellen – sie kosten nichts und lenken vom Versagen der eigenen Kommune ab.
Wie wär’s stattdessen mit (Beispiel Freiburg): „Der Gemeinderat beschliesst, bei neuen Bauvorhaben, ob städtisch oder privat, im Hafner oder anderswo, 50 Prozent geförderten Mietwohnungsbau vorzuschreiben.“
Oder damit: „Die Stadt stellt der WOBAK jährlich 10 Mio. Euro für den Erwerb von Grundstücken zur Verfügung. Im Gegenzug verlängert die WOBAK auslaufende Belegungsbindungen im Bestand um mindestens 10 Jahre.“