Zweckentfremdungssatzung muss verlängert werden

In den nächsten Wochen geht ein politischer Kampf in eine weitere Runde, der bereits vor einigen Jahren die Gemüter in Konstanz erregte: Die Zweckentfremdungssatzung. 2015 mit nur einer Stimme Mehrheit und gegen die Stimme von Oberbürgermeister Uli Burchardt angenommen, soll turnusmäßig verlängert werden. Am 14.11. gibt es im Technischen und Umweltausschuss TUA eine Vorberatung, und bereits am 19.11. soll im Gemeinderat die endgültige Entscheidung fallen. Beide Sitzungen sind öffentlich.

Der Konstanzer Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 03.03.2015 auf der Grundlage des Zweckentfremdungsgesetzes Baden-Württemberg ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum beschlossen. Dabei geht es im Kern darum, dass vorhandener Wohnraum nicht ohne ausdrückliche Genehmigung in Ferienwohnungen, Büroraum oder ähnliches umgewandelt werden und nicht beliebig lang leer stehen darf. Die Satzung wurde damals mit 21:20 Stimmen angenommen (41 Stimmen kommen im 40-köpfigen Gemeinderat zustande, weil zusätzlich zu den Gemeinderätinnen und -räten auch der Oberbürgermeister mit abstimmen darf, was er aber nur höchst selten tut).

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Heilix Geld

Man erinnert sich: Das Kampfgeschrei der Vermieter und ihrer Handlanger im Gemeinderat war damals groß. Es wurde eine Prozesswelle gegen die Stadt beschworen, die die öffentliche Verwaltung lahmzulegen drohe, es war von Schnüffelei die Rede und von der Heiligkeit des Privateigentums. Mittlerweile sind die Stimmen leiser geworden, die den Untergang des Abendlandes heraufbeschworen, denn eins ist klar: Das Thema Wohnungsnot hat durchaus das Potenzial, in den nächsten Jahren Wahlen zu entscheiden – und die Mehrheit der Bevölkerung steht nicht auf der Seite von Immobilienspekulanten und sonstigen Raffzähnen.

Die Zweckentfremdungssatzung der Stadt Konstanz wurde damals aus juristischen Gründen auf fünf Jahre nach Inkrafttreten begrenzt und tritt damit am 13.03.2020 außer Kraft, sofern sie bis dahin nicht verlängert wurde. Um just diese Verlängerung geht es jetzt im TUA sowie nächste Woche im Gemeinderat.

Satzung zeitigt Ergebnisse

Da die erste Konstanzer Regelung sich schnell als recht zahnlos erwies, hat der Gemeinderat am 26.10.2017 nachgebessert. In der Vorlage der Verwaltung heißt es: „Wohnraum darf seither nicht länger als insgesamt 6 Wochen je Kalenderjahr ohne entsprechende Genehmigung als Ferienwohnung vermietet werden. Die Zahl der entsprechenden Zweckentfremdungsanträge hat sich seither stark reduziert. Die Zahl der dem Wohnungsmarkt wieder zugeführten, ursprünglich zweckentfremdeten oder leerstehenden Wohnungen erhöhte sich seit Inkrafttreten der Satzung im Jahr 2015 auf inzwischen“ rund 100 Wohneinheiten, und es gab ca. 1300 Anfragen seitens betroffener Eigentümer oder deren Nachbarn.

Das ist natürlich angesichts des angespannten Wohnungsmarktes in Konstanz eher ein Nasenwasser, aber für die MieterInnen dieser Wohnungen zumeist ein Segen. Und wenn man so manchen Leerstand in der Stadt betrachtet wie etwa die Häuser in der Braunegger- oder der Markgrafenstraße, mag sich so manchen Wohnungssuchenden wutentbrannt die Faust in der Tasche ballen.

Daten von Airbnb wären praktisch

Natürlich kann die Zweckentfremdungssatzung nur ein Baustein einer menschenfreundlichen Wohnungspolitik sein. Es müssen bezahlbare Wohnungen gebaut und Mieten begrenzt werden, der soziale Wohnungsbau muss wieder in Schwung gebracht werden und die Zahl jener, die auf Wartelisten stehen, sinkt nicht, so lange städtische Flächen wie das Vincentius-Areal meistbietend an Spekulanten verkloppt werden, die dort vor allem profitable Luxuswohnungen errichten. Außerdem wünscht sich die Verwaltung die Möglichkeit, auf Daten von Internetportalen für Ferienwohnungen zugreifen zu dürfen, um so Sündern auf die Schliche zu kommen, die dort nicht als Ferienwohnungen genehmigten Wohnraum für mehr als die erlaubten sechs Wochen pro Jahr anbieten. Airbnb, booking.com oder fewo-direkt dürften da noch ungehobene Datenschätze verwalten, in die die Verwaltung gern mal einen Blick täte. „Eine solche Gesetzesänderung würde zu einer erheblichen Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung bei der Aufarbeitung unzulässiger Zweckentfremdungsfälle führen“, konstatiert die Verwaltung sachlich.

Angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat nach der Kommunalwahl vor einigen Monaten dürfen die KonstanzerInnen bei dieser Richtungsentscheidung durchaus gespannt sein, wer sich wie positioniert. Es wird höchst lehrreich sein, wie geschlossen vor allem in den Reihen links vom OB aus gesehen abgestimmt wird.

Text: Luciana Samos (Fotos: H. Reile, O. Pugliese)


Technischer und Umweltausschuss am 14.11. ab 16:00 Uhr im Sitzungssaal des Verwaltungsgebäudes Laube, Untere Laube 24, 78462 Konstanz.

Gemeinderat am 19.11. ab 16:00 Uhr im Ratssaal, Kanzleistraße 15, 78462 Konstanz.


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