Zoff um Zoffingen
Viele Niederbürgler fühlen sich düpiert: Nur auf Umwegen erfuhren sie von den Neubau-Plänen rund um die Realschule Zoffingen, die 2019 geschlossen werden soll. Die Caritas plant dort ein neues Pflegeheim, das in seinen Ausmaßen wohl das Stadtbild der Niederburg sprengen dürfte.
Ein stadtbekannter Architekt, eine ebenso namhafte Werbemanagerin, ein streitbarer Psychotherapeut – sie und viele Anrainer der Kloster-, Konradi- und Schreibergasse im ältesten Konstanzer Stadtteil schlagen Alarm: Noch in dieser Woche soll eine Bürgerinitiative gegründet werden, die sich kritisch mit den Caritas-Plänen auseinandersetzen will.
Vorab schon haben die Kritiker mit einer Postwurfsendung ihre Nachbarn informiert (s. Fotos). Darin wird berichtet, dass die Caritas ihr Pflegeheim „Marienhaus“ im Paradies nach Zoffingen verlagern möchte und dort Neu- und Umbaumaßnahmen größeren Stils plant. So soll wohl die Turnhalle abgerissen und auf dem Schulhof ein fünfstöckiger Neubau hochgezogen werden – vier Kastanien und eine Birke fielen den Plänen zum Opfer, die denkmalgeschützte Zoffingen-Fassade würde zugebaut, vier Parkplätze wegfallen.
Es fehlt an Pflegeplätzen
Unstrittig ist, dass in Konstanz und dem gesamten Landkreis bereits jetzt etliche Pflegeplätze fehlen. Die Situation wird in wenigen Jahren noch bedrohlicher, wenn neue gesetzliche Vorschriften greifen, wonach zum Beispiel ausreichend Einzelzimmer in den Pflegeheimen zur Verfügung gestellt werden sollen. Viele Heime müssen deshalb umgebaut, manche, wo ein Ausbau nicht möglich ist, sogar abgerissen werden. Weiterhin unstrittig ist, dass die Caritas als einer der größten Träger von Pflege- und Altersheimen im Landkreis dabei eine besondere Verantwortung trägt. Die Konstanzer Caritas-Geschäftsführung war übrigens am Dienstag nicht zu erreichen – Caritas-Chef Andreas Hoffmann hat aber gegenüber seemoz für die nächsten Tage eine umfangreiche Information zugesagt.
Zögerliche Information?
Nach einer zweijährigen Planungsphase habe die Caritas erst jetzt einigen wenigen Anwohnern ihre fertigen Pläne für das Pflegeheim Zoffingen vorgestellt, kritisieren die Kritiker, auch die Stadtverwaltung habe „nur zögerlich informiert“. Die Anwohner fragen sich, wie die Stadtverwaltung ein solch massiges Projekt mit etwa 110 Betten und einer Höhe von 15,5m in einem sensiblen Bereich der Stadt seit Jahren still und leise in Angriff nimmt, ohne den Gemeinderat und die Öffentlichkeit rechtzeitig aufzuklären und einzubeziehen.
Noch gehören Gebäude und Gelände zur 700 Jahre alten Klosteranlage der Dominikanerinnen, dem letzten Konstanzer Kloster. Die Nonnen sollen das Terrain an das katholische Dekanat verkauft haben, von dem es die Caritas anmieten will. Frei geworden ist das Anwesen, weil die Mädchen-Realschule Zoffingen in der Konstanzer Schulplanung keinen Platz mehr findet und 2019 aufgegeben werden soll.
Ini-Gründung in dieser Woche
Die aufgebrachten Bürger, die ihre Bürger-Ini noch in dieser Woche gründen wollen, empfinden das Projekt „als für diesen Standort viel zu massiv und aus Sicht des Denkmalschutzes bedenklich.“ Sie befürchten „einen irreparablen Eingriff in die Struktur der Niederburg und die Zerstörung eines der wenigen luftigen Plätze dieses historischen Stadtteils“. Außerdem warnen sie vor einem verstärkten Verkehrsaufkommen. Was das bedeutet, erleben die Niederbürgler gerade in diesen Tagen, wenn sich die wegen jahrelanger Baumaßnahmen vom Rheinsteig abgeleitete Blechlawine durch die engen Gassen wälzt.
hpk
Guten Tag Herr Dirk Kirsten,
„allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann“.
Ich danke seemoz für die Möglichkeit, auf Ihren Kommentar zu antworten und uns Konstanzern und Niederbürglern Argumente gegen den geplanten Betonriegel im heutigen Schulhof Zoffingen zu nennen.
Ich betone an dieser Stelle: wir sind NICHT gegen das geplante Pflegeheim mit Kindergarten. Wir wünschen uns eine andere architektonische Lösung und eine offene Diskussion über die Möglichkeiten. Wir wünschen uns eine andere Zufahrt, nicht über die sensiblen, engen, verkehrsberuhigten Gassen des ältesten historischen Viertels von Konstanz.
1. Städtebaulich darf dieser massive, 4-stöckige Betonriegel nicht zugelassen werden und ich wünsche mir die Einmischung von Historikern und Architekten zum Schutz des Klosterhofes.
2. Ich hoffe auf eine öffentliche Diskussion im Technischen und Umweltausschuss am 21. September, vgl. Dornröschen, und nicht mehr nicht öffentliche Beratungen zum Projekt der Caritas am Rheinsteig/Klostergasse, wie sie im Gestaltungsbeirat der Stadt Konstanz stattgefunden haben. Hier wurde das Projekt nach kontroversen Diskussionen letztendlich leider für gut befunden.
3. Warum findet kein Ideenwettbewerb statt? Es gäbe sicherlich bessere architektonische Lösungen über einen erweiterten Neubau der heutigen Turnhalle als den Betonriegel. Nächste Woche stellt die Verwaltung im Konzil den Gewinner des Ideenwettbewerbes „Weiherhof“ vor. Da geht’s? Und dort sind lediglich 75 Pflegeplätze geplant.
4. Der Rheinsteig wird im Moment neu gestaltet. Wenn die Caritas seit über 2 Jahren mit der Konstanzer Verwaltung über dieses Projekt im Gespräch ist, warum wird nicht vom Rheinsteig aus eine Zufahrt für den Anlieferverkehr ins Pflegeheim in Erwägung gezogen? Bei der Klostergasse handelt es sich um die einzige Nordeinfahrt in das historische Viertel.
5. Der von der Caritas beauftragte Architekt, Herr Prof. Much Untertrifaller ist Honorarprofessor an der HTWG. Seit Freitag, dem 21.07. (noch bis kommenden Dienstag (!)) gibt es dort eine öffentliche Ausstellung: „Temporäres Wohnen im Klosterhof Zoffingen“ mit Abschlussarbeiten der Studierenden des Fachbereichs Architektur. Sehr interessant: HTWG, Werkschau, C 215.
6. Im Zuge des Klimawandels wünsche ich mir von meiner Stadt, dass kein Grün mehr geopfert und kein Baum mehr gefällt wird. Oder wie im Falle des Caritas-Projektes Zoffingen, dass nicht mehr nachverdichtet wird und einer der letzten grünen Plätze in der Niederburg einem Betonklotz zum Opfer fällt.