Die Kulturlosigkeit des Seins

In diesen Tagen der völligen Scheißigkeit allen Daseins – jedenfalls, wenn man Zeitung liest – sind so Dinge wie Suizid oder wenigstens Komasaufen für mich zu seriösen Themen geworden. Bevor ich elendig an den antiintellektuellen Inhalten der gerade so vieldiskutierten Elaborate ehemals ernst genommener Personen oder Medien krepiere. Solange das Tagesgeschehen von Profi-Arschgeigen und Laienpredigern bestimmt wird, solange habe ich wohl noch eher Spaß an Psychopharmaka als an der Realität.

Ist ja irre – medialer Selbstmord…

Erst die ehemals intellektuelle „Zeit“ mit dem unsäglichen Theo-Täuscher-Interview, dann das Boulevardblatt für Besserverdiener „Spiegel“ als willfähriger Refrainchor der „Bild“ nicht nur zur öffentlich-bizarren Ein-Euro-Wulff-Entmannung und jetzt das blassrote Sozen-Feigenblatt „Sueddeutsche“ mit dem, vornehm als alterssenil, nüchtern jedoch als Ejakulat des Grauens zu bezeichnenden Pamphlet des undichten Dichters. Sämtliche Ekelgrenzen sind überschritten. Unbewusster Todeswunsch? Aber nein, eiskalte Kosten-Nutzen-Rechnung dank der traurigen Erkenntnis, dass die verbliebene Leserschaft leider schon lange komplett verblödet ist. Willkommen in der Bedeutungslosigkeit. Aber tröstet euch: Bei diesem Kulturinfarkt kommt selbst meine Sterbehilfe zu spät.

Kulturinfarkt? Ich sch… drauf…

Ginge es nach dem Buch „Der Kulkturinfarkt – Deutschland schafft sich ab“ (oder so ähnlich), sollte in Deutschland jeder zweite Kulturbetrieb, also Theater, Museen, Bibliotheken etc. geschlossen werden, da sich diese zumeist vorrangig der Verwaltung ihrer fetten Fördergelder widmeten. Stattdessen sollten Künstler und Kulturschaffende lernen, unternehmerisch zu denken und ihre Produkte marktgerecht herzustellen. Aha, liebe Autoren aus dem kreativen Nichtschwimmerbecken: ein Buch für FDP-Wähler. Oder sind die vier Autoren, alle selbst ausgewiesene Kulturmanager, spätestens nach diesem Buch jedoch arbeitslos, neuerdings auf Brautschau bei den Piraten? Wenn es nach denen geht, hat Kultur im klassischen Sinne ja eh ausgedient. Die viel gepriesene Kostenloskultur kann nur das Ende allen kreativen Schaffens bedeuten. Es sei denn, die Seeräuber haben noch ein As im Ärmel und wollen ganz bestimmte, ihnen besonders zugetane Künste, weiterhin mit Fördergeldern den Tag versüßen: dieser ganzen Horde von „Webdesignern“ und anderen „IT-Architekten“, die zumeist nicht mal etwas von Esskultur verstehen.

Auch auf Konstanz hat dieses weltbewegend wegweisende Werk bereits abgefärbt:

– Ist Christof Nix nicht umsonst Jurist, um demnächst die Hälfte seiner Schauspieler wegen Eigenbedarfs zu entlassen? Und nach dem Vorbild Felix Magaths neben der Intendanz auch die Verantwortung für Management, Bühnenbild, Einlasskontrolle und Platzanweisung zu übernehmen?

– Hat Tobias Engelsing vielleicht im Wissen der Sinnlosigkeit seines hauptberuflichen Tuns vorgesorgt und sich deswegen ein fettes Hartz IV-Jahresgehalt als Gage für die Luxus-Fasnachtsause auszahlen lassen? Um sich hernach als musealer Tausendsassa und, um wiederum Minimum 50% aller Kosten einzusparen, selbst als Ausstellungsobjekt des ausgehenden Kulturzeitalters zur Verfügung zu stellen und damit all seine Widersacher Lügen zu strafen ?

– Wusste Florian Riem mehr, als er die Professur in Griechenland annahm und nebenbei seinem Duzfreund (!) Engelsing mit Millionengagen das Leben versüßte? Ist die Investition der Unsumme von 5.000 Euro für die Anschaffung seiner Pauken-Mundharmonika-Banjo-Ausrüstung in Verbindung mit dem Goldenen Zwicker-Anzug für seinen all-sonntäglichen Marktstättenauftritt eventuell doch gut angelegt?

Wir wissen nicht, was diese liberale Turbo-Kulturförderung noch für Stilblüten hervorbringen wird. Sicher ist, was das „Buch“ betrifft: Marktgerecht ist an dessen Seiten dann wohl höchstens die Anschlussverwendung als Klopapier.

Warum ich heute nur die halbe Wahrheit schreibe…

Kurzarbeit, ist doch klar. Um dem Kulturinfarkt zuvor zu kommen, bleibe ich mal kurzatmig und belästige Euch nur mit 50% der üblichen Litanei. Fürs gleiche Geld. Das ist nämlich Marktwirtschaft. Ha, jetzt hab‘ ich’s endlich auch kapiert.

Ende gut, alles gut. Und wenn nicht gut, dann nicht Ende: Euer

Happyendzeitphilosoph Minotti