Zwischen „Auslöschung“ und „Versöhnung“?

Sistanaglia (c) Nikolaj Lund

Sie sind Erzfeinde, obwohl sie geografisch in unmittelbarer Entfernung zueinander platziert sind: Zwischen dem Iran und Israel werden nicht nur politische Kraftausdrücke ausgetauscht. Beide Staaten drohen einander auch mit kriegerischen Mitteln. Kann es trotz einer solchen Stimmungslage dennoch gelingen, Verständigung zu erwirken? Der Volkshochschulverband Baden-Württemberg fragt dies bei Veranstaltungen, unter anderem in Konstanz.

Ein Staat ist mehr als seine politische Führung …

Teheran erkennt Israels Existenzrecht nicht an – und Jerusalem will den Iran bei einem Angriff mit Atomwaffen vernichten. Die Vorzeichen stehen nicht gut, dass es bei derart eklatanten Widersprüchen jemals zu einer Annäherung der beiden Staaten im Nahen Osten kommen wird. Die westliche Welt will dennoch nicht aufgeben, nicht nur die Rhetorik zwischen beiden Ländern abzukühlen. Die Bemühungen von EU, Russland, China oder den USA – die aus unterschiedlichen Interessen handeln und sich bei aller Diplomatie mit jeweils einem der beiden Konfliktpartner verbündet fühlen – gehen darüber hinaus vor allem insoweit konform, die Gefahr einer nuklearen Konfrontation zu verringern und beide Seiten abzurüsten.

Doch diese Mission ist nicht einfach, aber scheint sie wirklich aussichtslos? Auch wenn es sicher übertrieben wäre, bei der Gemengelage von „Versöhnung“ zu sprechen, möchten die Volkshochschulen (VHS) in Baden-Württemberg in einer Veranstaltungsreihe dennoch herausfinden, welche Kräfte es sind, die wenigstens die Bevölkerungen der beiden Länder verbinden und offenbar verhindern, dass man blindlings aufeinander losgeht. Bei einem Konzert und einem Vortrag in der Konstanzer VHS will man diese Frage im Rahmen des Projekts „Was hält unsere Gesellschaft zusammen?“ näher erörtern und einen Beitrag zum friedlichen Dialog und Austausch leisten. Denn offenbar scheint man sich bei den Organisatoren sicher zu sein, wonach man weder Israel, noch den Iran verlorengeben möchte – im Gegenteil.

Und sie gehen sich trotzdem nicht an die Gurgel

Laut Pressemitteilung der Volkshochschule Landkreis Konstanz e.V. sollen Teilnehmende an den Veranstaltungen „durch miteinander nachdenken, miteinander sprechen und miteinander handeln“ nach entsprechenden Antworten suchen, wie der „soziale Kitt“ in unseren Zivilisationen aussieht. „Die Beschreibungen unserer Gesellschaft als auseinanderdriftend, ja gespalten nehmen zu. Das muss man selbst dann ernst nehmen, wenn es objektiv weniger dramatisch ist. Deshalb wollen wir als Verband der baden-württembergischen Volkshochschulen mit diesem Projekt einen Beitrag zur Stärkung des solidarischen Zusammenhalts in unserer rechtsstaatlichen Demokratie leisten,“ bekräftigt der ehemalige Direktor des Volkshochschulverbandes Hermann Huba, der das Projekt vor zwei Jahren ins Leben gerufen hat.

Einen Schritt zur Verständigung soll demnach auch mit dem „Cross.Over“-Abend in Konstanz gegangen werden, der am 29.10.2021 von 19.00 – 22.00 Uhr im K 9 e.V. (Kommunales Kunst- und Kulturzentrum) in der Hieronymusgasse 3 stattfindet. Gemäß Aussendung vermag „die Kombination aus einem Vortrag über den unbekannten, aber faszinierenden Osten Irans und die beeindruckenden Zeugnisse jahrtausendealter Kulturen und dem Konzert der Berliner Band SISTANAGILA mit iranischen und israelischen Musikern“ ganz besondere Eindrücke zu vermitteln.

Beispiel für eine funktionierende Friedensarbeit

Um 19 Uhr beginnt Bernd G. Schmitz mit seinen Ausführungen „Sistan va Baluchestan“. Laut Veranstaltern nimmt er dabei die Gäste „mit auf eine Reise in den unbekannten Osten Irans, zu beeindruckenden Zeugnissen jahrtausendealter Kulturen und zu Begegnungen mit offenen und gastfreundlichen Menschen. Die Teilprovinz Sistan grenzt an Afghanistan und die Belutschen (das ist die deutsche Schreibweise) siedeln dies- und jenseits der iranisch-pakistanischen Grenze. Im Süden zieht sich die Makran-Küste über 1000 Kilometer entlang des Persischen Golfs von Iran bis nach Pakistan“.

Gegen 20.30 Uhr schließt sich dann der musikalische Teil an. „In ihrem mitreißenden Konzert präsentiert SISTANAGILA iranische klassische Musik, jüdische Melodien und eigens für dieses Programm komponierte Lieder. Gespielt wird mit iranischen und klassischen Instrumenten. Es geht um ein gemeinsames Musikprojekt, bei dem sich iranische und israelische Musiker zusammengetan haben, um aus aktuellem Anlass ein künstlerisches Zeichen zu setzen. Diese Gruppe zeigt wie es gelingen kann, über kulturelle Grenzen hinweg Brücken zu bauen. In Zeiten wie diesen wichtiger denn je“, so die Volkshochschule.

Der Abend steht unter der Überschrift: „Iran und Israel. So nah und doch so fern“. Und tatsächlich könnte das Spannungsverhältnis nicht größer sein. Immerhin bleiben die politischen Verhältnisse prekär, lediglich die Besonnenheit der einfachen BürgerInnen trägt dazu bei, dass die Lage nicht eskaliert. Mit dem Auftritt der Band und den Impressionen aus einer fernen Region im vorderen Orient wird exemplarisch gezeigt, dass vor allem der kulturelle Beitrag für die derzeitige Stabilität zwischen beiden Staaten verantwortlich ist. Immerhin sind es universelle Werte wie die Humanität, die Brücken bauen können. Der vielversprechende Abend in Konstanz kann die Geschichte der Krise nicht verändern, aber einen winzigen Anreiz dafür schaffen, dass die Zukunft von der Vernunft der Menschen geprägt wird.

VHS-Veranstaltung „Iran und Israel. So nah und doch so fern“
Vortrag und Konzert – 29.10.2021 von 19.00 – 22.00 Uhr im K 9 e.V., Hieronymusgasse 3, Konstanz

Der Eintritt für Vortrag und Konzert beträgt 20,- € (ermäßigt 10,- €).
Nur Vortrag: 7,- €, mit Vortragskarte Eintritt zum Vortrag frei, nur Konzert: 18,- €.
Reservierung: per Mail an info@k9-kulturzentrum.de oder konstanz@vhs-landkreis-konstanz.de, Telefon: 07531 5981-13 sowie über www.vhs-landkreis-konstanz.de

Text: Dennis Riehle; Quelle: Pressemitteilung der VHS
Bild: Nicolay Lund