„Zeichen stehen auf Streik“

seemoz-1-Mai-2In einer Phase hoher gewerkschaftspolitischer Brisanz wird der Tag der Arbeit, der 1. Mai 2015, begangen: Seit gestern stimmen nämlich die Erzieherinnen in Kitas – 30 000 allein in Baden-Württemberg – darüber ab, ob sie längerfristig streiken wollen. Und „die Zeichen stehen auf Streik“, ahnt Hanna Binder, stellvertretende Vorsitzende im ver.di-Bezirk Schwarzwald-Bodensee.

Eigentlich wollten Hanna Binder und Klaus Mühlherr, der örtliche DGB-Vorsitzende (s. Foto) bloß über die Planungen zu den Mai-Feierlichkeiten in Konstanz berichten. Doch die aktuelle Streiklage führte dann doch zu einem Diskurs über Gewerkschaften gestern und heute. Vor „DGB-Plakaten im Retro-Look“ mit historischen Parolen sehen die beiden Gewerkschafter ihre Organisationen im Aufwind: „Der Mitgliederschwund noch der vergangenen Jahre ist gestoppt“, verkündet Mühlherr und Binder bestätigt: „Die letzten Tarifrunden mit zahlreichen Warnstreiks haben viele bewogen, neu in die Gewerkschaft einzutreten“.

Noch liegen konkrete Zahlen über Neu-Eintritte nicht vor, „aber beispielsweise die Streikbereitschaft bei den Beschäftigten im öffentlichen Dienst belegt, dass die Gegenwehr der Gewerkschaften lohnt – auch in Bezug auf die Mitgliederzahlen“.

ver.di leitete gestern die Urabstimmung für einen unbefristeten Streik ein. Bis zum 5. Mai werden dazu die Mitglieder in den Einrichtungen des Sozial- und Erziehungsdienstes befragt. Grund sind die gescheiterten Tarifverhandlungen zwischen ver.di und der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) zur Aufwertung der Arbeit im Sozial- und Erziehungsdienst. Sofern nun mindestens 75 Prozent der Mitglieder zustimmen, beginnt ein unbefristeter Streik unter anderem in Kindertagesstätten, Werkstätten und Einrichtungen für Behinderte, von Sozialarbeitern und Sozialpädagoginnen im allgemeinen Sozialdienst, in Jugendzentren, an offenen Ganztagsschulen sowie in Heimen für Kinder und Jugendliche.

Das wird sich wohl auch am kommenden Freitag zeigen, wenn sich GewerkschafterInnen in Singen und Konstanz zu ihren traditionellen Maifeiern treffen. Die heißen jetzt zwar „Familienfeiern“, aber die politische Absicht bleibt unverkennbar. So werden vor dem Konstanzer Gewerkschaftshaus in der Beyerlestraße zwischen 11 und 15 Uhr Flüchtlingsprobleme im Vordergrund stehen, wenn eine Tanzgruppe syrischer Kurden auftritt und ein Duo auf traditionellen türkischen Instrumenten aufspielt. Außerdem haben sich die örtlichen Bündnisse gegen Abschiebung oder gegen TTIP angesagt, die wie die meisten örtlichen Parteien mit Infoständen vertreten sein werden.

Tag der Arbeit in Singen

Den Tag der Arbeit begehen die DGB Gewerkschaften in Singen mit einer Demonstration von der Herz-Jesu-Kirche zum Rathaus, wo um 10:30 Uhr die traditionelle Kundgebung mit anschließendem Familienfest beginnt. Der Tag der Arbeit steht in diesem Jahr unter dem Motto „Die Arbeit der Zukunft gestalten wir“. Als Hauptredner wird Jürgen Kerner, Hauptkassierer und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, erwartet.

Enzo Savarino, Erster Bevollmächtigter der federführenden IG Metall, bilanziert: „In den vergangenen Monaten konnten wir viel erreichen: Der gesetzliche Mindestlohn schiebt sittenwidrigen Löhnen einen Riegel vor, die Rente mit 63 ermöglicht zumindest einigen Jahrgängen einen früheren Ausstieg aus dem Erwerbsleben und unsere erfolgreiche Tarifpolitik verbessert jeden Tag die Arbeitsbedingungen unserer Kolleginnen und Kollegen“.

Entsprechend positiv schaut der Gewerkschafter in die Zukunft: „Wir haben noch viel zu tun. Zu viele Menschen in der Region werden noch immer unter Tarif bezahlt oder müssen mit der Unsicherheit von befristeten Arbeitsverhältnissen und Leiharbeit leben. Das packen wir als nächstes an.“[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]

hpk